Review

Als einer der letzten Italowestern in denen Genre-Ikone Gianni Garko („Sartana“, „10.000 blutige Dollar“, charismatisch und sympathisch wie eh und je, auftrat, kann „Sarg der blutigen Stiefel“ nicht mehr an die alten Glanzzeiten anknüpfen, aber als passable Genrekost durchgehen.
Regisseur Lorenzo Gicca Palli („Freibeuter der Meere”), eigentlich ein Autor, vermag sein eigenes Drehbuch, das immerhin den grundlegenden Vorzügen eines Krimi-Schemas folgt, solide umzusetzen, bracht in dieser späten Phase des Italowesterns jedoch auch schon kein großartiges Kunstwerk mehr zustande.

Dies beweist schon der immerhin interessant gefilmte, weil, wie auch später immer wieder genutzte aus der Ego-Perspektive das Geschehen zeigende Mord an einer mexikanischen Frau und der wenig später stattfindende Überfall eines Saloons, bei dem ein Freudenmädchen nebst Freier ums Leben kommt, der Sheriff aber zwei der drei Banditen erschießen kann.
Der Mörder scheint schnell gefunden. Chester Conway (Klaus Kinski) bezahlt mit blutigen Geldscheinen und soll im Schnellverfahren abgeurteilt werden. Weil der abgekartete Gerichtsprozess eine Farce ist, engagiert der von der Unschuld seines Mandanten überzeugte Pflichtverteidiger seinen alten Freund Mr. Silver (Garko), der seinen gemütlichen, luxuriösen Lebensstil eigentlich nur aufgibt, wenn man ihm 1000 Dollar dafür anbietet und er von der Sache überzeugt ist, für seinen alten Freund macht er es jedoch umsonst, weil er noch bei ihm in der Kreide steht.

Während der exzentrische Klaus Kinski mal wieder cholerisch und wild vor sich hin schauspielert und allein dadurch „Sarg der blutigen Stiefel“ zum Hinschauen einlädt, trifft Silver, der stets mit Mister angesprochen werden will, in der Stadt ein und trifft allerorten auf komplexe Intrigen.
Natürlich ganz im obercoolen, stets überlegenen, abgeklärten Sartana-Modus, den er sich patentieren lassen hat, bringt er aus seiner Parade-Reihe noch ein Spielzeug mit und ist sichtlich bemüht dahinter zu kommen, was denn nun faul im Staate Dänemark ist. Schnell sind Beweisstücke untersucht und Bewohner befragt, so dass er sich sein eigenes Bild der Lage machen kann.
Die getöteten Banditen wurden in Wirklichkeit hinterrücks erschossen, die angesehenen, verheirateten Bewohner der Stadt hatten wohl in diesem Saloon auch die ein oder andere Stunde verbracht, was auch für den Richter gilt und selbst der engstirnige Pastor scheint einen am Keks zu haben, weil er gegen das lasterhafte Treiben der Frauen predigt. Sie alle wollen die Gerechtigkeit um jeden Preis und deswegen Conway den Überfall zuschanzen, doch in Wirklichkeit haben sie alle selbst ihre Leichen im Schrank.

Die auf Action weitestgehend verzichtende Detektivgeschichte wird dabei leider ein ums andere mal von Comedy-Szenen gestört, die teilweise gänzlich überflüssig sind (die Prügeleien der Goldschürfer) oder wie oft zu dieser Zeit mit ihren albernen Einlagen die Stimmung zerstören.
Eigentlich wirklich gelungene Momente wie Silvers nächtliche Hetzjagd durch die Stadt, wo der Mörder von Polly, der Besitzerin des Etablissements, ihm noch entkommt, verlieren dadurch meist ihre Wirkung.

Immerhin klären sich mit diesem Vorfall für Silver langsam die Fronten, denn Polly, die eigentlich gegen ihren Ex-Liebhaber Conway aussagen sollte, handelte vor Gericht nur so unerwartet, weil sie ihn sich selbst vorknöpfen wollte, was für Silver die Angelegenheit nur noch komplizierter machte, zumal der Zuschauer weiß, dass die Ermordung der Mexikanerin hier irgendwann auch noch eine Rolle spielen muss, weil ihre Eltern ebenfalls Silver engagieren wollten, der allerdings ablehnte.

Nun sind die Folgerungen von Silver etwas zu allwissend, aber etwas Hilfe des Drehbuchs kann man ihm kaum verwehren, da in der Stadt so ziemlich jeder Bewohner, ob bewusst oder unbewusst, ihn daran hindern will, herauszufinden wer Polly und ihre Angestellte wirklich ermordete. Da kann er noch so viele Erkenntnisse sammeln und auf Indizien stoßen, von seinen Ermittlungen überzeugt, zeigt sich niemand so recht in der Stadt. Erst zum Schluss hilft eine List und die Versteigerung möglicher Enthüllungen, damit er alle in Frage kommenden Verdächtigen so richtig aus der Reserve lockt.

Die klassischen Motive braucht man, soviel sei verraten, hier nicht mehr zu suchen, denn spätestens zum Schluss wird dann deutlich, dass „Sarg der blutigen Stiefel“ tatsächlich nur ein Krimi in Westerngewand ist, was nichts Schlechtes sein muss und etwas Neues in das zu diesem Zeitpunkt schon nur noch wenige Innovationen zulassende Genre bringt.
Der Comedy-Faktor, der bisweilen sogar komplett abgestellt wird und dann leider wieder zu nerven beginnt, hätte sich komplett ausklammern sollen, während Silver klar blickt, wer nur vorgibt der Gerechtigkeit ihren Lauf zu lassen oder Unrecht in Recht wandeln will, nur um den eigenen Status nicht zu gefährden. Seine Ermittlungen lassen ihn darüber bereits früh Bescheidwissen.


Fazit:
Mit seiner klassischen Krimi-Struktur ungewöhnlicher Italowestern, der mit Gianni Garko und Klaus Kinski edel besetzt wurde, aber auch in den weiteren Rollen zufrieden stellt. Spannend und solide umgesetzt, erweist sich „Sarg der blutigen Stiefel“ als Genrebeitrag mit unverbrauchtem Ablauf, der primär auf den Erkenntnisse suchenden und daraus seine Schlussfolgerungen ziehenden Hauptcharakter setzt. Der bisweilen mühevoll sich streckende, alberne Humor trübt das Szenario aber genauso wie das insgesamt zu gemächliche Tempo. Zu einem überdurchschnittlichen Film soll es dennoch locker ausreichen.

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