Ein weiterer Beitrag zum Tierhorror-Subgenre und anscheinend gleich der dritte aus dem Jahre 1977, der Spinnen zum Thema hat, ist die TV-Produktion „Tödliche Fracht“ von US-Regisseur Stuart Hagmann („Blutige Erdbeeren“). Ein Transportflieger schmuggelt Kaffeebohnen und illegale Einwanderer aus Ecuador in die USA, muss aber in einem verschlafenen Kleinstädtchen notlanden. Die Notlandung missglückt in letzter Minute, weil die unbemerkt mitgeschmuggelten, hochgefährlichen, todbringenden Bananenspinnen nicht nur die Ecuadorianer, sondern auch die Piloten beißen. Zunächst von den Einwohnern unbemerkt, breitet sich eine Spinnenepidemie aus und bedroht die örtliche Orangenfabrik.
In grundsätzlich schöner 70er-Wohlfühlatmosphäre wird der Zuschauer Zeuge eines sehr mit angezogener Handbremse inszenierten Rip-Offs im Zuge der Tierhorrorwelle, das kaum Exploitation-Qualitäten aufweist und stattdessen häufig mehr an ein Katastrophendrama erinnert. So bemühte man sich sehr, sich mit Übertreibungen zurückzuhalten und ein vermeintlich realitätsnahes Szenario zu kreieren. Werden Flug, Absturz und Konfrontation der Dorfbewohner mit selbigem sowie das erste Auftauchen der Spinnen zwar in aller Ausführlichkeit, aber durchaus ansprechend im für das Jahrzehnt typischen, gemächlichen Tempo gezeigt, wird ab einem gewissen Punkt deutlich, dass „Tödliche Fracht“ kaum vorhat, sich dramaturgisch zu steigern und spannende, fiese Arachnidenattacken zu zelebrieren, sondern dem TV-Publikum nicht zuviel zuzumuten. Inhaltliche Härten wie der Tod des einziges Kindes des Ehepaars, das der Zuschauer frühzeitig kennenlernt, mögen kurzzeitig durchaus für Entsetzen sorgen, bleiben wie der gesamte Film aber grafisch zurückhaltend und scheinen sich auch nicht übermäßig auf die Moral der betroffenen auszuwirken. Allgemein machen die Protagonisten zunächst so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann – da werden Funksprüche ignoriert, Kindern zu wenig Beachtung geschenkt und ein Graben ausgehoben, um das Flugzeugbenzin abfließen zu lassen, das natürlich prompt Feuer fängt... Das hat bisweilen schon leichte Trash-Qualitäten.
Einen gesellschaftskritischen Subplot gibt es genretypisch in Form des Konflikts zwischen dem Plantagenbetreiber, der aus wirtschaftlichen Interessen die Gefahr kleinredet und dem zunächst unterschätzten, nicht ernst genug genommenen Feuerwehrleiter als Warner und Mahner. Letztlich wird hier aber kein Endzeitszenario gezeichnet, sondern an die Vernunft der Menschen appelliert und ausgedrückt, dass man durch Ärmehochkrempeln und Zusammenarbeit auch eine solche Gefahr abwenden kann. Das ist versöhnlich, gefällig, fast schon kleinbürgerlich-salonfähig und eben alles andere als schockierend. Das passt aber wiederum zur Prämisse des Films, der den Ursprung der Gefahr nicht wie so oft skrupellosen Geschäftemachern zuschreibt oder generelle Zivilisationskritik übt, sondern evtl. gar im metaphorischen Sinne Einwanderung aus Lateinamerika verantwortlich macht und konservativen Kräften damit nach dem Mund redet, zumindest aber das Problem nicht als hausgemacht, sondern importiert charakterisiert. Dem unheimlich zäh inszenierten Finale liegt dann die höchst fragwürdige, naive Idee zugrunde, die Spinnen durch das akustisch verstärkte Geräusch von Wespen – ihren natürlich Feinden – aus der Reserve zu locken und somit aus den Orangenvorräten herauszubekommen, woraufhin ein klassisches Happy End folgt. Untermalt wird der gesamte Film von einem einschläferndem Soundtrack.
Mein Respekt gilt allen Beteiligten für die Arbeit mit den echten Spinnen; Phobiker durfte auch dort niemand sein, wenngleich man sich nicht solchen Konfrontationen wie beispielsweise im sehr empfehlenswerten „Mörderspinnen“ aus dem gleichen Jahr auszusetzen hatte. Die Schauspieler agieren solide, unter ihnen Tom Atkins („The Fog – Nebel des Grauens“), wenn auch zumeist recht emotionsarm. Das Endergebnis jedoch ist ein, besonders im Vergleich mit der starken Konkurrenz, eher belangloser Film, der in erster Linie Freunde des etwas biedereren US-Films der 1970er erfreuen dürfte. Und täusche ich mich oder kamen hier tatsächlich zwei verschiedenen Spinnenarten, nämlich Bananenspinnen und Taranteln, zum Einsatz? Und warum lautet der Originaltitel „Tarantulas: The Deadly Cargo“, wenn es um Bananenspinnen geht...?