Deutsche und ihre Selbstreflektion, das kann schon seltsame Früchte tragen. Obwohl Hitler eigentlich regelmäßiger Gast in der nationalen Popkultur ist, kommt die Verfilmung des Bestsellers von Timur Vermes durchaus zu einem guten Zeitpunkt, da sich angesichts jüngster politischer Veränderungen nämlich ohnehin die Frage stellt: Beginnt Deutschland, seine "German Angst" und mit ihr all seine Hemmungen zu überwinden? Hypothetisch gefragt: Wäre es bereit, den größten Fehler seiner Geschichte zu wiederholen?
Denkbar, dass Vermes solche Fragestellungen im Buch auf interessante Weise erörtert. In Unkenntnis der Vorlage deutet der Film zumindest dies an, wenn ihm auch sonst nichts gelingt. Denn David Wnendts krude Verfilmung ist weder Satire noch Komödie; weder Drama noch historische Aufarbeitung; weder Spielfilm noch Dokumentation.
So wie man Adolf Hitler seit seiner Wiederauferstehung in einem Berliner Stadtpark auf dem Weg zur medialen Machteroberung begleitet, wird man von der Regie alle paar Meter Zelluloid mit der Nase auf das Pädagogisch-wertvoll-Prädikat gestoßen, und dennoch ist die geführte Linie dermaßen schwach, dass Gruppierungen jeder Gesinnung die Filmaussage nach eigenem Gutdünken umdeuten können. Die deutsche Medienkultur wird einerseits scharf kritisiert, als der Flachbildschirm, nach Hitlers Meinung eine brillante Erfindung für mediale Propaganda, auf dem Hotelzimmer die schlimmsten Beispiele deutschen Müllfernsehens ausstrahlt; andererseits wird einer ganzen Kette an nicht minder fragwürdigen TV- und Internetformaten kulturbedeutsame Relevanz zugesprochen, bis hin zu einer Reihe von Youtube-Stars.
Diese Art von Inkonsequenz zieht sich durch den ganzen Film, der auch gerade inszenatorisch scheinbar willkürlich wechselt zwischen einem cineastischen Rahmen (die Rückkehr Hitlers), Mockumentary-Elementen und Film-im-Film-Experimentalismus – eine Mischung, die nie harmonisch wirkt und sich immer so anfühlt, als könnte man problemlos Bausteine entfernen oder hinzufügen; theoretisch wäre eine ganze TV-Serie denkbar (Gott bewahre). Dass hin und wieder mal ein Gag oder eine Pointe funktioniert, kann man wohl eher dem Glück als dem Können zuschreiben; insgesamt tendiert die Stimmung ohnehin eher Richtung Drama, was ja nicht schlimm wäre, würde denn wenigstens dieses Durchschlagskraft entwickeln.
Oliver Masucci macht seine Sache als Führer ordentlich (für die nicht wirklich passende Physiognomie kann er ja nichts, sondern wenn überhaupt das Casting), dennoch wirkt die ganze Figur bereits von ihrer Anlage her wie eine Fehlkonstruktion. Zumindest lassen sich aus ihrer (oft ohnehin gestellten) Konfrontation mit Menschen "von der Straße" (sprich: meistens irgendwelche verwirrten IQ60-Bürger, die in einer Kneipe aufgegabelt wurden) keinerlei Deutungen ableiten, die der Hauptthese des Films Nährboden schafften oder sie abschwächen würden.
Eine durch und durch gescheiterte Verfilmung also, die alleine formell so defizitär ausfällt, dass sich nur wenig Gehaltvolles daraus entwickeln kann. Auch wenn man den Umgang der Deutschen mit ihrer Geschichte wohl als einzigartig bezeichnen kann.