Filmemacher Choi Dong-hoon geht mit seinem The Assassination sowohl in der Geschichte als auch der Produktion des Filmes selber gleichzeitig vor und zurück, und verändert das Umfeld, erzählt in diesem aber über die gleichen Dinge. Filmographisch ein Nachfolger (und teils ein Doppelgänger) von The Thieves (2012), in dem sich verschiedene Parteien zu einem gemeinsamen Einbruch verabreden und die Dinge schon aufgrund verschiedener Charaktere, unterschiedlicher Interessen und auch Zwischenfällen und Gegenspielern von außen schiefgehen. Hier im Grunde dieselbe Ausgangsposition, nur in der Vergangenheit, in den Kriegswirren um 1933 und der Besatzung Koreas durch Japan verlagert und statt des kriminellen Diebstahls ein Attentat in der Ausgangsposition sowie dieselbe Laufzeit von 140min und letztlich auch dasselbe Einspiel mit fast 13 Millionen Zuschauern zur Verfügung steht. Hier wie dort als Finale auch ein wüster Bleihagel, der Mensch und Mobiliar zersiebt:
Herbst 1933. Korea ist von Japan besetzt. Die beiden Anführer der sogenannten Provisorischen Regierung von Korea, Kim Gu [ Kim Hong-pa ] und Kim Won-bong [ Jo Seung-u ] beauftragen den Widerständler Yeom Seok-jin [ Lee Jeong-jae ] mit einem Attentat, in dem der Kollaborateur Gang In-guk [ Lee Gyeong-yeong ] und Kawaguchi Mamoru [ Shim Cheol-jong ], Kommandeur der Seouler Garnison zum Opfer fallen sollen. Yeom engagiert dafür die Scharfschützin An Ok-yun [ Jun Ji-hyun ], den Bombenexperten Hwang Deok-sam [ Choi Deok-mun ] und Chu Sang-ok [ Jo Jin-ung ], die sich mehr oder minder überzeugt von der Mission in das Todeskommando aufmachen. Allerdings spielt Yeom mit falschen Karten und hetzt dem Trio als vermeintliche Doppelagenten den Auftragskiller "Hawaii Pistol" [ Ha Jung-woo ] und dessen Assistenten "Old Man" [ Oh Dal-su ] hinterher.
Wie zuvor ein Ensemblestück, welches nunmehr noch mit mehr Dekoration, mehr Zeitkolorit und einem politischen Unterbau versehen und so vielmehr zu einem Ausstattungs- und Ausstellungskatalog (mit emsig Blutpäckchen als Farbtupfer) sondergleichen wird. Großes Kintopp in Glanz und Gloria, mit Anteilen an (mehr) Spionage- und (weniger) Kriegs- und Gangsterfilm + Westernmotive, wobei das Auge eher satt wird als der Magen und die Geschehnisse oftmals allein für sich stehen als das das Ganze (trotz Eposanleihen) zu einem riesigen Ereignis wird. Die Figuren erfüllen über die meiste Zeit ihre Funktion, werden aber nicht tatsächlich zum Leben, sondern nur über ihre Kleidung und die Maskeraden und Manierismen erweckt; eine Mehrdimensionalität gerade durch die Umstände der Zeit, die das hier für Korea ungewohnte Thema der eigenen Rolle (eben auch von Dulder, Verräter und Kollaborateur) in Augenschein nimmt, ist interpretierbar, aber nicht zwingend notwendig und besitzt abseits des rein Formellen und Funktionalen auch kein eigenes Geschick.
Anders als zuvor wirkt hier Einiges gewrungen und erzwungen, gerade gebügelt und glattpoliert, gerade ein Nebenplot mit Zwillingen, der für den Gimmick zum rechten Zeitpunkt über ist, sich aber wie so vieles nach dem Rascheln von Drehbuchseiten anhört und ein tieferes Eingleiten und Abtauchen in die wunderschöne Szenerie, eine Reise von der Mandschurei über Shanghai bis Seoul nicht ermöglicht oder nur begrenzt. Der Aufwand ist da und edel, die Bilder erlesen, die Panoramen wollüstig und breit. Eine visuelle Schlemmerei, die oft in reine Repräsentation verfällt, und nur wenig Raum zum Atmen und wenig Platz für die kleineren Szenen überlässt. Als Unterhaltung ist das großartig, ist die Handlung allgemein verständlich und weiß auch um das Drücken der richtigen Knöpfe, die für die Einen eben die Entrüstung über die Gräueltaten und der Kampf gegen die Missstände und für den Anderen das Mitfiebern in geräumig angelegten Plansequenzen und das Adrenalin bei Feuerstößen mit dem Maschinengewehr sind.
Sowieso ist es ein kleines Wunder, dass der Plot unter all den Zufällen und all dem Drumherum aus Figuren und Verschwörungen nicht erdrückt wird, sondern sich vielmehr mitsamt all dem produktionstechnisches Einsatz, dem logistischen Anteil und in seiner pompösen Extravaganz (Budget 16 Mio. USD, 5 Monate Drehzeit) geradezu leichtfüßig bewegt. Helfen tun eine Reihe bekannter und gestandener Schauspieler, die auch unter der Maskerade und im Kostüm noch zu erkennen und verfolgen sind, und eine Bandbreite von sowohl lang vorbereiteten Höhepunkten (Versuch Nummer Eins an einer Tankstelle plus das finale Hochzeitsmassaker, in dem das zündende Chaos ausbricht) als auch flinkeren Aktivitäten (Angriffe aus der Reserve heraus, in Nebenstrassen und Hinterhöfen), in der die Schnelligkeit und Reaktion das A und O und wichtig für das Überleben und Weiterkommen sind.
Zwischen Abenteuer und Geschichte auf der einen Seite, und zwischen Blockbuster und Anspruch auf der anderen, zwischen Internationalität und Lokalpatriotismus und Nationalismus geht Choi stets den sicheren Weg; ein erstmal oberflächliches Spektakel, das den besten Mehrwert für die einrichtete Kinokarte oder die Kauf- bzw. Ausleihgebühr anschliessend verspricht und diesen Austausch an Kommerzialität auch anstandslos, spätestens mit einem ausführlichen Showdown im Kugelballet und der anschließenden emotionalen Genugtuung erfüllt. Problemlos auch die Rechteverkäufe in das westliche Ausland, nach Amerika oder Deutschland bspw., Vorreiter im Kundensegment also, was untadelig, als Film in seiner Qualität selber aber unterhalb von Guns and Roses (2012) oder An Inaccurate Memoir (2012), beides (ausgerechnet) chinesische Arbeiten mit Ecken und Kanten und Rissen in dem Display ist.