Review
von Leimbacher-Mario
Verliere nie den Lebensmut
Ich hatte die Hoffnung für Ridley Scott eigentlich schon aufgegeben. Zu groß war das Gefälle von Alien & Blade Runner zu Prometheus & Exodus. Ich war teilweise richtig wütend auf Grund eines solch massiven Talent- & Qualitätsabbaus. Er bleibt natürlich eine Legende, egal was für einen Schmarn er nun verzapft - aber ärgerlich war das schon. Meine Designation ging sogar so weit, dass ich während der gesamten ersten halben Stunde von "Der Marsianer" mir immer wieder einreden musste, dem Film seine faire Chance zu geben & ihn nicht vorzuverurteilen. Zu groß war meine Skepsis, daran konnten auch die etlichen guten Kritiken nichts ändern. Aber spätestens als ich dann vollkommen im Film war & mit dem Marsianer Matt Damon zitterte & lachte, löste sich der Knoten. Endlich, endlich, endlich. Danke Herr Scott, sie können es ja doch noch. Auch wenn da erstmal ein paar ihrer Kollegen kommen mussten & sie mit ihren Sci-Fi-Meisterwerken inspirieren & aus der Reserve locken mussten.
Wenn "Interstellar" eine unfassbare Vision ist, "Gravity" ein atemberaubender Tanz mit dem Tod im All, dann ist "The Martian" in diesem neuen Sci-Fi-Triumvirat definitiv das Herz & Gefühl. Und daher viel näher an "Apollo 13" als an den zwei genannten Meilensteinen der letzten Jahre. Science-Fiction ist also alles andere als tot & selten hörte man sein Herz so pochen wie hier. Der Cast ist fast schon zu breit & extrem beeindruckend, Matt Damon trägt den Film & liefert ab wie seit Jahren nicht mehr. Der Look & das Gefühl ist verdammt realistisch, die Wissenschaft interessant & inspirierend, der Soundtrack megacool mit 70s-Disco-Hits. Der Film ist lang, wirkt aber nie unnötig gestreckt oder gar langweilig, man würde eher gern noch mehr sehen. Manchmal wirkt das Ganze etwas gutgläubig & wie eine lange NASA-Werbung, aber das fiel mir nur nebenbei auf.
"Marsianer" ist definitiv einer der besten Sci-Fi-Filme des Jahrzehnts & ein riesiger Schritt für Scott in Richtung alter Magie. Vielleicht hat er sich bei Regie-Opa-Kollege George Miller ja nochmal abgeguckt, wie sehr man in dem Alter noch aufdrehen & begeistern kann. Und die größte Stärke des Filmes habe ich noch gar nicht richtig betont: sein leichtes Herz, sein Humor, sein (Über-)Lebenswille & seine Spritzigkeit. Selten sprühte ein Film so vor positivem Denken, und das in so einer aussichtslosen Lage. Als ob der Mut & das Herz zugleich mit der weniger starken Mars-Gravitation fliegen gelernt hätten. Das Ganze wirkt wie eine greifbare Geschichte, mit recht wenig Pathos & Kitsch. Wäre sie echt, wäre es definitiv die größte Geschichte der Menschheit. Erst gegen Ende will sich der Film zu sehr mit "Gravity" messen, was kaum gut ausgehen kann, da seine Stärken wie gesagt im Inneren, in den Gefühlen liegen. Vieles hat man schon mal ähnlich gesehen, was aber keinen Schatten wirft & erst recht nicht verhindert, dass man das Kino mit einem breiten Grinsen verlässt. So muss das sein! Ach, und bevor ich das vergesse: 3D war mal wieder für die Tonne & überflüssig as hell. Hat dem Bild & dem optischen Eindruck eher geschadet als geholfen (dunkler, unschärfer, unruhiger usw.).
Fazit: ein toller Weltraum-Überlebenskampf, der so realistisch wirkt, dass man ihn kaum Sci-Fi nennen will. "Castaway" trifft auf "Gravity" & Rydley Scott liefert endlich mal wieder uneingeschränkt ab!