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Wer bin ich, wer will ich sein?

Wer wollte nicht schonmal jemand anderes sein? Reich, schön, beliebt, begabt? Der Protagonist in "Nobody from Nowhere" nutzt seine Maskenbildner-Skills um genau diesen uralten Wunsch umzusetzen - er lebt zeitweise die Leben anderer Leute, weil er sein eigenes Leben & seine Person für recht langweilig hält. Eines Tages gerät er, gar nicht unbedingt so gewollt, tiefer in das Leben eines angesehenen aber eigenbrödlerischen Künstlers als geplant & lernt Liebe, Anerkennung & Zufriedenheit.

"Un Illustre Inconnu", wie er im besser betitelten Original heißt, ist ein klassischer, extrem stilsicherer Thriller rund um das Spiel mit Identitäten & tiefsten Wünschen der oft unzufriedenen Menschen. Obwohl gar nicht immer so viel passiert, der Identitätswechsler nie böse oder mordend vor geht, vergehen die 2 Stunden wie im Flug & selbst Spannungsmeister Hitchcock hätte hier pure Freude. Technisch mehr als solide, in tristen Farben, schauspielerisch hervorragend von Matthieu Kassovitz in mehreren Rollen & eigentlich doch nur einer. Der Mann kann nicht nur top Regie führen, auch als Schauspieler besteht er hier eindrucksvoll eine Feuertaufe. Er haucht dem unsicheren Chamäleon leben & Gefühle ein, obwohl er eigentlich für seine Umwelt ein recht leeres Blatt ist & das auch weiß. 

Ein Thriller für Denker, auch noch über den Abspann hinaus. Hätte der Protagonist sich nicht auch anders ändern können? Was ist Glück? Wie kann man sich verändern? Was ist eine Veränderung wert? Was macht einen Menschen aus? Kann man einen Menschen je wirklich kennen? Der Film wirft philosophische wie auch soziale Fragen auf, ohne einem eine Moral oder Wertung aufzuzwingen. Und es gibt weiterhin kaum ein größeres Kompliment für einen Film, als emotionale Denkanstöße zu geben (spätestens wenn das Verhältnis zum Sohn in spe hinzu kommt) & den Zuschauer ein klein wenig zu verändern. Da verzeihe ich ihm, dass er manchmal Glück, Unglück & Zufall etwas zu lose aufkommen lässt wie er es gerade braucht & ebenso ein paar ungeklärte Fragen ganz gegen Ende. Ein Highlight für Genießer, wie ein gut gereifter Wein, getarnt als Thrillerdrama & Charakterstudie, über einen Menschen, der seinen Charakter erst noch finden, gar erschaffen, erlernen, muss.

Fazit: grandioser, bedachter Thriller über die Identifikation, das eigene Leben & die Möglichkeit der Veränderung!

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