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Kasuki Fuse ist Mitglied einer Antiterroreinheit, die im Nachkriegstokyo Aufständische bekämpft. Bei einer erneuten Eskalation der Ereignisse trifft Kazuki auf ein Mädchen, welches sich mit einer Bombe hochjagt. Ein schwerer Schlag für den Supersoldaten! Jetzt trifft er sich ab und zu mit der vermeintlichen Schwester Kei Amemiya. Während sich die beiden näher kommen, entfaltet sich ein vor Eigendynamik nur so strotzendes Intrigengewirr im Hintergrund.

Was einem schon in den ersten Minuten auffällt: Der Anime ist brillant gezeichnet und spielt locker noch bis 2010 in der Oberklasse japanischer Zeichentrickfilme mit. Dabei sind noch erstaunlich wenig zusätzliche Computereffekte im Film verstreut. Ganz bewusst wird ein sehr realistischer und bisweilen nüchterner Stil benutzt.

Hauptmerkmal ist aber die depressive und stellenweise melancholische Stimmung. Dazu verwendet Regisseur Hiroyuki Okiura einen superben Soundtrack, der alleine schon voller Emotionen ist und die meisten Szenen vorbildlich begleitet. Nur in der Anfangsszene fand ich die erstaunlich harten Klänge dezent unpassend. Auch von Importanz für die Stimmung sind natürlich die Charaktere, die betont tiefsinnig gestaltet wurden. Protagonist Fuse ist ein bis zum Bersten von Zweifeln erfüllter Mann, der passend wortkarg gehalten wurde, aber durch viele visualisierte Gedankengänge herrlich nachvollziehbar ist. Auch das schwermütige Mädel umgibt eine interessante Faszination, wenn auch nicht ganz so einleuchtend verkauft wie beim Protagonisten.

Designtechnisch hält sich der Anime absichtlich mit herausragenden Kreationen zurück. Ein Detail ist aber zum Markenzeichen des Films geworden und wurde mittlerweile nicht nur in der Filmbranche nachgeahmt (falls hier jemand den zu Unrecht gehypten Guerillashooter "Killzone" kennt): Die Kampfanzüge mit ihren an deutsche Pikenhelme angelehnten Kopfschützern und dem auch ansonsten total anonym-bösen Erscheinungsbild. Wenn die roten Augen aus der Dunkelheit schimmern, ist das Böse nicht mehr weit. Besonders toll ist deswegen auch der Protagonist, der diese Rüstung tragen muss, weil er somit der ewig erwähnten Rotkäppchen/Wolf-Metapher nachkommen kann.

Bei all dem Lob gibt es aber auch eine ganze Menge zu bemängeln: Wirklich schlimm ist die geringe Storyentwicklung in den ersten zwei Dritteln des Films, die den Fokus zu sehr auf der depressiven Stimmung lässt. Nach einer halben Stunde erstickt man praktisch an der Melancholie und sehnt sich nach ein wenig Spannung. Aber erst als man anfängt, das Intrigenspiel wahrzunehmen, vermag der Film einen tatsächlich zu fesseln. Hier zünden dann auch endlich die unterdrückten und abgestumpften Emotionen Fuses.

Darüber hinaus ist das Design des Films ja betont nüchtern. Selten sieht man einen derart ernsten Film, bei dem einem die wahren Fans bei einem kleinen Lachen wohl verprügeln würden. Jedenfalls verkommen die Figuren - gerade der tragende Protagonist - viel zu sehr zu Spielfiguren der Atmosphäre. Kazukis Gesicht wurde so trocken gelassen, dass man als Zuschauer stellenweise eine Distanz zu ihm aufbaut. Verwunderlich, dass das Ende trotzdem noch funktioniert. Seine inneren Zweifel sind das einzige, was Fuse spannend machen.

Naja, insgesamt ist "Jin-Roh" trotzdem ein sehenswerter Film. Wer ihn noch nicht angeschaut hat, sollte sich eben auf eine erdrückende, übertrieben depressive Stimmung und eine erst gegen Ende hin spannende Geschichte einstellen.

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