Review

Die Bond-Reihe hatte [Achtung: Spoiler!] schon früh mit dem Problem zu kämpfen, ein gewisses Maß an innerer Kohärenz zu wahren... Als mit George Lazenby 1969 erstmals ein neuer Bond-Darsteller auftauchte, verglich sich sein Bond kurz vor der obligatorischen Bond-Titelsequenz mit dem direkten Vorgänger Connery. Doch während der Film auf dieser Meta-Ebene explizit Bezug auf die vorherigen Bond-Filme nahm, ließ er solch einen Bezug handlungslogisch vermissen: In "On Her Majesty's Secret Service" trifft Bond erneut auf Blofeld, welcher Bond jedoch nicht erkennt, obwohl sich beide im Finale des Vorgängers "You Only Live Twice" (1967) noch von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden hatten... Auch der Drahtseilakt des Bewahrens schnell etablierter Bond-Schablonen einerseits und und des Bemühens um Originalität andererseits gehörte spätestens nach "Thunderball" (1965) zu den Merkmalen der Bond-Reihe, die ihre 1953 erfundene, 1954 ins Fernsehen und 1962 auf die Kinoleinwand gelangte Figur über mehrere Dekaden hinweg von 30jährigen bis 58jährigen Darstellern spielen lässt und stets der jeweils gegenwärtigen, weltpolitischen Lage angleicht, um dennoch mit Musikzitaten, Autos und Gadgets an die Anfänge der Kinoreihe zu erinnern.[1] Die Bond-Reihe wurde gewissermaßen alle paar Jahre rebootet - lange bevor es den Terminus des Reboots überhaupt gab! - und lässt sich am genussvollsten konsumieren, wenn man sich keinerlei Gedanken darüber macht, ob der Brosnan-Bond der Jahrtausendwende, dem plötzlich ein 60er Jahre Technik-Schnick-Schnack-Gimmick in die Hände fällt, mit dem Connery-Bond identisch ist (und weshalb er dann noch so jung wäre) oder weshalb Judi Dench nach der Brosnan-Ära in den ersten Craigs, die mit dem Beginn der Karriere Bonds starten, erneut als M auftaucht, um gerade in diesem Film zu sterben, in dem auch Q wieder die Bildfläche betritt: Wie lassen sich die Brosnans mit ihrer stets anwesenden Judi Dench-M und ihrem stets anwesenden Q da überhaupt noch chronologisch einordnen? Gar nicht, natürlich... Die Bond-Reihe bewahrt sich bisweilen manche Gesichter in ihren Stammrollen über lange Zeiträume hinweg, während der Protagonist immer wieder durch neue Darsteller ersetzt wird... oder aber sie macht den Darsteller eines Bond-Kontaktmanns (Charles Gray in "You Only Live Twice") zwei Filme später zum Darsteller des Erz-Schurken Blofeld (Charley Gray in "Diamonds are Forever" (1971)), wobei dieser schon einmal von Telly Savalas und einmal von Donald Pleasence gegeben worden ist: drei völlig unterschiedliche, außergewöhnlich einprägsame Gesichter, wobei nur einmal die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes kommentiert wird. (In zwei weiteren Filmen wurde Blofeld hingegen jeweils von einem einzigen Darsteller gegeben, was in diesem Fall relativ unnötig war, sah man sein Gesicht in diesen Filmen doch ohnehin nie...) Wen wundert es da, dass hin und wieder Gerüchte über farbige oder weibliche Bonds auftauchen... oder dass die These umgeht, James Bond sei ohnehin bloß ein Pseudonym unterschiedlicher Figuren gewesen...

