Review

Und ein weiterer Filmexport aus unserem Nachbarland Frankreich – selbstverständlich von Qualität. „Le Boulet“ räumte trotz weitgefächerter Kritiken 2002 grandios an den französischen Kinokassen ab und drang mit 3,1 Millionen Besuchern in eine Dimension vor, die sonst nur Ausnahmefilme wie „Die purpurnen Flüsse“ erreichen. International konnte er abseits von wenigen Festival trotzdem kaum auf sich aufmerksam machen.

Das Regieduo Alain Berbérian („Six-Pack“) und Frédéric Forestier („The Peacekeeper”) hält sich hier glasklar an die von Hollywood aufgestellten Regeln für Buddyduos, überzeichnet die Charaktere aber typisch französisch total, übertreibt die Action, zitiert munter Vorbilder und packt alles in eine farbenprächtig-poppige Optik.

Auslöser für eine baldige Odyssee nach Afrika ist der Gefängniswärter Francis Reggio (Benoît Poelvoorde, „Mann beißt Hund“). Der naive Einfallspinsel ist ein feiger, opportunistischer Einfallspinsel, der sich nicht mal gegen seine Frau Pauline (Rossy de Palma) durchsetzen kann und sich deswegen beim Schwerverbrecher Moltès (Gérard Lanvin) Ehe-Tipps abholt. Leider bringt er zuhause dessen Ratschläge (erst ein Abendessen kochen, dann poppen und wenn sie dann immer noch nicht spurt, schlagen) völlig durcheinander, worauf seine doch ziemlich dominante, bessere Hälfte auszieht. Dumm nur, dass sie ihm nicht erzählt, wo sie Moltès Lottoschein gelassen hat. Francis spielt für den Verbrecher nämlich regelmäßig und ausgerechnet heute gewinnt er natürlich 15 Millionen. Als Francis sich am nächsten Tag krank meldet, bückst Moltès aus, schnappt sich den armen Wurm und reist mit ihm Richtung Afrika, wo sich seine Frau befindet...

„Le Boulet“ mag zwar anspruchsloses Popcornkino, aber dafür eins mit hohem Unterhaltungswert sein. Der knallharte Moltès und der ewige Loser Francis ergänzen sich großartig, Gag folgt auf Gag und die Situationskomik (u.a. verkleiden sich beide als Neger auf dem Flughafen und werden doch leicht misstrauisch beim Benutzen des Pissoirs beäugt) funktioniert wirklich hervorragend. „Le Boulet“ lebt außerdem von einem Maximum bescheuerter Extremcharaktere (u.a. ein Reggie, der mit seinem Gameboy eine Autbombe zu zünden versucht) aus denen der rücksichtslose, stets kurzen Prozesse machende Gangster Mustapha Amel (José Garcia), genannt „Der Türke“, und sein Helfer (Gary Tiplady), der nicht von ungefähr eine Kopie von Bonds Albtraum „Jaws“ darstellt (O-Ton: Irgendwoher kenne ich dich. Aus einem Spionagefilm? Gab es da nicht so einen Agenten, der immer mit den schicksten englischen Sportwagen umherfuhr?), herausragen. Erwähnt sei hier noch Djimon Hounsou („Gladiator“, „The Island), der hier als furchtloser, wie eine Klette an Moltès haftender Cop zum Schluss mit einem witzigen Geheimnis auffährt.

Überraschend hochwertig sind auch die Actioneinlagen. Die auf Moltès Ausbruch folgende Autoverfolgungsjagd quer durch Paris beinhaltet unter anderem ein sich selbstständig machendes Riesenrad, das trotz CGI-Ursprungs ungemein gut getrickst wurde. Später folgen noch die Teilnahme an der Rallye Paris-Dakar und ein reichlich abgefahrenes Ende, sowie wüste Kloppereien nahezu aller Beteiligten (Ja, auch Pauline)

Zwar besitzt „Le Boulet“ hier und da kleinere Längen, doch die werden meist umgehend von Francis und Moltès, aus deren Beziehung sich natürlich eine Freundschaft entwickelt, wettgemacht. Das Zusammenspiel des aufgedrehten, ewig plappernden und sich wie ein Kind gebärenden Benoît Poelvoorde mit Moltès, der hier stets knurrig und wortkarg, weil er aufgrund der Aktionen seines Partners stets kurz vorm Platzen ist, ist hier das Salz in der Suppe.



Fazit:
Sofern man etwas mit dem abgedrehten Humor der Franzosen anfangen kann, wird der Filmspaß mit „Le Boulet“ garantiert. Gespickt mit skurrilen Charakteren, völlig absurden Situationen und Reaktionen, einwandfrei inszenierten Actioneinlagen und ideenreichen Drehbucheinfällen, empfiehlt sich dieses rasant-amüsante Buddymovie für Filmeabend. An die Großen des Genres reicht man damit freilich nicht heran, kurzweilig unterhalten lassen kann man sich jedoch allemal.


Kleiner Dialogauszug gefällig?

Francis: Wir müssen irgendwie ein Transportmittel besorgen!
Moltès (mürrisch): Ein Boot...
Francis: In der Wüste?

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