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Nach Peetas Befreiung aus den Händen des Diktators Snow, geht Katniss, gespielt von Jennifer Lawrence, nun aufs Ganze. Das Gesicht des Aufstandes gegen den tyrannischen Herrscher, gespielt von Donald Sutherland, beschließt, diesen in seinem eigenen Palast zu töten. Da sie als Aushängeschild des Widerstands unverzichtbar ist, stößt der riskante Plan bei dessen Anführern jedoch auf wenig Gegenliebe. Sie soll lieber aus sicherer Entfernung zur Front weitere Propaganda-Videos drehen. Das hält Katniss aber nicht davon ab, ihren Plan weiterhin in die Tat umsetzen zu wollen.

Dass erfolgreiche, auf Romanvorlagen basierende Filmreihen durch das Aufteilen einzelner Bände künstlich in die Länge gezogen werden, ist eine Unart, die bereits vor den Verfilmungen rund um Katniss Everdeen und ihren Aufstand in Hollywood um sich gegriffen hat. So wurde uns Zuschauern unter anderem der letzte Teil des „Hobbit“ verdorben, während auch bei „Twilight“ und „Harry Potter“ ausschließlich finanzielle Erwägungen zum Splitten des letzten Buchs geführt haben dürften. Beim finalen „Avengers“ steht uns das ja noch bevor. Die rein ökonomischen Motive lassen sich auch beim Zweiteiler „Die Tribute von Panem - Mockingjay“ in keiner Weise verhehlen, zumal die zusätzliche Laufzeit kaum sinnig genutzt wird. Wer diese Aus-1-Mach-2-Strategie für sinnvoll erachtet, stelle sich nur einmal einen „Titanic“- oder „Avatar“-Zweiteiler von James Cameron vor - oder schaue sich eben einfach die letzten beiden Teile der „Tribute von Panem“-Reihe im Vergleich zu den Vorgängerfilmen an.

Was als Teenie-taugliches, mitreißendes und modernes Gladiatorenspektakel begann und sich im zweiten Teil zunehmend zur spannenden Dystopie um einen Aufstand von unten gegen den Tyrannen da oben entwickelte, stockte bereits im schwachen dritten Teil erheblich, der als ein zweistündiges Luftholen vorm Showdown verbucht werden muss. Es wurden eifrig Propaganda-Videos gedreht, um die Bewohner der Distrikte aufzupeitschen und ansonsten geschah wenig. Und so geht es hier zunächst auch weiter. Der Zuschauer wird abrupt in das laufende Geschehen hineingeworfen, Gedächtnisstützen bzw. etwas Orientierung werden ihm nicht geboten. Es folgen ein Frontbesuch von Katniss und einige Diskussionen darüber, welche Rolle sie im Bürgerkrieg zu spielen hat. Anschließend werden zur Abwechslung mal wieder Propagandavideos gedreht, sodass die erste Stunde praktisch verschenkt wird.

Dann beschleunigen sich die Ereignisse endlich, die kleine Truppe um Katniss tappt in eine Falle des Regimes, muss sich in der Kanalisation mit einer Horde Mutanten herumschlagen und vor den Friedenswächtern fliehen, deren Bezeichnung ein wirklich schöner Euphemismus ist. Während die Welt um sie herum in Flammen steht, muss sie sich außerdem zwischen zwei Männern entscheiden, wobei Peeta sie nach der Gehirnwäsche in Snows Folterkeller nach wie vor am liebsten töten würde. Das bringt aber durchaus etwas Emotion in einen ansonsten recht kalten und grimmigen Film. Anzulasten ist den Autoren dabei insbesondere, dass sie die interessanten moralische Konflikte nicht weiter vertiefen, obwohl man so einen Vorteil aus der durch die Zweiteilung des Buchs gewonnenen Laufzeit hätte schöpfen können. Aber das Bombardement einer feindlichen Militärfestung im zweiten Distrikt durch die Rebellen und die Diskussion, wie mit den Zivilisten zu verfahren ist, werden leider nicht weiter vertieft. Dass schließlich beim Finale, welches mit einigen überraschenden Wendungen, moralischen Konfliktsituationen und interessanten Prämissen aufwartet, nach drei ereignisarmen Stunden aufs Tempo gedrückt und keiner der Ansätze vertieft oder zu Ende gedacht wird, ist vollkommen unverständlich.

Die Stärken des Films liegen da eher in der Umsetzung. Dass mit dem Regisseur der beiden Vorgängerfilme, Francis Lawrence, ein relativ erfahrener Mann am Werk war, der mit „Constantine“ und „I Am Legend“ bereits einschlägige Erfahrungen im Horror-Genre sammeln konnte, sieht man seinem teilweise in Berlin gedrehten Werk vor allem in der zweiten Filmhälfte durchweg an. Die Omnipräsenz von Snow, seinen Überwachungssystemen und Truppen ist da jederzeit spürbar und sorgt für eine durchweg bedrohlichen Atmosphäre, zu der insbesondere die überall versteckten Fallen des Regimes einen größeren Beitrag leisten. Die Flucht vor den Mutanten in der Kanalisation, welche durchaus Erinnerungen an „I Am Legend“ weckt, sowie die über die Gruppe um Katniss hereinbrechende Öl-Welle in einem Innenhof gehören zu den Höhepunkten des Films. Auch der Showdown, bei dem das Areal vor dem Präsidentenpalast in einen Kriegsschauplatz verwandelt wird, hat es in sich und ist mit dem Dauerbeschuss, den Explosionen und den wackligen Kameraeinstellungen im hektischen Gewimmel ein regelrecht physisches Erlebnis.

Anders als bei vielen anderen Jugendbuchverfilmungen gibt es dabei darstellerisch überhaupt keinen Grund zur Beschwerde. Jennifer Lawrence, die mit ihrer Rolle als Ikone der Revolution mittlerweile ohnehin praktisch verschmolzen ist, beeindruckt auch hier mit überzeugendem Spiel und großartiger Leinwandpräsenz. Wie auch ihre Figur ist sie jederzeit der Mittelpunkt des Geschehens. Trotzdem geling es ihr, Katniss auch zweifelnd und zerbrechlich zu zeigen, besonders nach einem tragischen Todesfall oder gegenüber Peeta. Überhaupt kann die mittlerweile Oscar-prämierte Jennifer Lawrence als die Entdeckung dieser Filmreihe gelten. Daneben gibt es ordentliche Vorstellungen von Josh Hutcherson und Liam Hemsworth zu sehen sowie einige sehr bekannte Gesichter in kleineren Nebenrollen. Dazu gehören der verstorbene Philip Seymour Hoffman, Julianne Moore und Donald Sutherland, die ihre Rollen mit düsterem Charisma sehr gelungen ausfüllen sowie wie gehabt Woody Harrelson, Jeffrey Wright und Stanley Tucci.

Fazit:
Zunächst macht „Mockingjay - Teil 2“ da weiter, wo der unmittelbare Vorgänger aufgehört hatte: Mit eintönigen Frontbesuchen und dem langwierigen Dreh diverser Propagandavideos. In der zweiten Filmhälfte nimmt das Finale der vierteiligen Reihe endlich an Fahrt auf und steuert mit gespannter Atmosphäre und etwas Action auf den Showdown zu, der zwar durchaus spannend, aber auch sehr überhastet ausfällt. Warum es nach drei fast ereignislosen Stunden gerade dann, wenn es endlich interessant wird, so schnell gehen muss, wird das Geheimnis der Verantwortlichen bleiben.

60 %

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