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Mit „Bad Boys Never Dies" (1994) gelang Robert Rodriguez endgültig der Sprung nach Hollywood. Mit einem Budget von nur 1,3 Millionen US-Dollar kurbelte er den Streifen im Rahmen der 50er-Hommage-Serie „Rebel Highways" für den amerikanischen Kabelsender Showtime in nur 13 Tagen runter. Herausgekommen ist deutlich mehr als eine Fingerübung für seinen Kinohit „Desperado" (1994), den er im gleichen Jahr realisierte. Trotz der fehlenden Produktionswerte, einiger kleinerer Probleme hinsichtlich einer stimmigen Tonalität und im Dialog sowie diverser inhaltlicher Leerläufe im Verlauf des zweiten Aktes ist „Bad Boys Never Die" ist eine stimmige, äußerst kurzweilige und äußerst musikalische Angelegenheit.
Sex, Drugs & Rock'n Roll. Der rebellische Dude (David Arquette) gerät in seinem kleinen Heimatkaff  in Texas immer wieder in Konflikt mit dem Gesetz und anderen Jugendlichen. Als er seine Freundin Donna (Salma Hayek) vor dem schnöseligen Teddy (Jason Stiles) in Schutz nehmen will, eskaliert der Streit mit handfesten Folgen. Mit Unterstützung des Dorfsheriffs „Sarge" (William Sadler), dem der aufsässige Rock'n Roller ebenfalls ein Dorn im Auge ist, schwört Teddy Vergeltung. Dummerweise fällt die finale Auseinandersetzung zeitlich genau auf einen wichtigen Gig, der Dudes Durchbruch als Musiker bedeuten könnte.
Im Vergleich zu den 7.000 Dollar, die Rodriguez für „El Mariachi" (1992) zur Verfügung hatte, muss ihm das Budget für „Bad Boys Never Die" gigantisch vorgekommen sein. Tatsächlich entstand der Film aber unter ungeheurem Zeitdruck, nach einer kurzfristigen Absage eines abgesprungenen Regisseurs und vor dem Dreh des bevorstehenden Kinoprojektes „Desperado". Das merkt man dem Film glücklicherweise nur bedingt an. Im Prinzip ist „Bad Boys Never Die" zwar nicht viel mehr als eine Ansammlung von 50er-Jahre-Klischees: Aufmüpfige Kids begehen schon ihren Tagesanfang damit, sich vor dem Spiegel kettenrauchend die Haare zurück zu gelen. Anschließend cruisen sie in ihrem aufgemotzten Hot Rods durch die Ortschaft, um wahlweise in Hot-Dog-Dinern, Rollschuhbahnen, Rock'n Roll-Schuppen oder der örtlichen Lovers Lane aneinander zu geraten- selbstverständlich mit Springmessern. Die ältere Generation versucht hingegen permanent, ihre Kinder vor den bösen Einflüssen des allgegenwärtigen Rock'n Roll zu beschützen - natürlich erfolglos. Egal, eine Hommage an das B-Film-Kino der 50er darf das und die Konsequenz, mit der Rodriguez diese Versatzstücke ausspielt, ist bemerkenswert.
Praktisch der ganze Film ist mit 50er-Jahre-Rock unterlegt. Diese musikalische Dominanz geht so weit, dass  man den Eindruck gewinnt, als ginge es Rodriguez in erster Linie darum, einfach ein paar stimmige Bilder zu seinen 50er-Rockabilly Soundtrack zu präsentieren. Inszenatorisch merkt man ihm dabei deutlich die zeitliche Nähe zu „Desperado" an, den Rodriguez noch im gleichen Jahr (ebenfalls mit Salma Hayek) inszenierte. Die Konfrontationen verlaufen in Bezug auf Schnittfolgen, Zeitlupeneinsatz und Kameraeinstellungen nach ganz ähnlichem Muster, wobei man „Bad Boys Never Dies" das deutlich geringere Budget natürlich in jeder Minute ansieht. Das soll aber nicht bedeuten, dass man „Bad Boys Never Dies" nur als eine bloße Fingerübung für weitere Aufgaben des umtriebigen Mexikaners betrachten sollte. Obwohl die Charaktere austauschbare Abziehbilder bleiben, stürzen sich alle Schauspieler mit Gusto in ihre wandelnden Rollenklischees. Dies gilt insbesondere für David Arquette, der gegen den Strich besetzt, einen wunderbaren James-Dean-Verschnitt abgibt, aber auch für William Sadler, der als patriarchalischer Dorfsheriff nach nachhaltigem Eindruck hinterlässt.
So überzeugend die Form, so übersichtlich bleibt „Bad Boys Never Dies" auf der inhaltlichen Ebene. Rodriguez, der das Drehbuch zusammen mit Tommy Nix verfasste, baut im Rahmen seiner klischeehaften Figurenkonstellationen zwar einen glaubhaften Grundkonflikt auf, inhaltlich fällt ihm im Verlauf des zweiten Aktes aber nicht sehr viel mehr ein, als die verfeindeten Parteien immer wieder nach dem gleichen Schema aufeinander prasseln zu lassen. Diese Szenen bleiben zwar stets unterhaltsam, aber in ihrer Redundanz bringen sie den Konflikt zwischen den Halbstarken kaum auf eine neue Ebene. Umso abrupter und im Ton beinahe unpassend vollzieht sich dadurch die dramatische Wendung am Ende des zweiten Aktes. Die Dialoge fallen in die Kategorie „Eher schlecht als recht bei Tarantino geklaut". Es entzieht sich meiner Kenntnis, inwiefern sich Rodriguez in dieser Hinsicht bewusst an dem Stil seines Freundes orientiert hat, aber die Parallelen sind offenkundig. Angefangen mit popkulturellen Anspielungen auf Filme und Musiker, oder wenn der Sarge über die Hot-Dog-Rolls seiner Mutter philosophiert und Dudes Kumpel Nixer (John Hawkes) sein Leben mit einem Pommes vergleicht. Diese Beeinflussung geht übrigens auch in die andere Richtung. Tarantino inspirierte die Musik aus „Bad Boys Never Dies" für seinen legendären Surfrock-Soundtrack aus „Pulp Fiction" (1994).
So bleibt „Bad Boys Never Die" zwar immer auch eine Zwischenstation für höhere Aufgaben, gleichzeitig aber eine sehr spaßige und vor allem unterhaltsame Angelegenheit, die nicht nur eingefleischte Rodriguez-Fans begeistern sollte. Der TV-Backround des Projektes limitiert die Inszenierung den Film nur geringfügig, die inhaltlichen Schwächen werden durch die Spielfreude der Akteure sowie das hohe Tempo größtenteils ausgeglichen. Kann man sich durchaus ansehen.
Daran werde ich mich erinnern: Der Dude lädt zum Mexican Standoff zu Link Wrays „Rumble".

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