Review

Fatih Akin erzählt über fast drei Jahrzehnte die Geschichte einer italienischen Einwandererfamilie im Ruhrpott mit all ihren Eingliederungsproblemen, Höhepunkten und Niederschlägen.
„Solino“ ist neben dem im letzten Jahr vielfach ausgezeichneten „Gegen die Wand“ Akins bekanntester Beitrag zur multikulturellen Entwicklung Deutschlands und lässt nebenbei einen Teil Zeitgeschichte der Bundesrepublik Revue passieren. Der verrußte Ruhrpott, Kifferpartys, „Ton, Steine, Scherben“ – und mittendrin Familie Amato.

Akin versteht es geschickt, mittels einer langen Vorgeschichte Sympathie für die meisten Protagonisten zu wecken. Mama kümmert sich aufopferungsvoll um ihre beiden Söhne, Gigi überquickt vor italienischer Lebensfreude und selbst der egoistische Giancarlo wirkt irgendwie bemitleidenswert, weil er nie richtig weiß, wo er eigentlich hingehört. Papa Romano ist ein Widerling, am Ende aber ein armes Häuflein Elend, dessen Pizzeria längst nicht mehr so floriert wie in Glanzzeiten und der sich für seine Taten vor seinen Söhnen derart schämt, dass er nicht einmal zu Gigis Hochzeit nach Italien kommen will.

Je länger der Film dauert, umso deutlicher wird aber, dass „Solino“ nicht allzu weit über seine Vorgeschichte hinauskommt, soll heißen: Man fühlt zwar mit jedem mit, aber irgendwie weiß Akin nicht, wohin er eigentlich mit seinem Film will. Immer wieder entflammen neue Unruheherde (Giancarlo und Gigis Diebstahl und beider Liebe zu Jo, Vaters Affäre, Mutters Krankheit, etc.), welche entweder gar nicht gelöscht werden oder die Suppe nicht zum Kochen bringen. Stattdessen immer wieder die gleichen Bilder: Streit der Brüder untereinander oder mit den Eltern, anschließend Versöhnung.

Richtig ereignisreich wird’s erst ab Mutters Krankheit, die Gigi zwingt, für eine gewisse Zeit nach Italien zurückzukehren, wo er erkennt, dass seine Wurzeln auch seine Zukunft sein werden. Der Schluss ist der stärkste Teil des Films, da hier auf sehr einfühlsame Art und Weise das italienische Lebensgefühl vermittelt wird. Ansonsten geht dieser Part leider unter, die Schilderung der Lebensumstände in Deutschland geht über unsere klischeebehafteten Vorstellungen vom Pizzabäcker um die Ecke kaum hinaus.

Fatih Akin lieferte ein gefühlvolles, sauber inszeniertes Familiendrama ab, das inhaltlich leider nicht überzeugt. Zu oberflächlich gerät die Darstellung einer italienischen Einwandererfamilie, zu stagnativ ist die Geschichte an einigen Stellen. Viele aufhellende Momente, vor allem zum Schluss, machen „Solino“ dennoch zu einem sehenswerten Film, obwohl man über Italiener danach auch nicht recht viel mehr weiß.

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