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Derzeit bahnt sich ein durch Crowdfunding finanziertes Filmchen seinen Weg durchs Internet, das es Film-Trampern mal wieder so richtig leicht macht, sich pudelwohl zu fühlen. „Kung Fury" heißt der nur eine halbe Stunde lange Kurzfilm, der bei uns in Deutschland zunächst vor allem durch den musikalischen Beitrag David Hasselhoffs aufgefallen war. 200.000 Dollar wollte der Schwede David Sandberg für seinen Trashfilm sammeln. Über 630.000 Dollar sind aufgrund überraschend großer Beteiligung der internationalen Gemeinde zusammengekommen. Noch ein wenig mehr und aus der Sache wäre ein Spielfilm mit voller Länge geworden.

Umfassend gebildete Filmfreunde stehen (auch) auf Trash. Das war schon immer so, ist so und wird immer so sein. Vor allem vor dem Hintergrund der alle Maße sprengenden Budgets völlig überteuerter Hollywood-Blockbuster, die doch auch nur eine minimalisierte (oder überhaupt keine) Story erzählen, mag man auf die sympathische Idee kommen, kleineren Lichtern der Branche und deren mit echtem Enthusiasmus vorgebrachten Projekten auch mal eine Chance zu geben. Das dachte sich auch der Werbefilmer David Sandberg, der, stets die potentiellen Fans im Blick, den Leutchen genau das vorsetzt, was sie sehen wollen: völlig überdrehten Anti-Kommerz.

Wir haben das Jahr 1985. Der Cop Kung Fury ist mit Superkräften ausgestattet, die er dazu nutzt, seine Heimatstadt Miami im sonnigen Florida sauber zu halten. Plötzlich klettert der ebenfalls dauernd umherhüpfende Adolf Hitler aus einer Zeitmaschine, um Fury zum Duell zu fordern. Der Einladung kommt das erwachsene Karate-Kid selbstredend nach und reist mit Hilfe eines Kollegen durch die Zeit ins Dritte Reich, um den bärtigen Hampelmann zu entsorgen. Unterstützt wird er neben seinem Partner von zwei hübschen Wikingerdamen, dem nordischen Gott Thor, einem Polizisten mit Dinosaurierkopf und einem echten Dinosaurier.

Nicht oft klingt eine Story schon im Vorfeld so blöde wie die von „Kung Fury". Das ist natürlich volle Absicht. Je ausgefallener, desto Aufsehen erregender. Dinos und Kampfsport, David Hasselhoff und Nazis. Dissonanter geht nicht. Und Hitler zieht sowieso irgendwie immer. Das Schöne ist, der Mann ist auch jedem Halbgebildeten bekannt, hat keine Lobby und kann deshalb wunderbar als immer wieder gern getretener Prügelknabe herhalten. Natürlich könnte man, wenn es um stockfinstere Gestalten aus der Geschichte geht, auch Josef Stalin oder Mao Zedong zu diesem Zwecke vorladen. Die waren nämlich in punkto Völkermord sogar noch erfolgreicher als der kleine Typ aus Braunau, doch kennt die heute fast niemand mehr. Außerdem waren sie eben nicht so schick gekleidet.

Filmfreundlich, das Ganze. Viel Inventar und Versatzstücke aus dem Kosmos der Achtziger Jahre werden hier zu einem überkochenden Durcheinander an Einfällen zusammengewurstelt, das vor allem von der Liebe zum Genrefilm und seinem rotznasigen Trotz lebt. Und blutig wird es auch. Da werden uniformierte, hinter Gasmasken verschanzte Gestalten mit ihren eigenen Extremitäten verprügelt, Leute durchs Telefon erschossen und Ordnungshüter mit dem Schwert halbiert, sodass vom Gesicht nur noch die Zunge übrig bleibt. Beim Referenzfilmchen „Iron Sky" hätte man sich vor ein paar Jahren ein wenig mehr an solcher Kompromisslosigkeit gewünscht, auch wenn der 2012er Nazi-Unfug natürlich auf das Geld der Kinobesucher angewiesen war.

Gemessen an seinem Budget ist Sandbergs ambitioniertes Filmchen handwerklich ein kleines Wunder. Tricktechnik und Bauten halten (beinahe) Kino-Niveau und unterstreichen bedingungslos den Anspruch der Macher, etwas Empfehlenswertes zu schaffen. Es sollte nicht wundern, wenn man nach diesem Film von dem gut aussehenden Schweden, der hier übrigens auch die Hauptrolle übernimmt, zukünftig noch hört.

Schade, dass die überkandidelte Inszenierung bisweilen in durchaus kindische Blödelei abdriftet und selbst bei der kurzen Spielzeit nicht jeder Spruch sitzt, nicht jeder Gag ins Schwarze trifft. Und wie es um die Halbwertszeit der schrulligen Situationskomik bestellt ist, wird sich zeigen, wenn man den Streifen wiederholt ansieht und dann für sich entscheidet, ob ein Endkampf ohne Endsieg zwischen Adolf Hitler und einem Tyrannosaurus dauerhaft unterhält.

Ob man sich in ein paar Jahren noch an Sandbergs Autorenprojekt erinnert? Ob es nicht nur Wellen schlägt, sondern flutet? Wer weiß. Wir erinnern uns an Peter Jacksons „Bad Taste", der das filmische Trittbrett für einen der größten Regisseure unserer Zeit wurde. Die in Neuseeland gelandeten fettärschigen Außerirdischen, die die Einwohner einer Kleinstadt zu Hamburgern verarbeiteten, wurden nicht zufällig zu einer Art Prototyp des Trashfilms. Nicht ganz so epochal, aber unter Profis nicht unbekannt, ist auch die Toxic Avenger Reihe aus dem Hause Troma, in der ein nuklear verseuchter Nerd zum Superheld mit Wischmopp mutierte. Oder denken wir an den unter Spaßfilmfreunden beliebten „Street Trash", der wie die eben genannten Filme im Jahre 1987 an den Start ging und ein Getränk unter die auf einer Müllhalde lebenden Obdachlosen verteilte, das bei Genuss unterhaltsamer Weise dazu führte, dass man explodiert. Es ging beim an dieser Stelle gemeinten Spartenfilm immer schon ein wenig sinnbefreit zu. Also eigentlich genauso wie heute beim hoch budgetierten Kino. Wer möchte hier den ersten Stein schmeißen?

Drücken wir die Daumen.

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