Deutschland 1989 – die Wende.
Nach dem Fall der Mauer verlassen Millionen DDR-Bürger ihre Zwangsheimat, um im Westen ihr Glück zu finden. Viele von ihnen kommen nie an.
Der Grund: in einem Grenzdorf auf der Strecke ins Gelobte Land lauert eine Sippschaft von Kettensägen schwingenden Kannibalen den neuen Mitbürgern mit gewetzten Messern auf.
Da heißt’s „Henne Henne Güll Güll!“ für die armen Ossis…
Was kommt dabei raus, wenn man einem nur mindertalentierten und möchtegern-intellektuellen, von sich selbst aber über alle Maßen überzeugten Amateurfilmer, „Titanic“-Leser, Drogenkopf und Kunstlegastheniker ein Remake von Backwood-Sicko Nr. 1, „Texas Chainsaw Massacre“, fabrizieren lässt?
Genau: „Das Deutsche Kettensägen Massaker“.
Nur dass hier eben Christoph Schlingensief auf dem Regiestuhl saß, haha…
Sei’s drum. Schlingensiefs „Kettensägenmassaker“ ist jedenfalls ganz klar als Pondaux zu „TCM“ zu sehen, das viele Motive des Originals aufgreift, ummodelt und für seine Zwecke missbraucht.
Allerdings ist hier alles ein bisschen anders: Den allseits beliebten Leatherface mimt beispielsweise ein fetter Bayer und die halbtote Grandpa-Mumie wird zu einer Art „Psycho“-Mama umfunktioniert.
Doch „Das deutsche KSM“ ist Lichtjahre davon entfernt, als lockerflockige, schenkelklopferfreudige Horror-Parodie durchzugehen.
Nein Mann, was uns der gute Herr Schlingensief hier hinrotzt ist vielmehr der stinkendste Haufen Kuhdung, der je auf Celluloid gebannt wurde.
Der Grund: Schlingensief ist ein sehr politischer, wenngleich auch ein sehr politisch unkorrekter Mensch, der ständig versucht, auf möglichst anstößige, verstörende und anarchistische Weise das System zu untergraben und in Frage zu stellen,
womit dieses deutsche „TCM“ in erster Linie eine Politschelte bzw. –Satire darstellt bzw. darstellen soll.
Haken an der Sache nur: Ich bin kein sehr politisch interessierter Mensch. Um ehrlich zu sein, geht mir Politik sogar richtig derb am Arsch vorbei. Tut mir leid, aber es ist leider so.
Dass ein Nullchecker wie ich den Witz, die vielen heimlichen Ohrfeigen und Andeutungen und überhaupt den Kern des Films nicht ganz zu verstehen vermag, leuchtet ganz klar ein.
Allerdings wage ich zu behaupten, dass selbst Leute wie Harald Schmidt oder Marcel Reich-Ranitzki ihre Probleme damit haben dürften, dem Machwerk hier etwas Positives abzugewinnen und es geistig zu durchdringen, was mich ohne Umschweife zu…
…Grund 2 übersiedeln lässt: die Story dieses filmischen Dünnpfiffs – es gibt keine.
Völlig zusammenhanglose Geschehnisse prallen auf komplett hirnverbrühtes Kauderwelsch, dessen tieferer Sinn und Aussage sich dem menschlichen Logikverständnis voll und ganz zu entziehen scheint. Ein paar Geisteskranke, die während ihres Freigangs ein Home-Video drehen, würden genau so ein Resultat gebären. Da geht mittels geistigen Aufwands echt gar nichts.
Kein Scheiß, Alda, der Stuss der hier gelabert und fabriziert wird, passt echt auf keine Kuhhaut, zumal die Dialoge ferner eigentlich fast nur aus politischen Fraßen und Parolen bestehen (z.B.: „Wir sind das Volk!“, „Die Gedanken sind frei!“, „Deutschland einig Vaterland!“…), welche die hirnamputierten Gestalten hier vor sich hin brüllen.
Als dritten Grund könnte man freilich noch die unansehnliche Handycam-Optik, die hässlichen Darsteller (beides Grundausstattung jedes Schlingensief-Films) und den katastrophal miserablen Splatter, über den sich selbst Jörg Taubert schieflachen würde, hinzufügen, doch diese Mängel sind in Anbetracht der zuvor genannten Unzulänglichkeiten ganz klar das kleiner Übel.
Wo gerade das Stichwort fiel: Wer sich beim Blindkauf dieses Machwerks auf eine Gore-Bombe mit heiterem Eingeweide-Gemantsche eingestellt hat, wird sich vor Enttäuschung wahrscheinlich die Kugel geben. Gesplattert wird hier nämlich fast überhaupt nicht, und wenn, dann, wie gesagt, so schlecht, dass man meinen könnte, das Haus stürze gleich ein.
K, ich hab ja bereits eingeräumt, dass man mit einem etwas geräumigerem Politikwissen und –verständnis hier durchaus ein bisschen mehr durchsteigen kann. Ob das Betrachten dieses Arschpickels unter diesen Umständen dann mehr Spaß macht, wage ich aber zu bezweifeln…
Hier mal ein kleiner Auszug des hier dargebotenen Mindkaspers:
„Was’n das für ein Arsch?“
- „Wessis!?“
„Meenste werklich?“
- „B’stimmt, sonst hupt doch keener!“
„Nu passen se mal uff, ich wieche 58 Kilo und mein Mann, der wiegt bloß 38 Kilo. Mir kommen vo drieben.“
„Brigitte, ich hab das Gefühl hier stimmt etwas nicht.“ (sagt’s und hebt ihre abgetrennten Beine auf)
Leider hab ich in absolut keinster Weise begriffen, was uns Schlingensief mit diesem… ähm „Film“ mitzuteilen versucht.
Kritik an der Wiedervereinigung oder an mangelnden Integrationsbemühungen?
Übertriebene Verbildlichung, wie sich der Westen den Osten „einverleibt“?
Karikierung des „besseren Westens“?
Kein Plan. Der Film liefert allerdings ein Zitat, das Schlingensiefs Beweggründe und saloppe Handführung möglicherweise erklärt:
„In einer Zeit, in der alles möglich ist, ist es unwichtig, ob etwas gut ist oder schlecht.“
Wohl wahr… Egal, mein Fazit:
Die Begriffe „Vollfuck“, „Arschtrompete“ und „kompletter Riesenscheißdreck“ treffen’s zwar nicht ganz, kommen aber schon nah hin.
Bleibt allerdings doch die Tatsache bestehen, dass es sich bei „Das Deutsche Kettensägenmassaker“ um ein doch recht „interessantes“, wenn auch wirklich in keinster Weise unterhaltsames Stück „Film“ handelt, das allen Konventionen und Konfessionen in den Tank pinkelt.
Eben eine Polit-Satire, ein Experimentalfilm oder abstrakter Kunstfilm, handwerklich zwar auf Amateur-Niveau, von der Idee her aber gewiss oder wahrscheinlich alles andere als dumm, Schlingensief hat ja schließlich Abitur, nehm ich mal stark an…
Einerseits also faszinierend wirr, irre, gaga (kannst es nennen, wie du willst), andererseits aber so ungefähr der schlechteste Film, der mir je unter die Augen gekommen ist, was ihn in gewisser Weise ja schon wieder irgendwie gut macht.
Wer einen Splatterfilm mit viel Guts&Gore erwartet, wird jedenfalls gewiss die Enttäuschung des Jahrtausends erleben.