Als man 2006 mit "Casino Royal" einen Neuanfang wagte - nach einem Drehbuch vom beachtlichen Paul Haggis (und den Bond-Fachmännern Neal Purvis & Robert Wade) und unter der erstaunlich eleganten Regie des "GoldenEye"-Regisseurs Martin Campbell! -, da brach man wohl am deutlichsten mit der Tradition: Ohne Q, ohne Miss Moneypenny, ohne Schuss-in-die-Kamera-Intro, mit einem neuen Darsteller und einer zu Beginn der bondschen Agentenkarriere ansetzenden Handlung entwickelte man auch gleich eine neue Ausrichtung, die mit Gadgets & Gimmicks so gar nichts zu tun hatte und nicht bloß im Vergleich mit dem direkten Vorgänger "Die Another Day" (2002) - mit all seinen irrwitzigen, größenwahnsinnigen Sci-Fi-Elementen! - recht bodenständig wirkte, die den humoristischen Tonfall stark reduzierte und die Brutalität & Härte deutlicher hervorkehrte: Craig gab seinen Bond als verbissenen, unnahbaren Typ, der seine erahnbaren (und vereinzelt sichtbaren) Gefühle unter einer zynischen Maskerade versteckte. Gleich die erste Tötung zu Beginn dieses neuen Bond-Films dauert eine gefühlte Ewigkeit, ist dreckig und wirkt unangenehm schmerzhaft; Bond lässt nichts davon an sich heran, überspielt die extremen - und vor allem: ungeschönt dargebotenen - physischen & psychischen Anforderungen mit einem zynischen Humor (der in der Reihe keinesfalls neu war, hier aber angesichts der realistischen Härte als eine recht ungesunde Form der Verarbeitung erscheint).
Die direkte Fortsetzung "Quantum of Solace" (2008) setzte - erneut nach Haggis, Purvis und Wade - diese Richtung nicht minder radikal um: Der Verlust der großen Liebe am Ende des Vorgängers lässt die harte Schale Bonds, der professionell wie eine Maschine einen unschädlich gemachten Angreifer auf dem Balkon ausbluten lässt, noch krasser ausfallen und den Agenten zudem auch aus persönlichen Gründen heraus auf einen eigenen Feldzug gehen, den er entschlossen kompromisslos und gegen die Befehle von oben führt - zum Leidwesen einer Konsulatsbeamten, die das mit ihrem Leben büßt, aber letztlich durchaus mit einem bedeutenden Erfolg.
Während diese Craig-Bonds das durchaus verwundbare Innenleben des Helden zur Geltung kommen ließen, ohne sich übermäßig auf dieses zu stürzen - indem sie nämlich Verschlossenheit, Maskerade und Zerrissenheit zur Geltung kommen ließen -, beginnt mit "Skyfall" ein erneuter Richtungswechsel, der sich teilweise wohl auch aus der leichten Ablehnung des (kommerziell durchaus erfolgreichen) zweiten Craig-Bonds ergab.[2]

"Skyfall" (2012) - von Mendes nach einem übel zusammengestümperten Drehbuch von Wade & Purvis und John Logan in Szene gesetzt - konzentrierte sich nun noch stärker auf das schwierige Innenleben des Helden, das - wie schon in "Casino Royale" angedeutet - auf seine Kindheit zurückgeht und ihn nun noch stärker als im Vorgänger in einen Konflikt mit seinen Vorgesetzten treibt: Kaum hat Bond auf Ms Geheiß einen Kollegen verbluten lassen, anstatt Erste Hilfe zu leisten, um einer gestohlenen Festplatte des MI6 nachzujagen, da wird er auch schon von den eigenen Leuten versehentlich angeschossen - erneut aufgrund einer Entscheidung Ms... Bond überlebt, wendet sich aber zunächst von M und dem MI6 ab und vergnügt sich als Totgeglaubter, bis er es sich nach einem Bombenanschlag auf das MI6-Gebäude anders überlegt. Drahtzieher des Anschlags und des Festplattenraubs ist der einstige MI6-Agent Raoul Silva - Javier Bardem, der neben Adeles Titelsong zu den Vorzügen dieses Bonds zählt! -, der sich von M verraten wähnt und auf Rache sinnt: Der ohnehin von M enttäuschte Bond, der seit seiner Auszeit zudem körperlich