Review

Geschüttelt & gerührt

Den einen war Daniel Craig nie charmant & Gentlemen genug, den anderen gefiel die handfeste Action der neuen Bonds nicht, wieder anderen fehlten Witz & Augenzwinkern. Ich fand Craig von Anfang an richtig gut & passend zu seiner Zeit & Generation. Mit "Skyfall" & vor allem "Casino Royale" enthält seine Ära auch zwei der besten Filme der Serie, mit denen nur noch "Goldfinger" & "Goldeneye" mithalten können. Über "Quantum of Solace" hüllen wir einfach mal den Martini des Schweigens. Nun war es an "Spectre" die Fäden zusammen zu führen, ein großes Finale zu zünden, da Vieles für einen Abschied des kantigen Briten spricht. Das Spectre nun nicht komplett überzeugt & hinter seinen zwei Paradefilmen hängen bleibt - spricht das jetzt für einen weiteren Bond mit ihm oder dagegen? 

Versteht mich nicht falsch: Spectre ist ein guter Bond, für Fans ein Muss & pure, hübsche Unterhaltung. Ein gelungener Split zwischen alter Bond-Schule & Härte des 21. Jahrhunderts. Der Film über die Geheimorganisation Spectre könnte auch als Schlusspunkt für Craig stehen bleiben. Allerdings müsste man dann immer gegen den Gedanken im Hinterkopf kämpfen, dass der Höhepunkt definitiv nicht zum Schluss kam & es noch besser hätte werden können. Meckern auf hohem Niveau - aber seine Schwächen kann der Film einfach kaum verbergen. Für Fans der gesamten Serie gibt es aber vielleicht so viel (wieder) zu entdecken, wie noch nie. Von riesigen Bösewicht-Basen über Faustkämpfe & Flirts im Zug bis hin zu alten Bekannten - selten war ein Bond sich seiner Geschichte so bewusst.

Bevor ich gleich losschieße mit vielleicht etwas zu strenger Kritik, zähle ich einfach mal auf, was mir richtig gut gefiel, damit die Fans mich nicht erwürgen. Sam Mendes macht seinen Job mal wieder klasse, ich glaube seine zwei Bonds sind die schönsten aller Zeiten. Eine atemberaubende Optik - schon allein der Beginn am Tag der Toten in Mexiko ist bockstark, zeigt mal wieder wie "in" Tracking Shots in Hollywood sind seit "Birdman" & "Victoria". Außerdem mag ich, wie extrem sich "Spectre" auf seine drei direkten Vorgänger bezieht & versucht das große Finale zu sein. Craig ist hier nun endgültig Bond, so charmant & schlagfertig wie nie. An seiner Seite glänzt eine bezaubernde Lea Seydoux, die vielleicht sogar das Zeug zu einer Langzeitfreundin des Agenten hat. Das war überdachend & toll.

Kommen wir nun zu den Ärgernissen oder zumindest Grauzonen, die den Film im diesjährigen Agenten-Battle mit Mission Impossible & Codename U.N.C.L.E. vielleicht sogar den Kürzeren ziehen lassen. Christoph Waltz ist einer der besten Bösewichte die Hollywood momentan zu bieten hat - hier hat er aber viel zu wenig Screentime & wirkt verschenkt. Seine Foltermethoden & böse Art sind sehenswert & oldschool, aber trotzdem kriegen wir von ihm viel zu wenig mit. Er wirkt eher wie ein Schatten aus der Vergangenheit, der seine Munition schon längst verschossen hat. Da ist selbst Batista als Handlanger vielleicht noch einprägsamer & ein weiterer Kniff aus längst vergessenen Bond-Ären. Und das, obwohl man bei Waltz am Ende noch einmal tief in die Kiste der Bond-Überraschungen greift & jeden Fan mit etlichen Easter Eggs beglückt. Außerdem wirkte der Film gerade im Mittelteil eindeutig zu zäh, die Story vorhersehbar & die Action allgemein in Ordnung, aber nie einprägsam. Alle Zutaten für den großen Knall waren da, am Ende wurde die Suppe aber wohl nicht lange genug gekocht. Vor allem das Skript, selbst wenn man manches Logikloch außer Acht lässt, hätte noch Überarbeitung verdient gehabt.

Fazit: der Spagat zwischen klassischen Bonds & craigscher Härte gelingt weitestgehend gut. Leider bietet der Film trotzdem überraschende Schwächen, wo man sie nicht vermutet hätte & ist daher nicht ganz das Finale, welches ich mir für den hervorragenden Daniel Craig gewünscht hätte.

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