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Es ist – bzw. inzwischen war – eine Urban Legend: Ataris Videospielvariante von „E.T.“ scheiterte nicht nur legendär, sondern die nicht verkauften Einheiten wurden außerdem lastwagenweise in der Kleinstadt Alamogordo in New Mexico abgeladen.
Zak Penn, der seine Karriere als Drehbuchautor von „Last Action Hero“ begann, an diversen Genreprojekten mit erhöhtem Nerdfaktor arbeitete und sein Regiedebüt mit der Mockumentary „Incident at Loch Ness“ gab, drehte rund 30 Jahre nach dem Scheitern des Games und dem großen Videospielcrash von 1983 eine Dokumentation über die Ereignisse, in der er als Fan und Quasi-Protagonist die Geschichte des legendären Flops von mehreren Seiten angeht. Eine davon ist sehr gegenwärtig: Ein ortsansässiger Bauunternehmer aus Alamogordo wollte der Legende selbst auf den Grund gehen, plante die Ausgrabung auf der Müllkippe über Monate und führte sie am 26. April 2014 tatsächlich durch. Das Ganze entwickelte sich zum Nerd-Event, zu dem Unmengen an Videospielfans kamen – darunter auch „Ready Player One“-Autor Ernest Cline, dessen Anreise der Film ebenfalls kurz schildert. Unter anderem holt er seinen DeLorean bei George R.R. Martin ab, der ihn sich für ein „Zurück in die Zukunft“-Screening ausgeliehen hatte – und das Auto ist natürlich besagtem Film genau nachempfunden.
Auf der anderen Seite geht Penn den Ereignissen von damals nach, befragt Protagonisten, die damals bei Atari arbeiteten, vor allem Howard Scott Warshaw, der neben dem „E.T.“-Spiel auch das „Indiana Jones“-Game und „Yars‘ Revenge“ für den Konzern entwickelte. Man lernt die damalige Business-Kultur bei Atari kennen, die freies Denken, unkonventionelles Arbeiten und eine Art Hippie-Kultur im Herzen der amerikanischen Computerindustrie förderte und genau dadurch viel Kreativität freisetzte. Man erfährt mehr über die Entwicklung des „E.T.“-Spiels, das Warshaw innerhalb von fünf Wochen pünktlich zum Weihnachtsgeschäft aus dem Boden stampfen musste. Und natürlich geht es um den Niedergang von Atari nach dem großen Crash des Jahres 1983.
Hier wird der Film etwas unscharf. Denn einerseits spricht Penn viele Probleme an, die das Unternehmen und den Videospielmarkt damals plagten. Andrerseits scheint er das Schicksal Ataris manchmal zu sehr auf den einen Flop zuzuspitzen, obwohl der „E.T.“-Fehlschlag sicherlich nicht allein am Niedergang des früheren Giganten schuld war. Es scheint als wolle Penn hier bewusst überdramatisieren, um das Game nachher zu rehabilitieren. Denn viele seiner Interviewpartner erzählen immer wieder, dass es gar nicht so schlecht, missverstanden oder angeblich sogar richtig gut gewesen sein soll, obwohl es in Hitlisten der schlechtesten Spiele aller Zeiten regelmäßig vordere Plätze belegt. Manche nennen dies einen Mythos, der unter Leuten grassiert, die das Spiel nie gespielt haben, aber Penn scheint da einen Gegen-Mythos im Sinn zu haben, wodurch seine historische Aufarbeitung etwas krankt.

Schön dagegen ist die Art, wie er selbst als Protagonist auftritt, auch sein eigenes bisheriges Schaffen (z.B. seine Arbeit an Videogames zu Blockbustern) reflektiert und an seiner Rolle als Fan keinen Zweifel lässt. Gespannt verfolgt man mit ihm die Frage, ob und wenn ja was bei der Ausgrabung gefunden werden wird. So inszeniert er die Grabearbeiten als Finale, als eine Art Spannungshöhepunkt, obwohl es ja eigentlich um die (für viele Leute sicher banale) Auflösung einer Urban Legend geht. Doch wenn er all die Fans zeigt, die zum Ort des Geschehens pilgern, dann spürt man die Aufregung, die Spannung, die aus Liebe zu Popkultur entsteht, und lässt sich als Zuschauer von dem Ganzen anstecken.
So kann man unterm Strich sicher sagen, dass „Atari: Game Over“ sicher interessante Einblicke in eine Unternehmenskultur im Computerbereich bietet, die es so nicht mehr gibt, seinen Bildungsauftrag dann aber doch etwas vergisst und unscharf wird. Andrerseits ist er ein sehr liebevolles Stimmungsbild, das zur Ehrenrettung Warshaws ansetzt, der nach dem „E.T.“-Flop etwas unschön zum Prügelknaben wurde, nachdem er vorher als Top-Entwickler galt. Außerdem vermittelt er die kribbelnde Spannung, die damals im Zuge der Ausgrabung herrschte, ebenso wie jene nerdige Form der Popkulturliebe, die sich hier am Beispiel des „E.T.“-Games überdeutlich zeigt. So ist „Atari: Game Over“ nicht fehlerfrei, manchmal etwas zu sehr an der Oberfläche, aber unheimlich sympathisch.

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