Review

Cooler heißer Scheiss 

"Dope" ist ein Film, der in Zeiten der Nerds & Geeks, von Retro & Revival, von Hype & Kult, richtig einschlagen könnte. Ein riesiges Publikum steht bereit den super kreativen & ganz feinen Film zu entdecken & lieben. Aber nein, er geht, zumindest im Kino, eiskalt baden, wird kaum gezeigt, gar nicht beworben. Was für eine Verschwendung & Armutszeugnis... hoffen wir, dass er zumindest im Laufe der Jahre & im Heimkino seine Fans findet, wo er (trotz Schönheit) genauso funktioniert wie auf großer Leinwand. 

Zu Story & Stil: drei talentierte, schlaue, farbige Nerds, die extrem sympathisch in den 90ern & auf Retro-HipHop hängen geblieben sind, geraten mal lustig, mal dramatisch in den kriminellen Sumpf ihrer Umwelt von Inglewood L.A. Nun heißt es das Abenteuer überstehen, sich selbst finden, seine Talente nutzen, Vorurteile eiskalt ankreiden & beweisen, dass die Welt heutzutage weder schwarz noch weiß ist, sondern bunt, vielfältig & verdammt lässig (gemacht werden kann). Ganz nebenbei auch ein weiterer Film, der bei den Oscars komplett übergangen wurde & perfekt in die Debatte um die zu weißen & eintönigen Oscars passt.

"Dope" trifft bei mir zu großen Teilen vollkommen ins Herz & gefällt mir richtig gut. Ich mag die HipHop-Kultur, bin zwar kein Nerd, kann mit dem Kram (LPs, Videospiele, Mathe, Klamotten, Comics) aber schon genug anfangen, um die vielen Insider zu verstehen, & habe solch einen frischen Wind im Kino schon lange nicht mehr gesehen. Der Film überschreitet Grenzen, Genres, Hautfarben, selbst wenn er vom Ton oft etwas durcheinander & ungleichmäßig wirken kann. Aber gerade das macht ihn auch so explosiv, überraschend, clever, anders. Funktioniert in seiner OV auf englisch natürlich wesentlich besser als in der bemühten Synchro.

Seine drei Teenager-Hauptdarsteller spielen so cool, authentisch & herzerwärmend, dass man sie nur lieben kann. Ebenso den Retro-Soundtrack (inklusive genialer eigener Songs der 3 als Band) mit einer Creme de la Creme aus Oldschool HipHop von "A Tribe Called Quest" bis "NaS" - eine bessere Auswahl hätte man kaum treffen können, so verdammt passend zu Look, Film & Protagonisten. Pharrel & Co. als Produzenten wissen was sie tun. Herzensprojekt sage ich nur. Apropos Look: wie eine der düsteren Ecken der Stadt der Engel hier eingefangen wird & fast zum eigenen Charakter stilisiert wird, ist aller Ehren wert. Dreckig & rough, aber trotzdem hübsch in Neonfarben.

Manchmal ist es wirklich besonders schade, dass es hier auf ofdb.de keine Zwischennoten gibt - denn dann hätte "Dope" sicher eine 7,5/10 bekommen. Mit einem leichten 90er-HipHop-Bonus ist sogar noch mehr drin & ich bin mir ebenso sicher, dass der Film sehr gut als kommender Kultfilm & für mehrmaliges Sehen taugt. Spätestens wenn er sich dann frisch hält oder sogar steigert, man Neues entdeckt, bekommt er eine noch höhere Wertung. Aber auch so heißt "Dope" zu recht so & ist ein perfektes Beispiel, dass Hollywoods-Indie-Spielfeld immer wieder echte Perlen auswirft, die viel mehr Beachtung verdient hätten. Bei mir in Köln (!) läuft der Film z.B. momentan nur in einem Kino & dort auch noch nur zu grausamen Zeiten, sodass ich extra bis nach Dormagen fahren musste. Eine schändliche Momentaufnahme für die Kinos, die von Vielem zeugt, aber nicht von Qualität oder Unterstützung von Mut, Andersartigkeit & Kreativität. Immerhin hatte ich dort dann das Kino komplett für mich allein - was mir auch noch nicht passiert ist & ein noch traurigeres Bild des Publikums & deren Geschmack zeichnet.

Die Geschichte schwankt zwischen "Superbad" & "Boyz N The Hood", was zwar mutig & fresh rüberkommen kann, manchmal aber auch einfach überambitioniert & zu krass. Mal lebsch & slapstickartig, mal hart & traurig, fast schon wütend in Sachen Chancengleichheit & Ghettodystopie - mit diesem Kontrast muss man erstmal umgehen können. Auch eine Klischee-Liebesgeschichte war jetzt vielleicht nicht unbedingt nötig gewesen. Trotzdem bleibt ein Film, der lange im Gedächtnis bleibt, erst recht wenn man Fan der Materie ist. Das Trio ist einfach nur zum Knuddeln & man gönnt ihnen ihren Erfolg & ihr Erwachsenwerden. Seine stärksten, fast schon vom Stuhl reißenden Momente ala "Whiplash", kamen ganz am Ende, wo klar Stellung bezogen wird, dass "anders sein", ein Vorteil sein kann & dass Schwarze in Amerika einfach weniger Chancen haben als Weisse. Und wer von beiden Seiten Dinge in sich trägt, wie die Freaks unserer Geschichte, die vielen Vorurteile zu ihren Gunsten nutzen können, hat es besonders schwer, aber auch besonders gut. Guckt den Film, dann versteht ihr's ;)

Fazit: der Name ist Programm. Der coolste Film des Jahres mit einem kultig-sympathischem Nerd-Trio, welches Herzen im Sturm erobern wird. Nicht nur für HipHop-Nerds ein feuchter Traum, der sich manchmal tonal verfährt, aber durch Kreativität & Swag alles wieder gut macht!

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