und psychisch angeschlagen ist, gerät dann aber doch nicht ins Grübeln über die ethischen Fragen bezüglich seines Berufes und über Ms Entscheidungshoheit & ihre Fehlentscheidungen, sondern steht ihr und dem MI6 gegen Silva bei, um nach dessen Ermordung des obligatorischen Bondgirls körperlich & seelisch wieder voll auf der Höhe zu sein. (In "Spectre" ist er dann hingegen ebenso schlagartig völlig unfähig, wenn Blofeld seiner Madeleine die Wahrheit über das Treffen mit ihrem Vater zeigt - um wieder topfit aus der angeblich folgenschweren Folter seines Widersachers hervorzugehen...) Im Kindheitsanwesen, dem titelgebenden Herrenhaus Skyfall, in welchem Bond nach dem Tod der Eltern von einem Wildhüter großgezogen wurde, beschützt Bond schließlich M - die nun doch eher als Ersatzmutter erscheint und nicht als bitch, wie Bond sie im psychologischen Test betitelte! - gegen die Rachegelüste Silvas, mit welchem er doch ein ähnliches Schicksal teilt (und der M letztlich doch noch tödlich verwunden kann).
Ganz nebenbei holt "Skyfall" wieder eine Miss Moneypenny an Bord - die anfangs als tatkräftige, toughe Frau präsentiert wird, die nach dem fehlgeschlagenen Schuss auf Bond dann aber doch zur einfachen Sekretärin mutiert -, ebenso einen neuen Q - Ben Whishaw als nerdiger, humorvoller, junger Computerspezialist! -, um M letztlich wieder durch einen souveränen Herren zu ersetzen; zudem werden auch wieder viele ironische Verweise auf die klassischen Bond-Filme eingestreut - gerade auch im Soundtrack, der sich wieder stärker an einstigen Bond-Klängen orientiert! - und Bond darf wieder einen 1963er Aston Martin samt Schleudersitz fahren...
Dieser mit 143 Minuten Laufzeit bis dahin längste - und von "Spectre" nochmals um fünf Minuten überbotene - Bond-Film bietet freilich viele, zum Teil bestens aufgelegte Stars, exotische Schauplätze, spektakuläre, originelle Stunts & Actionsequenzen und stellt ein oberflächliches Vergnügen daher mit Leichtigkeit sicher - besitzt aber auch eklatante Mängel: Abgesehen davon, dass sich die neue, grimmige Ernsthaftigkeit der Craig-Bonds mit den vervielfachten humoristischen Auflockerungen nicht so recht verträgt (und dann auch insgesamt ein wenig weichgespült daherkommt), werden die ambitionierten Ansätze des Drehbuchs, die sich dieser Ernsthaftigkeit widmen, allesamt ungenutzt fallengelassen, derweil das psychologische Porträt des Helden unausgereift bleibt; die Diskrepanz zwischen Bonds unterdrückten emotionalen Affekten und seiner unnahbaren, unberührten Art wird hier noch mit Küchenpsychologie-Klischees gestreckt und mit vielen, bedeutungsschwangeren Erfahrungen angereichert, die dann letztlich doch nichts erklären...

"Spectre" treibt - diesmal nach einem Drehbuch von Wade, Purvis, Logan und Jez Butterworth - die Annäherung an klassische Bond-Filme noch stärker voran: Hatte Bond im Vorgänger von Q keinerlei Gadgets erhalten, da man sich laut Q mit solch überholtem Krams nicht mehr beschäftige, so klaut er hier dessen für 009 bestimmtes Gefährt, das über eingebaute Flammenwerfer, Feuerwaffen und Schleudersitze verfügt, und befreit sich später aus Blofelds perfider Bohrer-Folter mittels einer explosiven Armbanduhr - nicht einmal der vorangegangene Mendes-Bond wird stimmig fortgeführt. Entsprechend anachronistisch wirkt der Film an vielen Stellen, was sich auch in der inneren Logik niederschlägt: da versammeln sich die S.P.E.C.T.R.E.-Mitglieder unter Blofelds Leitung an einem riesigen Konferenz-Tisch, während man sich außerhalb dieser klassischen Bond-Klischee-Sequenz ganz einfach auf die modernsten Kommunikationstechnologien verlässt...
