kurz angerissen*
Die besten Filmbiografien sind immer noch jene, in denen es weniger um die Persönlichkeit geht als vielmehr um die Wechselwirkung mit ihrem Umfeld. „Trumbo“ gibt vor, den steinigen Weg eines begnadeten Drehbuchautoren nachzuzeichnen, blickt dem System Hollywood dabei aber still und heimlich mit prüfendem Blick unter die Haube... und attestiert ihm verheerende Gesundheitswerte, die höchstwahrscheinlich auch für das heutige System noch Gültigkeit besäßen.
Auch wenn in den letzten Minuten eine gewisse Bewunderung durchschlägt für den Mann, der gegen so viele Widerstände ankämpfen musste (eine offenbar unumgängliche Konvention dieser Filmsorte, die viel mit posthumer Würdigung zu tun hat), unter dem Strich geht es nicht darum, wie entschlossen Trumbo trotzdem seinen eigenen Weg ging. Vielmehr wird der Leuchtkegel auf die Verursacher gelenkt: Warum reflektiert die Oberfläche der glamourösen Starfabrik nicht den geringsten Funken Wahrheit darüber, nach welcher Logik sich die Zahnräder von innen tatsächlich drehen?
Noch heute werden einzelne Akteure aufgrund moralischer Verfehlungen öffentlichkeitswirksam an den Pranger gestellt und verurteilt von Institutionen, die im Grunde nur der eigenen Verurteilung entgehen möchten; wie das Schwarze Loch, das dem Mond seine dunkle Seite vorwirft. Zu Zeiten des Kalten Kriegs ging es dabei eben um kommunistisches Gedankengut, das zu zensieren sei. Die Metapher der Zensur ist allgegenwärtig: Über die Blacklist werden Drehbücher aus dem Verkehr gezogen, über das Ghostwriting Identitäten verschleiert. „Trumbo“ entwirft das glamouröse Bild eines stolzen Hollywood, so blütenweiß und vornehm wie Bogarts Smoking in „Casablanca“, dominiert von Hardlinern wie John Wayne (David James Elliott) und Hedda Hopper (Hellen Mirren). Es ist aber zugleich ein Ort der Angst vor der roten Bedrohung, nicht zuletzt vor der Macht des Wortes; schließlich könnte sich gerade ein Drehbuchautor relativ einfach Zugang zum Bewusstsein der Bevölkerung verschaffen und ihre Gedanken vergiften.
Der interessante Kniff des Skripts von „Trumbo“ liegt darin, dass das hier gezeichnete Hollywood trotz seiner Ängste und Vorbehalte auf Autoren wie Dalton Trumbo angewiesen ist. Das Prinzip der Ausnutzung wird hier kongenial auf den Kopf gestellt: Erscheint es zunächst so, als werde die Notlage des Autoren mit dem ruinierten Ruf ausgenutzt, so ist es tatsächlich er, der die Lücken im System angreift, und zwar effektiver als seine Arbeitskollegen, die sich in Verweigerung üben. Die daraus bezogene Genugtuung empfindet man natürlich ebenfalls nur durch das manipulative Drehbuch von John McNamara, nichtsdestotrotz ist es wohltuend, die Entwicklung zu verfolgen – insbesondere mit den teils wirklich brillant getroffenen Hollywood-Altstars, unter denen die Verkörperungen Edward G. Robinsons (Michael Stuhlbarg), Kirk Douglas' (Dean O'Gorman) und Otto Premingers (Christian Berkel) ganz besonders herausstechen. Auch Bryan Cranston ist wie immer ein Erlebnis.
Darüber hinaus lohnt sich „Trumbo“ einfach für jeden, der gerne auf die goldenen Zeiten der amerikanischen Filmbranche zurückblickt. Das Produktionsdesign ist eine Wucht. Süße Nostalgie ist durchaus erlaubt, wird aber mit einer großen Portion bitterem Gemüse gereicht. Alles im Sinne eines gesunden Rückblicks, aus dem man hoffentlich die entsprechenden Rückschlüsse für die Gegenwart zieht.
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