Peter Willems (Trevor Howard) muss Singapur verlassen, weil er Geld unterschlagen hat. Sein Mentor, der Schiffskapitän Lingard (Ralph Richardson) nimmt ihn daraufhin mit auf die Reise zu seinem geheimnisvollen Handelsposten. Dort soll Willems einige Zeit verbringen bis sich in Singapur die Wogen geglättet haben und er gefahrlos zurückkehren kann.
Der abgeschiedene Handelsposten scheint anfangs wie geschaffen dafür zu sein, den charakterschwachen Willems zum nach- und umdenken zu bewegen, scheint dort doch die Welt noch in Ordnung, von friedfertigen Eingeborenen bewohnt und frei von Versuchungen zu sein.
Kaum ist Lingard wieder abgereist offenbaren sich Risse in der Idylle. Lingard und sein Handelspartner Almayer (Robert Morley) haben nämlich das absolute Handelsmonopol weil nur sie die Schiffsroute kennen über die das Dorf erreicht werden kann und dieses Geheimnis natürlich für sich behalten wollen. Daran stößt sich wiederum ein im Dorf lebender Stamm, der lieber mit einem arabischen Händler Geschäfte machen würde.
Als Willems die hübsche Aissa (Kerima) entdeckt entzündet sich daran ein Konflikt der das Leben aller Beteiligten verändern wird...
„Der Verdammte der Inseln“ ist einer der seltenen Filme, die man schwerlich vergessen kann nachdem man sie einmal gesehen hat. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass der Film weder mit irgendwelchen einschlägigen Preisen bedacht wurde, noch allzu bekannt ist, was sich auch an den weltweit spärlichen DVD-Veröffentlichungen ablesen lässt.
Dieser Zustand ist eigentlich kaum vorstellbar, handelt es sich hier doch um einen in vielerlei Hinsicht bemerkenswerten Film. Angefangen beim Drehbuch, der Kamerarbeit, über die Leistung der Darsteller bis zu einer souveränen Regieleistung gibt es eine Menge an Gründen sich dieses fast vergessene Meisterwerk unbedingt anzuschauen.
Drehbuchautor William Fairchild schuf basierend auf Joseph Conrads Novelle ein Szenario, dass seine Spannung zwar langsam, dafür aber stetig aufbaut und vor allem durch die Charakterisierung der einzelnen Figuren enorm fasziniert.
Alleine schon die Hauptfigur, Peter Willem, ist alles andere als ein Charakter, den man ins Herz schließen würde. Zu berechnend, faul, feige und egoistisch kommt er daher. Interessant ist dabei welchen Einfluss ein solcher Mensch aber trotzdem auf seine Umgebung ausüben kann. Normalerweise würde jeder einen großen Bogen um einen derartigen Kotzbrocken machen und trotzdem erfährt er Unterstützung zB. durch Lingard. Zudem schafft es Willems durch seine bloße Anwesenheit die Atmosphäre förmlich zu vergiften und friedfertige Menschen wie zB. Almayer aggressiv zu machen. Trotz dieser unterschwelligen Wirkung ist er nicht besonders intelligent, da er seine eigene Manipulation durch die Einheimischen nicht einmal bemerkt. Man kann Willems dabei nicht einmal als wirklich bösen Menschen bezeichnen, sondern mehr als Symbolfigur für die Schwäche, die allen Menschen innewohnt.
Im Unterschied zu Willems verstehen es die meisten Menschen jedoch nicht allen Versuchungen nachzugeben. Insofern ist der Film dann auch als Warnung davor zu sehen was dabei, auch unbeabsichtigt, entstehen kann. Diese Botschaft ist heute mehr denn je aktuell!
Trevor Howard versteht es diesen Willems wirklich mit Leben zu erfüllen. Er bietet dabei eine Performance, die rundum überzeugt. Besonders die kurze Phase in der er einen eigentlich aussichtslosen inneren Kampf gegen sein wahres ich führt fand ich persönlich sehr beeindruckend.
Den anderen Charakteren wird leider nicht so viel Spielraum gegeben wie dem von Trevor Howard trotzdem sind auch sie alles andere als eindimensional angelegt. Nehmen wir mal Lingard als Beispiel. Der Mann spielt sich zwar als guter Samariter gegenüber Willems auf und gefällt sich auch sichtlich in dieser Rolle. Dennoch muss man bedenken, dass er aus Profitgier anderen gegenüber die Route zu seinem Handelsposten verheimlicht.
Ebenfalls sehr interessant ist Aissa, die einheimische Schönheit. Ihre Rolle als Frau und Tochter in der Welt der Eingeborenen sowie als eigenständige Persönlichkeit ist dabei alleine schon ein Grund den Film mehrmals anzuschauen. Aissa wirft Fragen ohne Ende auf. Liebt sie Willems tatsächlich? Ist sie bloß das wissende Werkzeug ihres Stamms und letztlich auch nur ein weiteres Opfer der Ereignisse?
Was den Film neben der Handlung und den darstellerischen Leistungen zusätzlich ausmacht sind die seinerzeit auf Sri Lanka gemachten Außenaufnahmen. Ob es sich um die Aufnahmen badender Kinder, zerfurchter alter Männer oder auch Wäsche waschender Frauen handelt, alle wirken enorm real und unterstützen dadurch die Wirkung des Films gut. An dieser Stelle muss jedoch erwähnt werden, dass diese Szenen leider auch etwas zu oft eingesetzt wurden und dadurch die Handlung etwas gestreckt bzw. verwässert wirkt.
Auf der anderen Seite ist es auffallend, dass sowohl anfangs als auch gegen Ende des Films der erzählerische Rhythmus etwas außer Tritt zu sein scheint. Gemeint ist damit, dass die Einführung von Willems bis zu seiner Flucht genauso abrupt abgehandelt wird wie die Zeit nach der „Revolution“ im Dorf bis zu Lingards Rückkehr. Woran dies genau liegt vermag ich nicht zu sagen. Mir ist jedoch aufgefallen, dass der Streifen in der Originalfassung eine Spielzeit von 103 Minuten aufweist und die mir vorliegende nur knapp über 90 Minuten.
Unabhängig davon hat Regisseur Carol Reed (Der dritte Mann) bei diesem Film nahezu alles richtig gemacht und mit der in mitten eines tropischen Wolkenbruchs spielenden Schlussszene auch gleich noch eine der eindrucksvollsten mir überhaupt bekannten Filmszenen geliefert.
Fazit: „Der Verdammte der Inseln“ ist absolut sehenswertes Kino. Thematisch zeitlos, inszenatorisch etwas altmodisch, dafür aber wiederum mit sehr guten schauspielerischen Leistungen versehen kann ich diesen Streifen jedem nur empfehlen, der über den Tellerrand des Mainstream-Films hinausschauen will (7,5 von 10 Punkten).