Diese Kluft zwischen dem Klassischen und dem Gegenwärtigen wird dann auch zum Leitmotiv des Films erhoben: klassische Bond-Momente wechseln sich mit modernen Bond-Momenten ab, klassische Handarbeit trifft auf hochmoderne Technologie, das Doppel-Null-Programm soll dem neuen Nine-Eye-System weichen, das auf Datensammlungen & Datenaustausch setzt (und freilich vom Bondschurken initiiert worden ist), die Vergangenheit Bonds und die Vergangenheit des Bondgirls kehren gewissermaßen in die Gegenwart beider Figuren zurück, vermeintlich Tote sind höchst lebendig - was auch eine Texttafel zum Día de Muertos verkündet - und der Bondgirl-Name Madeleine Swann verweist ausdrücklich auf Marcel Prousts großen Klassiker, der vor allem für seine mémoire volontaire- & mémoire involontaire-Aspekte berüchtigt ist. (Dabei spielt die mémoire involontaire-Thematik, auf welche der Vorname Madeleine verweist, in "Spectre" keine oder allenfalls eine untergeordnete Rolle - wenn man denn das unwillkürliche Aufleben des Gefühls wahrer, tiefer Liebe in Bond derartig auslegen mag! -, derweil das Bondgirl Madeleine Swann mit keinem der proustschen Swanns etwas gemeinsam hat... es bleibt der bloße, gebildet & bedeutungsschwer wirkende Hinweis, dass es in "Spectre" irgendwie um die Vergangenheit und das Erinnern geht.[3] So ist es dann auch Bonds Hirn, das von Blofeld mit kleinen Bohrern malträtiert wird, und nicht mehr sein Gemächt, das in der vorbildhaften Laser-Folter aus "Goldfinger" (1964) als erstes Körperteil bedroht wurde - war doch Connerys Bond seinerzeit noch der latent sadistische, chauvinistische und ideal männliche Genussmensch...)
Und so ist es dann Bonds böser Stiefbruder Franz Oberhauser, der einst seinen Vater (und Bonds Ziehvater) ermordet hatte, um nun unter dem Namen Ernst Stavro Blofeld als alles im Hintergrund kontrollierendes S.P.E.C.T.R.E.-Oberhaupt zu wüten, welches bereits die Bond-Schurken der vorangegangenen Bonds befehligt haben will. (Eine eher unfreiwillig komische und letztlich auch nicht sonderlich sinnige Prämisse, die allerdings die Craig-Bonds nochmals stärker zusammenschweißt, um aus ihnen eine echte Pentalogie - oder zumindest eine Tentralogie! - zu machen, die es so bisher nicht in der Bond-Franchise gab.) Spätestens das - wie die Episode in Tanger dramaturgisch schwach eingebundene - Finale in London, in welchem Blofeld beinahe "Saw"- & Jigsaw-Killer-mäßig ein tödliches und aufwendig vorbereitetes Spiel mit Bond treibt, wirft jeden Anspruch auf eine ernsthafte Durchleuchtung der bondschen Psyche oder der Bond-Reihe selbst endgültig über Bord.

Gewissermaßen dient Bonds & Blofelds gewöhnungsbedürftige (Stief-)Bruderschaft als erläuternder Kommentar zu "Skyfall": Dass dort der MI6-Agent den Leidensgenossen attackiert und die gemeinsame Ersatzmutter verteidigt, resultiert - nicht psychologisch, da Bond nichts vom Verbrechen des totgeglaubten Ziehbruders Oberhauser wissen konnte, aber strukturell - daraus, dass er bereits den Ersatzvater durch einen brüderlichen Kumpan verloren hatte.
