„Die Dope-Identität"
Jesse Eisenberg als Killermaschine wüten zu lassen, ist selbst für die in Mode gekommene Masche des „Gegen-den-Strich-Besetzens" ein sehr witziger Einfall. Abonniert auf verschrobene Außenseiter mit Sozialphobie, ist er so ziemlich der letzte, der einem als hoch gezüchteter Superagent in den Sinn kommt. „American Ultra" lebt genau von diesem krassen Widerspruch, zumal Eisenberg zunächst voll seinem Rollenklischee entspricht.
Der dauerbekiffte Späthippie Mike (Jesse Eisenberg) lebt mit seiner Freundin Phoebe(Kirsten Stewart) in dem verschlafenen Kaff Liman im nicht minder verschlafenen West Virginia. Sein beschaulicher Alltag wird durch den Job als Verkäufer in einem äußerst spärlich frequentierten Supermarkt auch nicht gerade aufregender. Da an ein Verlassen der Stadt aufgrund Mikes Panikattacken gar nicht zu denken ist, bleibt zur Freizeitgestaltung nur noch der exzessive Dopekonsum.
Eisenberg und Stewart reaktivieren ihre Chemie aus der melancholischen Coming-Of-Age-Komödie „Adventureland" und geben ein sympathisches und lebensnahes Loserpärchen. Der Film nimmt sich dafür recht viel Zeit, was den plötzlichen Bruch dann umso radikaler wirken lässt. Denn Mike entpuppt sich nicht nur zur Überraschung des Publikums als Nahkampf-erprobter Schläfer-Agent, dessen geplante Eliminierung Lima in ein blutiges Schlachtfeld verwandelt, auf dem auch John Rambo sich nicht hätte hemmungsloser austoben können.
Den dürren Kiffer Mike als brutalen Jason Bourne-Verschnitt wüten zu lassen, ist trotz der drastischen Gewaltszenen in erster Linie komisch, wenn auch vornehmlich im schwarzen Bereich. Verschärft wird dieser grimmig-zynische Anstrich noch durch Topher Grace, der den CIA-Karrieristen Adrian Yates genüsslich als hassenswerten Bürokratenarsch mit fast schon entwaffnender Skrupellosigkeit zelebriert. Da wird schon mal ein beschauliches Nest unter dem Deckmantel einer Seuchenbkämpfungsaktion zum Abschuss frei gegeben, nur um den letzten Mohikaner der innerbehördlichen Schläferprogramm-Konkurrenz mit Schmackes in die ewigen Jagdgründe zu befördern.
Während Yates also seine „Tough Guy"-Bluthunde mit Oberdobermann Laugher (Walton Goggins) von der Leine lässt, versucht Victoria Lasseter (Connie Britton) die Reste ihres „Ultra"-Programms zu retten und zieht höchstpersönlich in den Kleinstadt-Krieg. Auch bei dieser Konstellation sind die wahre Attraktion weniger die eigentlichen Rollen, sondern die dahinter steckenden Darsteller. Walton Goggins lies schon in „The Shield" und „Justified" seine Fähigkeit zum plötzlich durchbrechenden Wahnsinn aufblitzen und legt hier als labiler Zuchtkiller nochmals eine Schippe drauf. Britton wiederum konterkariert auf amüsante Weise ihr Image als elegante Businessfrau und macht sich wiederholt die manikürten Hände so schmutzig wie blutig.
„American Ultra" wildert sicherlich teilweise in den Gefilden von derben Action-Komödien wie „Hot Fuzz", „Ananas Express", oder auch „Kick Ass". Er zeigt aber in den brutalen Actionszenen deutlich mehr Ernsthaftigkeit, was den parodistischen Einschlag wieder abbremst. Auch die Beziehung zwischen Mike und Phoebe gleitet nie ins Absurde ab und dient als Gegenpol zur brachialen Gewalt.
Möglicherweise hatte Autor Max Landis auch mehr eine bissige „Bourne"-Hommage im Sinn. Die Bezüge mit dem Schauplatz Liman (Doug Liman inszenierte den ersten Bourne-Streifen und produzierte die beiden Sequels) sowie dem geheimen Killeragentenprogramm mit Amnesie-Subplot sprechen diesbezüglich jedenfalls eine überdeutliche Sprache.
Fazit:
Wer Jason Bourne als bekifften Zottel-Twen komisch findet und ein paar gallige Spitzen auf mögliche CIA-Planspiele zu goutieren weiß, sitzt garantiert nicht im falschen Film. Actionanteil und Gewaltlevel bewegen sich im roten Bereich und bilden einen interessanten Kontrast zum wesentlich subtileren Auftakt. Der mehr unterschwellig vorhandene Humor ist schwarz, bissig und auf den Punkt.