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Das Hommagekino lebt, wenn auch teilweise als Videopremiere: Huldigungen an den Actionfilm der 1980er („The Expendables“), die Videospielkultur der Dekade („Pixels“, „Scott Pilgrim vs. the World“) und das Grindhousekino (von den Anfängen mit „Death Proof“ und „Planet Terror“ über „Machete“ und „Hobo with a Shotgun“ bis hin zu „Bad Ass“ und „Turbo Kid“) sind seit einigen Jahren schwer in, weshalb der junge Schwede David Sandberg wohl zum genau richtigen Zeitpunkt um Finanzierung für sein Crowdfunding-Projekt „Kung Fury“ bat.
Doch „Kung Fury“ ist weniger ein Wiederaufleben des schrägen und teilweise trashigen Kinos der 1980er, sondern wirkt eher, als habe man nach einem Videoabend im Vollsuff mit Eighties-Verrücktheiten wie „Dead Heat“, „Buckaroo Banzai“, „The Last Dragon“ oder „Howard the Duck“ diese in der Erinnerung zusammengeworfen (besagte Filme passen auch gut zu einem Double oder Triple Feature mit „Kung Fury“) und alle Klischees des Action- und Fantasykinos der Dekade gleich mit untergebuttert. So ist Hauptfigur Kung Fury (David Sandberg) ein Cop, der seinen Partner bei einem Einsatz verlor und deshalb lieber alleine arbeitet, aber während des gleichen Einsatzes gleichzeitig von einer Cobra gebissen und vom Blitz getroffen wurde, was ihn logischerweise zum Kung-Fu-Experten macht, der auch wildgewordene Spielautomaten wieder zu Räson bringt, wenn dieses „Transformers“-mäßig mutieren. Besagtes Teil steht natürlich in der Videospielarcade und das Spiel, das auf dem Bildschirm läuft, heißt „Laser Unicorns“, so wie Sandbergs Firma.
Als Adolf Hitler (The-Lonely-Island-Mitglied Jorma Taccone), der Kung Führer, durch eine Zeitreise im Miami des Jahres 1985 landet und alle Cops von Kung Furys Revier erledigt, ist klar: Der Mann muss aufgehalten werden. Mithilfe des Hackerspezialisten Hackerman (Leopold Nilsson) reist Kung Fury durch die Zeit um den Kung Führer aufzuhalten…

„Kung Fury“ ist eine Wundertüte der Eighties-Verrücktheiten, komplett überzogen und gleichzeitig liebevoll. Bildfehler und ausgleichendes Tracking erinnernde an die angeblich fehlende Filmrolle in „Planet Terror“, sind aber auch nostalgischer Blick auf die Tücken der VHS (und deren Abnutzung), während für den (bei aller Trashigkeit) schmissigen Titelsong „True Survior“ wurde David Hasselhoff gewonnen und eine Traumsequenz Kung Furys wird als 1980er-Cartoon im Stile von Serien wie „He-Man“ und Co. animiert. Vokuhilas und Modeverbrechern der Dekade werden zur Schau gestellt, Dinosaurier und Wikinger mischen mit, während Texteinblendungen die eindeutigen Namen der Figuren (Kung Fury, Hackerman, Barbarianna) noch einmal in bester Eighties-Manier ins Bild rücken.
Auch inhaltlich wurde an jedes Klischee gedacht und jedes davon noch überzeichnet: Kung Fury, der gefährliche Einzelgänger, soll mit einem korrekten Partner zusammenarbeiten, was er natürlich nicht will (Erinnerungen an den toten Partner inklusive). Dass es sich dabei um Triceracop, eine Mischung aus Mensch und Triceratops handelt, macht das Ganze nur schräger. Hitler und Kung Fury verbindet eine zuvor ungeahnte Hintergrundgeschichte, die der Held erfährt, während er Gegner abserviert und cheesy Oneliner kloppt („You’ve been disarmed!“, „Tank you!“). Das Zerlegen der Gegner findet in grotesk überzogenen Actionszenen statt, in denen Kung Fury nicht nur die Feinde reihenweise kaputt tritt, sondern aus deren Armen einen Behelfsrotor macht (Flugattacke inklusive) oder sich im Stile eines Sidescroller-Videospiels durch deren Reihen kämpft. Diese und andere verrückte Ideen (grandios: die Attacke auf das Polizeirevier und gänzlich unerwarteter Form) machen Sandbergs liebevolle Hommage so sympathisch und lässt nostalgische Gefühle an das Kino (und den Videothekentrash) der 1980er aufkommen.

Obwohl das Crowdfunding-Ergebnis mit 630.000 Dollar weit über dem anvisierten Kurzfilm-Budget von 200.000 Dollar lag (bei einer Million hätte Sandberg einen Langfilm draus gemacht), sind das natürlich Peanuts im Vergleich zu anderen Filmproduktionen. Größtenteils vor dem Greenscreen gedreht ist das Ergebnis eine respektable Leistung, deren bewusst gewählte Künstlichkeit natürlich mit den Anspielungen auf eine nostalgisch verklärte Ära und deren Billigfilme wunderbar harmoniert. Die Neon-Optik Miamis orientiert sich nicht von ungefähr an der Erfolgsserie „Miami Vice“, neben bewussten Zitaten aus „Terminator“, „Zurück in die Zukunft“ und „E.T.“ gibt es jede Menge Parallelen (in Bild, Ton und Handlung) zu anderen Filmen der 1980er, welche die Liebe zum Detail erkennen lassen, die auch handwerklich in den Film geflossen ist.
Doch bevor der Jubel zu groß wird: Perfekt ist Sandbergs Film nicht. Ob der Film seinen Esprit bei Spielfilmlänge bewahrt hätte, bleibt fraglich und auch jetzt sind nicht alle Passagen gleich stark. Die Reise in die Wikingerzeit wirkt trotz des amüsanten Laser-Raptoren-Gags unnötig und stellenweise verfällt der Film unschön ins Blödeln, etwa wenn Kung Fury Thors Waschbrettbauch Respekt zollt oder zwei Nazischergen Diskussionen über ihre Schnurrbärte führen. Dabei ist es ja eigentlich die Stärke des Films, dass er all seine sonstigen Verrücktheiten mit stoischem Pseudoernst vorträgt, so absurd sie auch sein mögen, weshalb diese Klamaukexkurse extrem unpassend erscheinen.

Man wird sehen, was Sandberg aus dieser Grundlage machen wird, egal ob bei einer eventuellen Langversion von „Kung Fury“ oder weiteren Projekten. Mehr Spaß und mehr Ideenreichtum als der teilweise ähnlich gelagerte „Iron Sky“ beweist sein Nazi-Dino-Wikinger-Kung-Fu-Streifen auf jeden Fall, lässt nostalgische Erinnerungen an das Gute wie an das Schlechte der Popkultur der 1980er aufkommen und kann als amüsanter Nonsens überzeugen. Wie das mit Wundertüten allerdings so ist: Sie sind schnell leergefuttert und nicht sonderlich gehaltvoll, zumal wieder noch ein paar weniger gut schmeckende Klamauk-Bonbons mit hineingeraten sind. Der Titelsong „True Survivor“ und das Musikvideo dazu sind aber purer Zucker.

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