Das Drehbuch zu „Close Range“, der mittlerweile siebten Zusammenarbeit von Regisseur Isaac Florentine und Actionstar Scott Adkins, steuerten Shane Dax Taylor und Chad Law, wobei letzterer erstmals ohne seinen Bruder Evan arbeitete, mit dem er zusammen bereits Filme wie „The Hit List“ und „Six Bullets“ geschrieben hatte.
„Close Range“ geht direkt in die Vollen und zeigt wie Ex-Soldat Colton MacReady (Scott Adkins) in ein Gebäude eindringt, am Metalldetektor und den Wachen ein Messer in seiner Gürtelschnalle vorbeischmuggelt und im Stockwerk seiner Wahl angekommen alle Anwesenden vertrümmt um eine junge Frau zu retten, von der man erst im Anschluss erfährt, dass es sich um seine Nicht Hailey (Madison Lawlor) handelt. Regisseur Isaac Florentine drückt von Anfang aufs Gas, lässt Erklärungen für später.
So erfährt der Zuschauer auch erst im Anschluss, dass Hailey von den Mitgliedern eines mexikanischen Drogenkartells entführt wurde, weil ihr Stiefvater, der Dealer Walt Reynolds (Jake La Botz), diese bei einem Geschäft betrog. Ebenfalls zu diesem Zeitpunkt bekommt der Zuschauer die Info, dass sich an der Kette mit dem Schlüssel zu Haileys Gefangenenzimmer auch ein wertvoller USB-Stick mit Daten des Kartells befand, die sich nun auf die Jagd nach ihm machen. Dabei stellt „Close Range“ die Truppe um den Boss Fernando Garcia (Tony Perez) zwar kurz namentlich mit Inserts vor, doch das soll bloß Charakterisierung vortäuschen wo keine ist: Persönlichkeit entwickelt leider keiner der Schergen, ein jeder bleibt einfach Prügelmasse ohne große Eigenschaften, sodass man sich eh nicht merkt wer denn nun wie heißt.
Garcia beauftragt den korrupten Sheriff Jasper Calloway (Nick Chinlund) Colton aufzuhalten, als dieser Hailey bei ihrer Mutter Angela (Caitlin Keats) abliefert. Doch entzieht sich dem Zugriff des Sheriffs und beginnt bald einen Privatkrieg, nachdem die anrauschenden Übelwichte seine Familie als Geiseln nehmen…
Mehr passiert auch nicht in „Close Range“, den Isaac Florentine als eine Art Dauershowdown aufzieht, dabei allerdings nicht ganz so exzessiv vorgeht wie etwa „Broken Path“. Stattdessen muss die Alibihandlung teilweise mehr schlecht als recht die Lücken zwischen den Fights und Shoot-Outs überbrücken, wobei das leider auch dramaturgisch seine Makel hat: Nachdem Colton bereits in der Auftaktsequenz zig Angreifer kurz und klein getreten hat, wirkt das Aufgebot des Kartells mit 11 Leuten fast lächerlich, zumal kaum einer von diesen dem wehrhaften Helden etwas entgegenzusetzen hat: Den ernstzunehmendsten Gegner schaltet Colton bereits in der Filmmitte aus.
Die Hauptfigur ist auch nicht unbedingt die größte Stärke von „Close Range“, bleibt Colton doch ein mürrischer, harter und teilweise regelrecht unfreundlicher Kämpfer mit bestenfalls begrenzt gewinnendem Wesen. Das mag allerdings auch dem generischen Erbe geschuldet sein, das man in „Close Range“ sieht, denn wie ein klassischer Westernheld ist Colton der Beschützer der Gemeinschaft, der aber nicht zivilisiert genug ist um in ihr dauerhaft zu leben. Das ist nur eine der vielen Western-Anleihen, die von Angela als moderne Version der Siedlerfrau, die Haus und Hof zur Not mit dem Gewehr verteidigt, über das staubige Kleinstadtsetting bis hin zum Soundtrack reichen, der mit seinen Gitarrenklängen ganz deutlich die Western-DNA des Films zum Ausdruck. Leider fehlt es dem Soundtrack von Stephen Edwards manchmal an Variation, auch wenn Isaac Florentine die Untermalung stellenweise gewinnbringend und emotionssteigernd einzusetzen weiß, etwa bei der finalen Konfrontation.
Florentines Inszenierung gehört sowieso zu den uneingeschränkten Stärken des Films. Die Kampfszenen sind nicht nur famos choreographiert, sondern behalten stets die Übersicht, sind pointiert geschnitten und präsentieren ihre Höhepunkt im gewohnt effektiven Zeitlupeneinsatz Florentines. Die Shoot-Outs dagegen zeichnen sich nicht nur durch eine dynamische Inszenierung, sondern auch durch Florentines enormes Gespür für Raum aus: Wenn der größte Teil der zweiten Filmhälfte in und um Angelas Haus spielt, dann macht „Close Range“ in jeder Szene begreiflich, von wo der Angriff kommt und wie sich Colton durch das Haus bewegt um diesen zu kontern. Das mag manchmal ein wenig repetitiv wirken, aber durch Florentines fähige Hand erscheint die Action auf komprimiertem Raum dennoch stark und ermüdet nicht.
Scott Adkins tröstet mit gewohnt beeindruckendem Körpereinsatz und Charisma über manche Schwäche in seiner Rolle hinweg, wird aber abseits der Action kaum gefordert. Da hat Nick Chinlund als korrupter Gesetzeshüter, der mit seiner Kartelltätigkeit hadert, wesentlich mehr Raum zum Glänzen und nutzt diesen auch, während Caitlin Keats als toughe Frau stark aufspielt. Brauchbar sind auch die Leistungen von Jake La Botz und Madison Lawlor, während Tony Perez als Oberfiesling ähnlich austauschbar bleibt wie seine Schergen – da hätten ein paar charismatischere Fieslinge dem Film nicht geschadet.
„Close Range“ gibt sich als reduziertes Actionkino, zeugt erneut von inszenatorischen Virtuosität Isaac Florentines und ist einigermaßen kurzweilig, was aber nicht unbedingt die Schwächen in Sachen Charaktere, Dramaturgie und Abwechslung ausgleicht. Das geringe Budget sieht dem Film zwar nie an und ein echt okayer B-Actionfilm ist dem Team aus Adkins und Florentine schon gelungen – aber echt okay ist für diese Kombo schon eine kleine Enttäuschung.