Review

Verwirrte Abrissbirne


Todesfälle in Filmen - damit kann natürlich unterschiedlich umgegangen werden. Von purer Trauer über Schadenfreude bis hin zu mysteriöser Emotionslosigkeit hat man da schon alles gehabt. Als der erfolgreiche Investmentbanker David zu Beginn von „Demolition“ bei einem Autounfall seine Frau verliert, gehört er ganz klar eher zu der letztgenannten Kategorie - und schreibt als erstes einen langen Beschwerdebrief an die Firma eines kaputten Snackautomaten (!) im Krankenhaus, in dem vor wenigen Minuten seine Ehepartnerin verstorben ist. Mitsamt der Vorgeschichte ihrer Liebe, Ehe und Probleme. Doch was sich anhört wie entweder ein verkappter Psychothriller oder ein hochkitschiger Liebesfilm ala „P.S. Ich Liebe Dich“ entpuppt sich schnell als cleveres, ungewöhnliches, herzliches Drama über Gefühle, Selbstfindung, Trauer und Neuanfang. 

Warum (gute) Gyllenhaal-Filme wie „Stronger“, „Wildlife“, „The Sisters Brothers“ oder eben „Demolition“ in den letzten Jahren etwas untergegangen sind, und das nach solchen Krachern wie „Nightcrawler“, erschließt sich mir nicht ganz. Immerhin unterlegt das aber eindrucksvoll, dass er alles andere als auf Nummer sicher geht und schon Projekte wählt, die eher klein und fein und fast etwas riskant sind - MCU-Blockbuster bestätigen die Regel. Auch in „Demolition“ liefert Gyllenhaal wieder gehörig ab, selbst wenn er eine ganze Zeit lang scheinbar und an der Oberfläche gefühlskalt und fast etwas neutral durch die Gegend stapft. Doch hinter dieser blassen Fassade ist genug, was einen angeht und berühren kann, Geduld zahlt sich aus. Zudem hat „Demolition“ vor allem in der ersten Hälfte einen einnehmenden Flow, dem man sich nicht entziehen kann oder will. Ein solch perfektes, nicht zu langsames, nicht zu stressiges Tempo, bekommt nicht jeder Film hin. Außerdem bleibt immer eine gewisse Unberechenbarkeit am Start, die Nebenrollen sind top besetzt und wie Gyllenhaals Innerstes nach Außen gekehrt wird und wie er am Ende doch Erlösung und einen intimen Neuanfang schafft, ist ziemlich sahnig. Außerdem ist die Kamerarbeit und die technische Umsetzung insgesamt durch die Bank hochwertig. Das letzte Drittel verliert sich dann aber etwas, einige Nebenstränge der Handlung halte ich für weder allzu interessant, unterhaltsam noch wichtig oder zu Ende gespielt, zudem fisselt der Film eher aus und endet vollkommen antiklimaktisch und bestimmt nur für die wenigsten wirklich befriedigend. Eine vollkommene Beziehung wollte sich bei mir zudem zu keiner Figur einstellen. Das ist ärgerlich und hier war sicher noch mehr drin. Fans von Gyllenhaal und ungewöhnlichen Dramen, die vielleicht sogar selbst gerade in Trauerbewältigung oder Umbruch (jeglicher Art) stecken, kann ich „Demolition“ dennoch ans Herz legen. Der Blickwinkel auf Verlust, Schmerz und Gefühle wirkt frisch, echt, anders und ungeschönt. Und das ist klasse. Und es muss ja nicht immer Sympathieträger oder durchweg „liebenswerte“ Figuren geben - weder in Filmen noch in der Realität. 

Fazit: Gyllenhall spielt toll, das Thema ist es wert, das Tempo und die Atmosphäre sind gerade zu Beginn ideal und insgesamt passt das schon, wirkt das unverbraucht und real - doch am Ende verblasst alles dann doch schon schneller und heftiger, als man geglaubt hätte... Minimale Enttäuschung auf sehr solidem Niveau. Hausaufgaben gemacht. 

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