Überhaupt wird Bonds eingeschworene MI6-Gemeinschaft nun endgültig als kleine, wenn auch nicht immer vollkommen harmonische Familie präsentiert, in der sich M, Q und Miss Moneypenny ganz tatkräftig an Bonds Arbeit beteiligen, um das gemeinsame Zusammenleben gegen den Datenkraken Nine-Eye-System bzw. S.P.E.C.T.R.E. zu verteidigen. Es ist eine familiäre Gemeinschaft, die vor allem vom gegenseitigen Vertrauen lebt, gleichwohl immer wieder auch mal Befehle und Anordnungen ignoriert werden bzw. weil immer wieder auch mal Befehle und Anordnungen ignoriert werden dürfen (was sich letztlich als hilfreich erweist): Bond vertraut Moneypenny, Q vertraut Bond, der neu hinzugestoßene M vertraut Bond (unter anfänglichem Druck nicht so ganz, schließlich aber doch)... und vor allem vertraut man dem vermeintlich altmodischen Doppel-Null-Programm und ist am bevorstehenden Überwachungs- & Transparenz-Programm wenig interessiert (gleichwohl man selbst ausgesprochen gerne überwacht: Überwachen ist in Ordnung, Überwachtwerden hingegen weniger). Dessen Initiator, der bruderhassende Vatermörder Blofeld, hat es dagegen nicht so mit familiären Werten und auch nicht mit dem Vertrauen: Seine schwarz gekleideten Computer-Spezialisten agieren auf kleine Zeichen geradezu als gesichtslose Armee und seine Handlanger müssen sich zunächst in blutigen Zweikämpfen beweisen, ehe sie gewichtige Aufträge übernehmen.
Diese etwas heuchlerische Haltung zur Überwachung, diese hochgehaltenen, familiären Strukturen erinnern stark an Christopher Nolan, insbesondere an dessen Batman-Streifen, mit denen Mendes' Bond-Filme so mancherlei gemeinsam haben: im Hinblick auf manche Schurken, auf schwerwiegende Kindheitserlebnisse, auf den Look... vor allem aber eine dramaturgisch nicht ganz geschickte, aufgebauschte Überlänge, in der bedeutungsschwangere, schwere Oberflächlichkeiten vorherrschen... (Kein Wunder also, dass Nolan kurz nach dem "Skyfall"-Erfolg als heißer Anwärter für einen der nächsten Bond-Filme gehandelt worden ist.)

Es ist wieder das meiste beim Alten: es gibt einen perserkatzestreichelnden Blofeld (der wieder einmal überlebt, gleichwohl er verhaftet werden kann), einen männlichen M, eine geheime Meteoritenkrater-Station, diverse Gadgets, ironische Anspielungen zuhauf auf die gesamte Reihe und einen einprägsamen Handlanger mit auffälligen Attributen: Mr. Hinx blendet seine Opfer mit metallverstärkten Daumennägeln, wenn auch bloß bei seiner ersten Show vor S.P.E.C.T.R.E.-Publikum - anschließend benutzt er seine Daumen nicht mehr... Am Ende fährt Bond auch wieder seinen in "Skyfall" geschrotteten 1963er Aston Martin, um mit Madeleine Swann in die Flitterwochen zu düsen... jede Menge camp also, die sich nur leider nicht so recht verträgt mit dem ernsthaften und stolz emporgehaltenen Anstrich dieses neuen Bond-Films, der seine Ambitionen jedoch sowenig wie "Skyfall" zu einem ergiebigen Ziel führen kann: Die bedeutungsschwanger & gehaltarm zugleich zelebrierte Erinnerungs-Thematik darf jedenfalls schleunigst vom Publikum vergessen werden...
