Nach „Nico“ und „Hard to Kill“ ist „Marked for Death“ der dritte Seagal-Streifen, in dem der Actionheld fürs Grobe so richtig vom Leder ziehen durfte. Anfang der 90er, als die härtere Gangart auszusterben begann und softeren, familientauglichen und gewinnorientierteren Produktionen weichen musste, setzte man mit Seagal genau auf die Elemente, die das Genre in den 80ern groß machte.
Steven Seagal gibt mit John Hatcher, einmal mehr, den kompromisslosen Cop, der sich an keine Regeln oder Vorschriften hält, damit aber Erfolg hat. Als nun bei einem Einsatz in Mexiko sein Kollege ums Leben kommt, quittiert er, desillusioniert den Dienst und kehrt, trotz Betteln seines Chefs, zu seiner Familie in die Kleinstadt zurück. Doch auch dort sind nicht mehr alle Dinge im Lot.
Dwight H. Little, der am ehesten mit „Halloween 4“ in Verbindung gebracht wird, konzentriert sich hier auf das Wesentliche und versucht Seagal weitestgehend nicht schauspielern zu lassen. Der Mime ist weder für den Beichtstuhl, wo er sich zwischendurch auch aufhält, noch als Überraschungsgast für Familienfeiern zu gebrauchen, so dass solche Szenen auch so knapp wie möglich gehalten werden. Leider auf Kosten des Plots, der, wenn man ihn Revue passieren lässt, so einige Fragen offen lässt. Weder das Schicksal von Hatchers angeschossener Nichte, noch das Verbleiben des Wächters vor seinem Haus und erst recht nicht die Identität des eigenartigen Waffenhändlers werden geklärt.
„Marked for Death“ entstammt allerdings einer Zeit, in der Sonnenbrillen noch zu groß waren, Autos noch nach Autos klangen und nicht so viel Wert auf den Plot gelegt wurde. Dafür geht es in Sachen Action ordentlich zur Sache. Sind die Schießereien nur Durchschnitt, so darf Seagal, nachdem er sich in den Drogenkrieg einmischt und seine Familie bedroht worden ist, jedem Jamaikaner, der bei Drei nicht auf den Bäumen ist, die Kauleiste zerlegen. Hier noch in allerbester Form, knacken Knochen im Dreivierteltakt, werden Gegner auch schon mal von Kopf oder Hand befreit und mit einem trockenen Oneliner in die nächste Welt geschickt. Obendrauf gibt es eine Verfolgungsjagd durch die Stadt, wo dann leider wieder die Mängel Littles deutlich werden. Ein begnadeter Regisseur ist er nicht, bestenfalls ein solider Handwerker und so lebt der Streifen ganz von Seagal und seinen Kampfkünsten. Keith David, der als tapferer Recke, den Weg der Selbstjustiz mit beschreitet, verkommt dabei schnell zur Nebenfigur. Das es dem Regisseur entweder an Erfahrung oder einfach an Durchblick mangelte wird oft an kleinen Goofs deutlich. So fehlen während der Verfolgungsjagd mal Einschüsse oder trägt Seagal plötzlich andere Kleidung (Beispiel: Krankenhaus). Im krassen Gegensatz dazu, das Tunen der Waffen, bevor in den finalen Krieg gegen die Jamaikaner gezogen wird, was wiederum gelungen inszeniert wurde.
Rund um die jamaikanische Voodoobande wird dem Plot ein ordentlicher Schuss Hokuspokus verpasst, was dem Film einen stark okkulten, unheimlichen Touch gibt und den Oberbösewicht in eine mystische Aura hüllt. Zwar müssten Genrekenner, spätestens nach Seagals Gespräch in der jamaikanischen Bar, wissen, wie der Zauber um deren Anführer Screwface zu Stande kommt, doch wird durch diesen simplen Kniff, bei dem Seagal sich viel zu leicht überrumpeln lässt, das Ende, dieses ohnehin kurzen Streifens (Nettolaufzeit ca. 83 Min.), noch etwas herausgezögert und mit einem knackigen (im doppelten Sinn) Finishing beendet.
Fazit:
Dwight. H. Little gelang mit „Marked for Death“, auch wenn es ihm an jeglichem Gespür für Dramaturgie mangelt, ein kurzweiliger, harter Actionthriller, der zu den besten Seagal-Filmen gezählt werden darf. Die sporadisch auftretenden Klischees fallen angesichts eines Martial-Arts-Fighters in Toppform, jeder Menge brutaler Kämpfe und brechender Knochen nicht weiter auf. Ein in logischer Hinsicht überarbeitetes Drehbuch, das nicht ganz so viele Fragen offen lässt, wäre trotzdem wünschenswert gewesen.