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Rollins' neue Braut - Licht in unseren Seelen

Wenn wir alleine schon den Namen Rollin lesen, dann hat man gerne das Bild vor Augen, welches man sich zurecht aufgrund dieses Namens ausmalt, denn Jean Rollin wird nur allzu gerne als der Macher der Erotikvampire bezeichnet. In Werken Ende der 60er und bis zu dem Beginn der 80er charakterisierte er seine Vampire gerne der hinreissend verführerischen Art, er malte ein erdrückendes Bild weiblicher Dämone, so erschreckend grausam und doch so erschauerlich schön. Eine weiblicher Vampir, kalt, als Sinnbild für die teufliche Finesse der dominanten und hingebungsvollen Frau.

Rollin machte sich alleine mit Filmen wie Die Vergewaltigung des Vampirs (1967), Die nackten Vampire (1970), Sexuall - Terror der entfesselten Vampire (1971) und The living dead girl (1982) diesen und einen Namen, denn innerhalb des immer mehr aufkommenden Trends Anfang der 70er, Vampirismus mit Erotik zu verbinden, fertigte er damit Meisterwerke, die den Begriff Erotikhorror wohl am besten verdient hatten, schaffte er es immer wieder, sein absurdes und dennoch verführerisches Treiben in das perfekte Licht zu rücken. In ein Licht, dass ein solch ähnlicher Regisseur wie Franco immer nur von hinten betrachten musste, wenn auch er traumhaft poetische Werke wie Female Vampire (1971) zu seinem Besten gab. Da ist es kein Wunder, dass Jean Rollin nach einer reihe von belanglosen Werken Mitte der 90er Jahre 1997 mit Jean Rollin's Vampire wieder zurück zu seinen Wurzeln findet, und diese, seine Vorliebe der Vampirfilme mit Draculas Braut, dem hier vorliegenden Film, weiterführt.

Und dabei gelingt ihm zweifellos, wie anders zu erwarten, der vielleicht nicht beste Wurf seiner Karriere, aber ein Werk, so altmodisch abgefilmt, dass es direkt aus den 70ern hätte entsprungen sein können, um es seinen Fans nochmal absolut Recht zu machen. Ein Rezensent mag das wohl als Narrenfreiheit titulieren, aber damit beweist Rollin nur allzugerne die konsequente Verneinung schädlicher "Entwicklungen" und die Leugnung seines Stils, denn Rollin war schon immer dafür bekannt, nahezu hypnotisch seine Szenarien einzufangen, wodurch auch dieser Vampirfilm immer noch nichts für den Massengeschmack sein dürfte, sondern viel eher für den nimmersatten und verwirrten 70er Jahre Psychodeliker, der sich weiterhin nach nacktem Sleaze mit blutüberspitzten Beisscherchen sehnt.

Rollin belebt seine phantastische Vampirwelt simpel, aber immerhin so absurd, dass es viele Kulissen nicht nötig hat, aber immerhin beweist der Anfang erheblich Symphatiecharakter, finden wir uns auf einem gothischen Friedhof wider, so reizend in seinem Erscheinen, dass wir uns schon fast wieder in Friedhof der toten Seelen (1973) befinden könnten, um dann ähnlich kurios einen halbwüchsigen Zirkushofknaben einzuführen, der auf das Blut seiner blassen, Seidentuchbekleideten Vampirdame wartet, die im Abendlufte vor dem Mondeslicht wehend den düsteren Friedhof mitsamt seinen grauen Gruften aus grauenvoller Vorzeit betritt.

Doch die Choose wird beobachtet, denn im Zentrum Rollins Vampirgeschichte stehen zwei Vampirjäger, ein telephatischer Professor und sein junger Genosse, die den Standort von Graf Dracula auffindig machen wollen. Der Weg der Beiden führt sie zu so absonderlichen Gestalten, fernab jeglicher Realität treffen sie auf eine als Parallelwesen getaufte Untertanin und tagesaktive Vampirin, die Kinder isst und wirres Zeug zu reden scheint. Die Stärke Rollins Film liegt sicherlich in den sonderbaren Charakteren, ohne Tiefgang, aber so hingebungsvoll und auf tiefgründig getrimmt, dass es fast schon wie ein bedeutungsvolles Gedicht wirkt, dass zwischen absoluter Belanglosigkeit und verwirrtem Quatsch umherdriftet und so wirkt, als möchte man auf Teufel komm raus ein Bild zeichnen, dass nur allzu kurios wirkt. Das mag viele verwirren, viele belustigen, aber auch viele anregen - zu was auch immer, denn allzu ernst mag und sollte man die teilweise ausufernden Dialoge der verwirrten Persönlichkeiten nicht nehmen, wobei Rollins Schauspiel und die gesamte Ausrichtung sich nicht entscheiden kann, ob es billigster und freiwillig komischer Trash ist, oder eben ein vor Interpretationsmöglichkeiten triefendes Gedicht.

Da erscheint es nur allzu notwendig, dass Rollin das Ganze mit atmosphärischen Szenen vor halb zerfallenen Burggemäuern würzt, unter und vor denen leicht bekleidete Vampirdamen rumbeissen dürfen, um dabei auch ab und an mal mit dem blassen Po zu wackeln. Das ist zwar alles nicht so ausufernd und  gorig wie beispielsweise in Foltermühle der gefangenen Frauen (1977) oder The Living dead girl, weiss aber seinen Zweck zu erfüllen, um nicht ganz in absolut biedere Gefilde abzudriften. Da erscheint es dann auch nicht mehr absurd, wenn Vampirdamen ihre Brüste entblössen, ein Clan namens "Weisser Jungfrauen" mit reichlich seltsamer Weltanschaung und dem Hang zum Wahnsinn ihre Mitglieder "DEM" opfern um dann doch wiederrrum auf hiesiger Burg im Mittelteil des Filmes von Brigitte Lahaie (Fascination, Night of the hunted, Pestizide) hier als Wölfin gastierend, abgeschlachtet zu werden.

Doch immerhin vermag es Rollin seine Geschichte nachvollziehend zu erzählen. Höhepunkte oder Erinnerswertes bleibt dort bisweilen leider aus, aber zumindest wird er seinem Namen gerecht, um dann schlussendlichst, doch noch endlich mal Dracula, nach langem Hin und Her, ein Schauspiel fast schon im Theaterstil, mit seiner auserwählten neuen Braut aus dem Jungfrauenclan verbünden zu können. Da fröhnt Rollin nicht nur seinem bestem Werk Friedhof der toten Seelen (1973), indem er hiesige Strandkulisse mit den Pfählen wiederbelebt, und die Crystal Rose zeigt, sondern auch noch das inszeniert, was er immer seinem Zuschauer mitgeben wollte. Ein Ende das zum Nachdenken anregt, verwunderlich ist um den Eindruck über dieses Werk zu verstärken, dass Rollin hier wieder Alles richtig gemacht hat.

Fazit:
Teilweise erdrückend schöner, atmosphärischer und typischer Rollinfilm, so altmodisch abgedreht, dass er hätte aus den 70ern sein können. Die Choose ist eine Gradwanderung zwischen Trash und unheilvoller, surrealer Poesie, daher nur für Fans seines Stils und nicht unbedingt für Freunde neumodischer Vampirstreifen a la Blade und Underworld. Ein fast schon abschliessendes Werk mit absonderlichen Charakteren, mittem aus dem unwirklichen Leben gegriffen und mit Zitaten versehen, dass man über die ein oder anderen Defizite eigentlich nur noch hinwegsehen kann.

77%

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