Spooks (Kurz und schmerzlos Teil 27)
Fernsehen ist das neue Kino. So, oder ähnlich mussten die Produzenten von „Spooks" gedacht haben, als sie „Game of Thrones"-Star Kit Harrington als Hauptdarsteller für die Spielfilmversion der mehrfach ausgezeichneten englischen Geheimdienst-Serie engagierten. Wie unterschiedlich die Anforderungen zwischen Serienformat und Spielfilm sind einen glaubwürdigen Charakter zu erschaffen, hat Harrington schon eindrucksvoll im Historienflop „Pompeii" bewiesen. Dass seine hölzerne Darbietung kein einmaliger Ausrutscher war, kann nun auch in „Spooks" ausgiebig begutachtet werden. Was schade ist, da es sich um einen clever konstruierten, spannenden Spionagethriller am Puls der „Angst vor dem Terror"-Zeit handelt.
„Spooks" spinnt die Fäden der Serie weiter und lässt MI5-Anti-Terror-Chef Harry Pearce (Peter Firth) in eine persönliche Krise schlittern, die für das ganze Land zur unmittelbaren Bedrohung wird. So gelingt dem Top-Terrorist Adam Quasim auf spektakuläre Weise die Flucht während einer von Pearce geleiteten Überführungsaktion. Der Verantwortliche ist schnell gefunden, wird zum Rücktritt gezwungen und verschwindet kurz darauf spurlos. Als der MI5 den Verdacht hegt, Pearce könnte die Seiten gewechselt haben, soll dessen ehemaliger Schützling Will Holloway (Kit Harrington) Licht ins konspirative Dunkel bringen, zumal Quasim offenbar einen großen Anschlag in der Londoner City plant ...
Ist dieses Dickicht aus Verdächtigungen, Halbwahrheiten, Vermutungen und falschen Fährten erst einmal angelegt, startet „Spooks" so richtig durch und schlägt einen Twist-Haken nach dem anderen. Dass dies trotz der ein oder anderen Unglaubwürdigkeit zu fesseln vermag, liegt an fein ausgearbeiteten Figuren, die allesamt mit Grauzonen behaftet sind. Die beste Leistung liefert dabei fraglos Peter Firth, der seine Rolle aus der TV-Serie wieder aufnimmt und als undurchsichtiger Agentenfuchs sämtliche Kollegen an die Wand spielt. Seine auch menschlich Sphinx-artige Figur hält die Spannung durchgängig hoch und lässt keinerlei sichere Schlüsse über den Ausgang zu.
Wieder einmal wird auch deutlich, dass London ein perfektes Setting für Spionagethriller ist. Die gläsernen und dennoch undurchsichtigen Fassaden im hochmodernen Bankenviertel, das geordnete Chaos in der chronisch überfüllten U-Bahn sowie der scharfe Kontrast zwischen schillernden Karrieren und Perspektivlosigkeit ist wie geschaffen für das typische Verwirrspiel aus Verrat und Loyalität, Macht und Ohnmacht, Täuschung und Wahrheit.
Regisseur Bharat Nalluri nutzt diese Originalschauplätze geschickt für die optische Anlage seines Films, der deutlich weiträumiger und großformatiger wirkt als sein TV-Pendant. Das wird v.a. bei einem spannend inszenierten Katz-und Maus-Spiel auf dem Londoner Heathrow-Flughafen deutlich, bei dem Harry sämtliche Vorzüge des Arials zur Narrung des MI5 nutzt. Leider erreichen die Szenen auf dem Berliner Alexanderplatz keine vergleichbare Intensität, aber hier war wohl auch die Drehzeit wesentlich kürzer.
Fazit:
Der Spielfilmnachklapp der britischen TV-Serie „Spooks" ist ein stylisch gefilmter Geheimdienstthriller, der v.a. das Setting Londons sowie Peter Firths Talent für undurchsichtige Figuren äußerst geschickt für Atmosphäre und Spannungsaufbau nutzt. „Game of Thrones"-Star Kit Harrington ist eine krasse Fehlbesetzung als knallharter MI5-Außenagent, funktioniert aber zumindest als Handlungsmotor. Trotz mancher Ungereimtheiten charakterlich erfreulich mehrdimensional und tagespolitisch aktuell.