Neuengland, 1630. William, seine Frau Kate und die fünf Kinder werden aus der Gemeinschaft der schützenden Siedlung ausgestoßen, den Grund dafür erfährt man nicht. Nahe eines düsteren Waldes finden sie eine neue Heimstatt, doch die erste Ernte ist sehr schlecht, so dass die in ihrer Religiosität voll und ganz aufgehende Familie schnell an den Rand ihrer Existenz gelangt. Als dann auch noch Samuel, das jüngste Kind, spurlos verschwindet und Caleb, der älteste Sohn, aus dem Wald mit einer seltsamen Krankheit zurückkehrt, gerät die älteste Tochter Thomasin unter Verdacht, eine Hexe zu sein…
Neue Wege im Horrorfilm zu finden ist angesichts der Fülle von Geschichten, die schon erzählt wurden, sicherlich nicht einfach. Robert Eggers hat es zumindest mit seinem Spielfilmdebüt „The Witch“ versucht und es ist ihm teilweise gelungen, Innovatives auf den Weg zu bringen. Fernab jeglicher Genrekonvention erzählt Eggers – inspiriert von tatsächlichen Prozessakten aus damaliger Zeit – nüchtern und unaufgeregt von einem Fall von Besessenheit und Hexenwahn im gottesfürchtigen Neuengland der frühen Pionierzeit. Atmosphäre und historische Details erscheinen stimmig, die Entbehrungen jener Tage werden glaubhaft vermittelt. Eine große Hilfe bei der Darstellung dieser Umstände ist die gestrenge Bildgestaltung (mit altem 1,66:1-Ratio), bei der Kameramann Jarin Blaschke mit langen Einstellungen und ohne Kunstlicht fahle Realgemälde entstehen lässt, die lange in Erinnerung bleiben. Doch so faszinierend rein filmtechnisch betrachtet „The Witch“ sein mag, so schwer erträglich ist die mit übermäßigem Gottesglauben aufgeheizte Story an sich: eher Drama als purer Horror offenbart sich das ganze Dilemma der unaufgeklärten Menschen damals als eine Art Mischung aus Hysterie und Selbstzerfleischung. Hier auch den dem sprachlichen Duktus alter Zeiten folgenden Dialogen so etwas wie Informationen für die Geschichte selbst zu entnehmen fällt extrem schwer und so wird „The Witch“ trotz Eggers immensen Bemühens, Angst und Schrecken auf andere als herkömmliche Weise zu verbreiten, zu einer Qual, die sich nicht jeder stellen mag. Allenfalls verstörend wird da der Schlussakt empfunden, der erahnen lässt, wie sich die Zuschauer 1969 gefühlt haben müssen, als Michael Reeves mit seinem „Der Hexenjäger“, ein ähnliches Terrain beackert und nicht nur Lob für sein heute weithin anerkanntes Meisterwerk erhalten hatte. Mal sehen, ob diese Ehre Robert Eggers mit seinem „The Witch“ auch zuteil wird. Fazit: nicht für den schnellen Verzehr, nicht für jedermann, auf jeden Fall ein sperriges, düsteres Märchen aus finsteren Zeiten. Mit Anya Taylor-Joy, Ralph Ineson, Kate Dickie, Harvey Scrimshaw u. a.
© Selbstverlag Frank Trebbin