"Spectre" ist bislang leider der schwächste aller Craig-Bonds, die mit jedem neuen Beitrag ein wenig nachgelassen haben - was für einen fünften Film, für den sich Craig einst verpflichtet hatte, um dann wieder durchscheinen zu lassen, dass er ihn doch nicht drehen wolle, wenig hoffen lässt... (ganz besonders, wenn dann ein Christopher Nolan die obligatorische Ermordung von Bonds großer Liebe durch Blofelds Handlanger - wie in "On Her Majesty's Secret Service" - in Szene setzen sollte - die Weichen dafür hat "Spectre" ja im Grunde schon gestellt! -, um sich dann Bonds anschließendem Rachezug zu widmen.)
7,5/10 für "Spectre". (Und 7,5/10 für "Skyfall", 8/10 für "Quantum of Solace" und 8,5/10 für "Casino Royal"...)


1.) In der nicht zur offiziellen Bond-Reihe zählenden "Thunderball"-Neuverfilmung "Never Say Never Again" tauchte dann wieder der 53jährige Connery als Ur-Bond auf, dessen Alter explizit & ironisch thematisiert wurde, derweil sich zeitgleich der 56jährige Roger Moore ganz unbekümmert durch seinen vorletzten Bond-Film bewegte.
2.)
Eine Ablehnung, die der Film - der die Kenntnis des Vorgängers voraussetzt - keinesfalls verdient hat: Nicht nur wird mit den Wasserkämpfen ein recht aktuelles Thema aufgegriffen und in eine schnörkellose, effiziente Dramaturgie gepackt, auch die Inszenierung erweist sich als ausgesprochen formvollendet. In kalten Farben, architektonischen Highlights und eleganten Kamerabewegungen kommt der Film daher, der in seinen Action-Sequenzen ein Schnittgewitter entfacht, das einen tatsächlich überfordern kann, wenn man nicht vollste Konzentration & Aufmerksamkeit aufbringt: Die im Hinblick auf Dynamik & Komposition hervorragende Montage ist also durchaus sperrig - angesichts einer unter Druck stehenden Hauptfigur, die in Sekundenbruchteilen gleichzeitig denken, lenken, schalten, schauen und schießen muss, ist das aber auch völlig angemessen. Formal und vor allem dramaturgisch ist "Quantum of Solace" den späteren Mendes-Bonds jedenfalls eindeutig überlegen. (Von den längeren Kamerafahrten, mit denen Mendes den gerügten Schnittgewittern aus "Quantum of Solace" begegnet, ist zumindest die erste lange, vier- bis fünfminütige Einstellung aus "Spectre" zu erwähnen, auch wenn sie etwas zu uninspiriert an Craig klebt und die beachtliche Kulisse zunächst sträflich vernachlässigt...) Und mit Mathieu Amalric bietet der Film einen herrlich schmierigen, verschlagenen Schurken...
3.) Madeleine Swann-Darstellerin Léa Seydoux legt zwar viel Wert auf diese Proust-Nähe (und deren Wichtigkeit), aber das mag man nicht viel ernster nehmen als die regelmäßigen -
und auch von Seydoux wieder beschworenen - Beteuerungen, dass das aktuelle Bondgirl im Gegensatz zu den Vorgängerinnen gewissermaßen ein 'echter Mensch' sei - während die sentimentale, schablonenartige Bond-Swann-Liebelei so aufgesetzt bleibt, dass es das Publikum eher schüttelt als rührt! -, oder als Christoph Waltz' Beteuerungen, er würde in "Spectre" keinesfalls Blofeld spielen... Es ist das übliche, effekthascherische Pressekonferenz-Geschwafel, das alles zumindest ein wenig verzerrt oder sich bei genauem Hinsehen als astreine Lüge im Dienste des kommerziellen Erfolgs entpuppt.

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