Review
von Alex Kiensch
Mit dem dritten Teil der Neuverfilmungen von Meir Zarchis Rape-and-Revenge-Klassiker beschreitet die Reihe endlich einmal zumindest teilweise neue Wege: Jennifer Hills, die geschändete Rächerin aus dem ersten Teil, lebt unter neuem Namen in einem neuen Leben, besucht aber zur Verarbeitung ihrer Erlebnisse eine Selbsthilfegruppe von Vergewaltigungsopfern. Als sie hier eine neue starke Freundin findet, diese aber bald darauf von ihrem brutalen Ex-Freund ermordet wird, erwachen ihre Rache-Instinkte aufs Neue. Einer nach dem anderen müssen die Peiniger der Gruppe auf grausame Weise sterben...
Was sämtlichen Vorgängerfilmen in ihrer primitiven Ausstellung bestialischer Folterszenarien gefehlt hat, wird in „I spit on your grave 3: Vengeance is mine" endlich zumindest ansatzweise umgesetzt: eine selbstreflexive Hinterfragung der brutalen Selbstjustiz seitens der Hauptfigur. Nicht nur gibt es zahlreiche Dialoge über Für und Wider weiblicher Rache in einer Gesellschaft, in der männliche Gewalttäter allzu oft ungestraft davon kommen, sondern auch die drastischen Folgen von Jennifers Blutrache werden gezeigt, wenn etwa ein unschuldig Verdächtiger in eine Verzweiflungstat getrieben wird. So viel Verständnis der Film einerseits für die gnadenlose Selbstjustiz der misshandelten Frauen aufbringt, stellt er Jennifers bald eskalierende Gewalttaten - die sie auch irgendwann selbst provoziert, anstatt sich nur auf diejenigen Männer zu beschränken, die tatsächlich gefährlich sind - auch als Produkt ihrer erwachenden Gewaltfantasien dar. So entsteht besonders im letzten Drittel tatsächlich eine faszinierend zwiespältige Interpretation der Ereignisse, über die sich treffend diskutieren lässt.
Leider erreicht aber auch dieser dritte Teil nicht ganz das moralphilosophische Niveau, das die Story bieten könnte, auch wenn er schon deutlich näher herankommt. Das liegt vor allem an den platten Figuren, die mit allzu gestelzten Handlungen und übertriebenen Dialogen nicht gerade realistisch wirken. So werden die polarisierenden Einstellungen der Agierenden geradezu mit dem Holzhammer eingehämmert, damit auch wirklich jeder Zuschauer versteht, worum es hier geht. Auch strotzt die Story erneut vor zahlreichen unlogischen Details und bietet allerhand eher unwichtige Klischeefiguren, wie etwa den ermittelnden Cop, der eigentlich auf Jennifers Seite ist, sie aber schließlich von ihrem Gewaltrausch abhalten muss.
Auch dauert es einfach zu lange, bis der Film Fahrt aufnimmt. Ganz so theoretisch, wie es bisher klingen mag, ist er zwar nicht, aber die erste Hälfte besteht fast ausschließlich aus Diskussionen (die zu platt sind, um wirklich spannend zu sein) und ersten kleinen Späßen der unterdrückten Frauen gegen die Männerwelt. In der zweiten Hälfte wird es dann gewohnt sadistisch und blutrünstig, wenn ein Täter nach dem anderen dran glauben muss. Das geht mit größtenteils glaubwürdigen Szenarien und drastischen Effekten ab, sodass Splatterfans hier dann doch noch etwas zu sehen bekommen. Insgesamt aber dauert es zu lange, bis sich die Spannung aufbaut, und sie erreicht auch nie einen so intensiven Zug, dass man gebannt vor dem Bildschirm säße.
Mit seinen vielschichtigen Gedanken zu Gewalt und Widergewalt ist „I spit on your grave 3: Vengeance is mine" der klügste und interessanteste Beitrag der Reihe, auch weil er auf den ausgewalzten Voyeurismus der Vorgänger verzichtet. Grausame Gewaltszenen und eine interessante Hauptfigur lassen durchaus Spannung entstehen, allerdings hätte es davon ruhig mehr geben können. Innerhalb des Genres erreicht der Film somit ein ungewohnt hohes Niveau, auch wenn insgesamt schon noch Luft nach oben gewesen wäre. Aber das ist ja schon mal eine gute Entwicklung.