Review

Im Jahre 1957, der Blütezeit des Rock 'n' Roll, machen die Russen die Staaten mit einer Atombombe dem Erdboden gleich und besetzen die USA. Die von Zerstörung und Besatzung verschont gebliebene Stadt "Lost Vegas", in welcher Elvis als König regiert, dient fortan als Zufluchtsort und Bastion des Widerstandes.
Doch nun ist Elvis tot und Lost Vegas braucht einen neuen King. Der Hilferuf der Stadt hallt durch das Brachland um Vegas und erreicht den wortkargen Musiker Buddy
( ... dreimal dürft ihr raten welcher Rock 'n' Roll-Legende er ähnlich sieht ...),
der prompt den Marsch mitsamt Gitarre und Katana im Gepäck antritt.
Doch der Weg entpuppt sich als mehr als beschwerlich: wahnsinnige Rednecks, Kannibalen, russische Feldwebel und Astronauten-Zombies stellen sich ihm auf seiner Reise durch völlig zerstörte Städte und karge Wüstenlandschaften immer wieder in den Weg und selbst "der Tod" und dessen Gang sind Buddy dicht auf den Fersen.
Kommt noch hinzu, dass ihm ein ständig nölendes Balg hinterherläuft, dessen Leben er nebenbei mal gerettet hat.
Bleibt Buddy trotz all dieser Strapazen cool ...?

Bereits in den ersten Minuten merkt man, dass SIX STRING SAMURAI kein gewöhnlicher Film ist:
überzeichnete, völlig überdrehte Charaktere in massig klischee-haften Posen, trickreiche Kamerafahrten und - einstellungen und eine Optik wie aus 'nem Bilderbuch vom Ende der Welt ... kurz um: ein Streifen, wie er fast nur einem Comic entsprungen sein kann ...
Und ... *nachforsch* ... *nachforsch* ... das ist er tatsächlich! Ja, zu diesem Streifen gab's eine Comic-Vorlage, die hierzulande aber einen Bekanntheitsgrad von grobgeschätzt 0,0 genießt und welche ich daher mal einfach unter den Tisch fallen lasse.

Optisch ist SIX STRING SAMURAI jedenfalls ganz auf "dirty" und "dusty" getrimmt, Sets und Kulissen sind im staubigen, post-apokalyptischen "Mad Max"-"Tank Girl"-Wüsten-Look gehalten und auch die sehr detailfreudigen Requisiten und Vagabunden-Kostüme wirken wie aus "Waterworld" geklaut.
Die Welt nach dem großen Knall wurde hier trotz eines nicht allzu hohen Budgets, welches man dem Film aber zu keiner Sekunde anmerkt, also überaus gelungen dargestellt.

Ein besonderer Hingucker sind hier die vielen comic-haften Charaktere:
- eine Kannibalen-Familie, die auf herrliche Weise den Mittelstand persifliert,
- der "Tod" (eine exakte Kopie des Guns'n'Roses-Gitarristen Slash), der die Verkörperung der Farbe "schwarz" darstellt und dessen Gesicht immer im Schatten seines Zylinders verborgen bleibt
- und natürlich unser wortkarger Vollblut-Rock'n'Roller Buddy, auch "4 Eyes" genannt, der im Angesicht des Feindes schon gern mal lieber auf seiner E-Gitarre rumjammt, als den Attacken auszuweichen. Er gibt somit nebenbei auch noch eine neue, erweiterte Definition des Wortes "cool" ab ...

Auf die Ohren gibt's außerdem chilligen "Pulp Fiction"-Surf-Rock, der den ganzen Film begleitet.

Die Idee des Kung Fu-Rockabillies ist in der Tat sehr gelungen. Rock 'n' Roll und Schwertkampf scheinen hier, wie bei den Shaolin-Mönchen Religion und Kung Fu, eng miteinander verknüpft zu sein. Buddys Gitarre dient ihm daher auch als Scheide für sein Katana.
Aber nicht nur der vorherrschende Kampfstil lassen Parallelen zu asiatischen Schwertkampf-Klassikern wie "Okami" aufkommen: Unser Titelheld trifft z.B. auf seiner Odyssee durch die Wüste immer wieder auf Kontrahenten, mit denen er sich duelliert,
und auch das ständig jaulende Gör, welches Buddy auf Schritt und Tritt folgt, erinnert schwer an die "Lone Wolf & Cub"-Thematik.
Wer sich jetzt aber auf feucht-fröhliches Katana-Geschlitze á la "Kill Bill" oder "Okami" freut, wird leider enttäuscht werden. Die Schwertkampf-Action ist zwar gut in Szene gesetzt, Blut fließt hier allerdings gar keines, von losen Gliedmaßen schon mal ganz zu schweigen ... :-(

Negativ fällt hier (außerdem ;-) auf, dass es allen Charakteren und der gesamten Story an Tiefgang und Spannung, teilweise sogar etwas an Logik fehlt.
Die Figur des Titelhelden Buddy bleibt wie das Gesicht des "Todes" weitestgehend im Dunkeln und auch sonst scheuert der Streifen nur an der auf Hochglanz polierten Oberfläche.
Die Grundidee Samurai- und Western-Elemente miteinander zu vermengen und diese ans Ende der Zeit zu verfrachten, ist, wie gesagt, sehr originell. Ansonsten fehlt es dem Streifen aber merklich an Witz und Pepp, so dass sich gewisse Längen nicht leugnen lassen.

So, genug der Schelte! Was wir hier vor uns haben, ist nämlich dennoch ein sehr sehenswerter Streifen, ein apokalyptisches Roadmovie und ein Genre-Mix der besonders rockigen Art, zu welchem alle Psycho-Billies und Backyard Barbies, alle Elvis-Imitatoren und Redneck-Zombies, alle Wüstenrennmäuse und Quastenflosser gleichermaßen abschmoven dürften.

"Okami" meets "El Mariachi" meets "Tank Girl" meets "Mad Max" meets "Roadracer" meets ROCK 'N' ROLL!!!
Der King wäre stolz auf euch ...

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