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Bei vielen Filmfreunden ist Regisseur Shion Sono Kult, weil er stets gegen den Strom schwimmt, jedoch recht kreative Ergüsse hervorbringt. Anderweitig sind seine Werke oft sperrig und überdreht, was auch auf „Tag“ zutrifft.

Nachdem zwei Schulbusse per Windböe zerteilt werden und nur Schülerin Mitsuko überlebt, rennt diese in purer Verzweiflung zurück an ihre Schule, wo sie einige totgeglaubte Mädchen quicklebendig vorfindet. Doch der Frieden währt nicht lange, als die Lehrkräfte das Feuer auf die jungen Damen eröffnen…

Der Einstieg dürfte Freunden von ungewöhnlichen kollektiven Tötungsmethoden entgegenkommen, als die beiden Busse halbiert werden und somit auch sämtliche Körper der Passagiere. Die überaus variable Kamera liefert ein paar atemberaubende Einstellungen der leicht surreal anmutenden Landschaften und mittendrin Mitsuko, die sich wie in einem Alptraum fühlt, wie sie später ihrer besten Freundin Aki mitteilt.

Was folgt, gibt zunächst einige Rätsel auf, denn etwas später wird aus Mitsuko die Braut Keiko, später die Leichtathletin Izumi, jeweils mit anderem Aussehen, doch offenbar dem gleich bleibenden Bewusstsein. Immer wieder sieht man weiße Federn auf schwarzem Hintergrund fallen, die Hauptfigur ist ständig im Eiltempo unterwegs und auffälligerweise sieht man bis kurz vor Schluss nicht einen Mann, nicht einmal unter den vielen Statisten.

Das hängt durchaus mit der finalen Botschaft zusammen, die überdeutlich auf das Frauenbild, insbesondere dem in der japanischen Gesellschaft abzielt, wobei Sono nicht selten eben jene spezifische Sichtweise mit halbnackter Haut und aufreizenden Posen hervorhebt, vielleicht auch, um den sprichwörtlichen Spiegel vorzuhalten.

Handwerklich ist dem Film wenig anzukreiden, wobei die CGI teilweise nur mäßiger Qualität sind. Demgegenüber kommen die Gewalteinlagen oft unvermittelt und mit gutem Timing daher, die wenige Action in Form einiger Fights geht in Ordnung und der Score ist verdammt treffend, obgleich er deutlich an „The Walking Dead“ angelehnt ist und bei einer Passage ein ruhiges Thema aus „Psycho“ beinahe 1:1 kopiert.

Es geht surreal bis grotesk zu, wir sehen fast ausschließlich schöne Mädchen in luftiger Kleidung, was im scheinbaren Kontrast zur eigentlichen Botschaft in Sachen Unterdrückung und Selbstbestimmung der Frau steht. Überraschend solide performt, erzählerisch angenehm straight auf den Punkt gebracht, nur das Finale lahmt ein wenig.
Starke Bilder, lobenswerte Aussage, nur zwischenzeitlich ein wenig zu sehr neben der Spur.
6,5 von 10

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