kurz angerissen*
Hitchcock-Fans werden sich angesprochen fühlen, heißt es im Tenor. Das ist richtig, aber nicht nur wegen der stilistischen Verwandtschaft, sondern auch deswegen, weil Joel Edgerton sich in seinem Regiedebüt mit äußerster Vorsicht und Präzision bewegt, um keine schwerwiegenden Fehler beim Suspense-Aufbau zu riskieren. Das Ergebnis ist hochgradig spannend geraten, allerdings auch betont klassisch. Der geübte Zuschauer kennt bereits sämtliche Manöver des Debütanten. Keine der Wendungen reißt aus dem Konzept, "The Gift" ist keiner der Filme, die ihre Wand durchbrechen und etwas völlig Unvorhergesehenes tun.
Nun muss Thrill der alten Schule ja nichts Unangenehmes sein. Geschickt streut Edgerton kurze Szenen ein, die vermeintlich nichts bedeuten; ein grüner Sportdrink auf dem Küchentresen, ein Zettel am Kühlschrank, eine Wischbewegung über die beschlagene Glastür der Dusche. Später knüpft er solche Beiläufigkeiten entweder an geschmackvolle Jump Scares oder an Plotwendungen. All diese kleinen Dinge und mehr führen zu einer handwerklich äußerst souveränen Vorstellung. Auch die Ausstattung spielt dem selbst geschriebenen Drehbuch perfekt die Bälle zu, wenngleich eben auch hier die Klischees zuschlagen: ein gläsernes Haus für ein verwundbares Ehepaar, so gläsern, dass der bedrohliche Sonderling als Einzugsgeschenk unter anderem auch Glasreiniger mitbringt.
Edgerton persönlich spielt den subversiven Eindringling mit einer Mischung aus Harmlosigkeit und passiver Aggression wunderbar heraus, auch Rebecca Hall stellt den Wandel vom Arglosen ins Eingeschüchterte im besten Sinne Hitchcocks dar. Der eigentliche Besetzungsclou ist aber Jason Bateman. Der Experte für Komödien und Familienklamotten deutete zuletzt mit seinen ersten Regiearbeiten schon höhere Ansprüche an und auch Edgerton gibt ihm eine Rolle, die komplexer zu bewältigen ist, als sie zunächst scheint, was Bateman ideal umsetzt.
Zu harten Bandagen muss Edgerton nie greifen, fast wie aus dem Schneckenhaus dirigiert er sein Projekt. Zu übermäßig großen Ehren kommt man mit dieser Vorgehensweise nicht, aber es ist schon beachtlich, welche Intensität sich noch aus den jahrzehntealten Thrillermechanismen herausholen lässt.
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