Review

Kartoffelsalat(2015)

Als guter Freund und Nachbar geht man auch mal durch Untiefen. Das es so seltsam wird, nun, damit hätte ich nicht gerechnet. Wobei der Film besser war, als seine Umstände. Es kam, wie es kommen musste. Meine Frau und die Kinder waren einige Tage unterwegs, ich hatte Frei und mein Nachbar - ein Taxifahrer - musste mal für NUR(!!) zwei Stunden los. Ich sollte nur im Wohnzimmer bei ihm warten, ab und an mal schauen, dass seine 11 oder 12 Jährige Tochter und ihre vier Freundinnen keinen Blödsinn veranstalten - das kann doch unmöglich so schwer sein. Ich sagte; "Hälst du das wirklich für so eine gute Idee?". Er erwiderte; "Du bist mir was schuldig und außerdem erwarte ich heute ein Packet und die dürfen das nicht annehmen." Ich nickte und dachte kurz an den Vorfall, als er mich vor Monaten von einer meiner Wanderweg mitten im Nirgendwo abholen musste, weil ich unter hartem Durchfall litt. Nie wieder Fisch und Dill in einem Topf - ich schwörte unter Geheule auf dem Rücksitz. Die Fahrt war unglaublich furchtbar, wir mussten ständig anhalten und meine Taschentuchsammlung(die mit Blütenduft) und der wohlige Geruch seines neuen Taxi litten unheimlich. Ich predigte regelrecht, dass ich dies wieder gut mache.

Egal. Ich hatte gerade einen Lebowski-Tag hinter mir und war gut drauf. Wie schlimm soll das schon werden? Ich holte mir zuvor noch drei Bierchen, ein paar Käsechips mit Dip und dachte, das ich seine PS4 etwas malträtieren könne. Zisch! Bier Nummer 1 war auf und dann klingelte es auch schon - der Postbote! Ich nahm das Paket an, die Mädels lachten über mein Outfit - Lebowski halt - und ich legte das Paket beiseite. Als ich in das ultrarosa farbene Zimmer lugte, kicherten die fünf Mädels und ich fragte mit heller "Peter Griffin"-Stimme; "Was ist hier los?"

Der Chor aus höchst unterschiedlichen Personen antwortete; "Wir schauen Kartoffelsalat!" "Ich habe Chips und Bier mit."...erwiderte ich hoffnungsvoll. Sie schauten recht ungläubig, aber ich gesellte mich dazu. Gott, was diese Jugend heute für Zimmer-Dekos pflegt...ich glaubte, mein Stuhlgang wäre morgen vielleicht lila oder Pink. Wahnsinn. Zisch! Bier Nummer 2 und der Film ging los. Da ich mir - außer von der Tochter meines Kollegen - keinerlei Namen der anwesenden jungen Damen merkte, nenne ich sie nach so langer Zeit und einem heftigen Lebowski-Tag einfach 1, 2, 3 und Laktose.

Ich wusste vor dem Genuss nichts über den Film und ging ohne Erwartungen heran. Was folgte war ein mehr oder weniger langatmiger wie ulkiger Film, der trotz seiner 79 Minuten teils unheimlich zäh und knorpelig war. Der Mix aus Coming-of-Age und Horrorparodie ist anfangs zumindest amüsant und ich erklärte den Mädels, das dies der berühmteste aller Filmschreie ist und dieses Auslösegeräusch eines Fotoblitzes aus dem blutrünstigen Film "Texas Chainsaw Massacre" stammt. Als ich dann auf die guten alten "Naked-Gun" Filme verwies und sichtlich gerührt eine Art "Braindead"-Vibe vernahm, schalteten die Spangenträgerinnen ab. 1, 2 und 3 spielten auf ihren himbeerfarbenen Telefonen herum, die Tochter meines Kollegen hörte interessiert zu und Laktose aß meine Chips und kräftig Dip. Als die Surroundeffekte der Zombieszenen nun durch seltsames Geruchskino aufgepustet wurden, stieg ich beinahe aus. Das war - neben der zweifelhaften rosa Tapete - eine unheimliche Bremse in meinem Kopf. Ich schrie irgendwann; "Macht mal bitte einer das Fenster auf!"

Zisch! Bier Nummer 3, der Film ist zu Ende - wir schauten übrigens die Hörfilmfassung für Sehbehinderte. Die kannte noch keiner der Anwesenden und die vier bezaubernden Zuschauerinnen, ich und Laktose waren restlos begeistert. Ich denke, ohne diesen genialen Off-Kommentar, wäre das nur halb so amüsant gewesen.

Zisch! Bier Nummer 4 und sämtliches Bonusmaterial waren so gut wie aufgetligt. Als mein Nachbar kam, akustisch bemerkte, dass hier irgendwas komisch roch und mich anlächelte, fragte ich ihn; "Was war in dem Paket Alter?" Er sagte mit weihnachtlichem Lächeln; "Das Buch zu dem Film Kartoffelsalat, das bekommt die kleine an Heiligabend." Ich sagte abschließend; "Ich gehe nächstes Jahr sicher wieder wandern..."

Fisch und Dill...3

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