Alle Jahre versucht sich Hollywood mal wieder an Fantasy-Action mit Monsterjagd fürs breite Publikum und den Jugendmarkt, doch abgesehen von Guillermo del Toros „Hellboy“ selten mit künstlerischem Erfolg, siehe „Van Helsing“ und „I, Frankenstein“.
Auch „The Last Witch Hunter“ erinnert in seiner Ausrichtung eher an letztere, wobei dieses Mal – wie der Titel schon sagt – bösartige Hexen im Untergrund lauern und Geheimgesellschaften gründen, nachdem man im Kino schon den Machenschaften von Vampiren („Blade“), Vampiren plus Werwölfen („Underworld“) oder Gargoyles und Dämonen („I, Frankenstein“) folgen durfte. Zu ihren Gegnern, den Hexenjägern gehört auch Kaulder (Vin Diesel), der Frau und Kind durch Hexenhand verlor und mit einer Horde von Kollegen im 12ten Jahrhundert ein Hexennest stürmt. Der lebensmüde Krieger kann gar die Hexenkönigin erstechen, wird jedoch mit deren letzten Atemzügen verflucht ewig leben und damit ewig leiden zu müssen.
Rund 700 Jahre später ist Kaulder also knackig wie eh und je, hat Zottelbart und Wikingerfrisur gegen Glatze und Markenanzug eingetauscht und sorgt für Einhaltung eines Friedensvertrages zwischen Menschen und Hexen. Abweichler werden von einem Hexenkonzil verurteilt und von Kaulder gestellt, während immer neue Schriftgelehrte namens Dolan Kaulders Geschichte aufschreiben. Dolan der 36te (Michael Caine) dankt nach 50 Jahren Dienst ab, aber der Nachfolger Dolan der 37te (Elijah Wood) steht bereits parat um den letzten Hexenjäger zu begleiten. Denn Actionprotagonisten, von „Last Boy Scout“ über „Last Action Hero“ bis „Last Man Standing“, sind ja oft die letzten ihrer Art.
Als Dolan Nr. 36 allerdings von einer Hexe ermordet wird, die seinen Tod als einen natürlichen inszeniert, riecht Kaulder schnell Lunte: Verschwörer wollen den Frieden brechen und haben Pläne, die geheim bleiben sollen. Der letzte Hexenjäger ermittelt…
Und das ist durchaus wörtlich zu verstehen, denn stellenweise nimmt sich „The Last Witch Hunter“ wie ein übernatürlicher Polizeifilm aus: Tatorte werden untersucht, Verdächtige wie Zeugen befragt, tote potentielle Zeugen gefunden und in Chloe (Rose Leslie), der Wirtin einer Hexen-Spelunke, findet Kaulder nicht nur eine (anfangs) widerspenstige Helferin und ein späteres Love Interest, mit der er sich in einer Szene gar bei im Hintergrund heulenden Polizeisirenen unterhält. Der Hexenjäger ist übernatürlicher Cop und Geheimagent in einem, doch leider verstehen Regisseur Breck Eisner und seine Drehbuchautoren nicht, dass auch ein Fantasy-Copfilm vielleicht nach gewissen Regeln spielen sollte. Stattdessen werden alle paar Minuten neue Fähigkeiten erwähnt, von denen der Zuschauer vorher nichts wusste, die den Figuren jetzt aber helfen könnten, was natürlich die Spannung schon ziemlich torpediert, wenn hier Freund Zufall immer wieder den rettenden Strohhalm parat hat. Dass die Antagonisten wenig Profil bekommen und man schon ahnt, wer denn wohl hinter dem geplanten Hexenaufstand stehen könnte, macht die Geschichte nicht unbedingt aufregender, auch wenn der Film in seinem Finale immerhin einen überraschenden Plottwist unterbringen kann.
Doch der Weg zu diesem Finale ist lang, kommt einem jedenfalls deutlicher länger als die rund 100 Minuten vor, die „The Last Witch Hunter“ dauert, denn viel hat Breck Eisner nicht zu erzählen. Die Vorgeschichte Kaulders und sein persönliches Trauma hat man spätestens nach der Eingangssequenz begriffen, was einen jedoch nicht vor gefühlten 50 Rückblenden zu den Zeiten mit Frau und Kind bewahrt, die obligatorische Liebesgeschichte zwischen Hexenjäger und Hexe bedient sich bloß abgegriffenster Stereotype und lässt ganz selten mal etwas Feuer in den Wortgefechten erkennen, während man nie das Gefühl hat, dass es wirklich um etwas ginge, drohende Hexenschreckensherrschaft über die arme Menschheit hin oder her. Selbst in Sachen Design-Ideen ist „The Last Witch Hunter“ erschreckend öde, sieht man vielleicht vom Torwächter des Hexenkerkers ab, einer Kreatur zwischen Spinne, Baum und Transformer.
In Sachen Effektqualität kann „The Last Witch Hunter“ dann vielleicht nicht gegen Michael Bays Referenzprodukt „Transformers“ anstinken, präsentiert aber im Gegensatz zu „I, Frankenstein“ deutlich bessere CGI-Tricks, die allerdings genauso seelenlos wie bei dem Stuart-Beattie-Flop bleiben. Was dieser dann im Gegensatz zu „The Last Witch Hunter“ bot, waren Kampfszenen, die zwar kurz waren, aber nicht nach zwei Schlägen beendet. Denn der Auftakt des Vin-Diesel-Films stellt tatsächlich schon die längste Konfrontation dar, ansonsten streichen die Gegner nicht nur erschreckend schnell die Segel, es gibt auch sehr wenige davon und die stellen selten ein Hindernis dar – nicht zuletzt, da Kaulder durch den Fluch unsterblich und mit Instant-Heilkräften gesegnet ist. Da gaben ähnlich gelagerte Filme wie „The Crow“ oder „RoboCop“ dem beinahe unzerstörbaren Helden wenigstens ausreichend Kanonenfutter.
Verblüffend ist hier einzig und allein die Besetzung mancher Nebenrolle. Michael Caine schaut mal wieder als alter Mentor vorbei, hat aber wenig zu tun, während Elijah Wood in seiner Sidekick-Rolle relativ verschenkt ist. „Game of Thrones“-Ygritte Rose Leslie macht noch das Beste aus ihrem wenig aufregenden Part, während die Nebendarsteller fast ebenso profillos wie ihre Rollen bleiben. Doch Hauptattraktion ist natürlich Vin Diesel, der Unkaputtbare mit der Reibeisenstimme, der eigentlich für Rollen wie diese prädestiniert ist. Der aber seinen Charme kaum ausspielen kann, der stellenweise behäbig wirkt und ebenso gehemmt wie der Film an sich herüberkommt.
Denn „The Last Witch Hunter“ hat mit seinem fähigen Actiondarsteller in der Hauptrolle, einer brauchbaren Grundidee und einem stolzen Budget von 90 Millionen Dollar im Rücken eigentlich Potential. Potential, welches der Film erschreckend wenig nutzt, seine Actionszenen enden lässt, bevor sie richtig begonnen haben, seine Möglichkeiten als Fantasy-Copthriller nur für Klischees en masse benutzt und selbst als seelenloses Effektspektakel kaum Mindestansprüche erfüllt. Dann lieber nochmal „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“: Der war zwar auch eine einfältige Fantasy-Action-Holzerei, hatte aber in Sachen Krawall und Design wenigstens noch was zu bieten.