kurz angerissen*
Episodisch (oder in diesem Fall vielleicht kapitelartig) wirkende Romanverfilmung in Überlänge, die mit ihrem wissenschaftlich-realistischen Anspruch, ihrer nüchternen Regie und ihrem sympathischen, intelligenten Helden einige Klischees sehr geschickt kaschiert. Diese betreffen vor allem die moralische Abwägung von einem Menschenleben gegenüber fünf weiteren. Jeff Daniels' NASA-Chef wird in diesem Zusammenhang in die klassische Spielverderberecke gedrängt und insbesondere in einer Szene mit einem forschen jungen Astrodynamiker (Donald Glover) publikumswirksam vorgeführt, derweil insbesondere Sean Bean den Verbündeten auf der Erde spielen darf.
Den potenziellen Unverfilmbarkeitsvorwurf immerhin kann Ridley Scott entkräften, indem er spröden Alltag, selbst wenn er auf dem Mars angesiedelt ist, als durchaus spannendes Ein-Mann-Survivalkino inszeniert. Im Grunde informiert ein Videotagebuch über Handwerksarbeiten und wissenschaftliche Experimente, säuberlich eingeteilt nach marsianischen Sol-Tagen. Matt Damon sorgt mit einer starken Sololeistung dafür, dass einem das kontinuierliche Lösen von technischen Aufgaben nicht langweilig wird. Mit smartem Witz und Selbstironie verdient er sich vom ersten Tag an das Mitgefühl derer, die ihm zuschauen, auch wenn es Scott leider nicht reicht, das Publikum vor dem Fernseher auf seine Seite zu ziehen; er muss auch Menschenmengen am Big Apple und sonstwo auf der Welt drehen und damit unnötig an kitschige SciFi-Blockbuster erinnern. Das sind dann aber glücklicherweise schon so ziemlich alle Parallelen zu solchen, denn das Gros der Szenen bleibt angenehm leisetreterisch. So kommen subtilere Lesarten zur Geltung, etwa der Parallelismus zum Überlebenskampf des Menschen auf der heimischen Erde, der sich in seinen ersten Zügen gar nicht so sehr von jenem Mark Whatneys unterscheidet.
Optisch orientiert sich "Der Marsianer" ein wenig an "Gravity", in erster Linie aber an dem Realismus von "Interstellar". Sowohl Gerätschaften als auch die Beschaffenheit des Planeten sind regelrecht greifbar. Wäre das Erleben von Filmen heutzutage nicht so flüchtig, könnte man sich tatsächlich der These anschließen, er habe das Potenzial, eine neue Generation an Raumwissenschaftlern zu inspirieren.
Etwas mehr hätte man im Zuge dessen vielleicht noch auf die psychologischen Auswirkungen der Situation eingehen können, als einziger Mensch auf einem ganzen Planeten der Physik ausgesetzt zu sein. Erst sehr spät werden derartige Entitäten überhaupt behandelt. So bleibt Scott bis zuletzt eher auf der Linie des Leichten und tritt dem allgegenwärtigen Thema Tod mit einem süffisanten Schulterzucken entgegen.
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