In Zeiten horizontaler Erzählebenen selbst bei eigentlich solo gedachten, losen Krimis wie „Tatort“ haben es naturgemäß klassische Anthologie-Streifen, bei denen nur nebeneinander stehende Kurzgeschichten wie Kapitel abgehandelt werden, schwer, für Begeisterungsstürme zu sorgen. Aus diesem Grund war man gespannt auf „Das Märchen der Märchen“ von Matteo Garrone, der drei hierzulande wenig bekannte Erzählungen des Neapolitaners Giambattista Basile verarbeiten würde. Da geht es zum einen um die Königin von Longtrellis, die nur durch einen heidnischen Zauber zu ihrem Kinderwunsch kommt. Doch dieser Zauber hat auch eine Kehrseite: eine Magd bringt zur selben Zeit ein Kind zur Welt, welches dem Prinzen Elias bis aufs Haar gleicht. Dieser Jonah und Elias freunden sich an, treiben es aber mit ihrem Rollentausch so weit, dass die Königin beschließt, Jonah zu töten. Derweil ist der König von Strongcliff vom Gesang einer alten Färberin derart begeistert, dass er glaubt, eine junge Dame singen zu hören. Und weil der König sie nicht gesehen hat, macht er ihr den Hof. Letztendlich willigt die Alte ein, bei totaler Dunkelheit das Bett mit dem König zu teilen und so nimmt das Schicksal seinen Lauf. Da hat es Violet, die Tochter des Königs von Highhills nicht wirklich besser: durch einen Wettbewerb, der ihr einen Ehemann garantieren soll, gerät das Mädchen an einen Menschenfresser.
Das oben beschriebene Dilemma hat Garrone recht gut umschifft, in dem er die drei Märchen immer wieder miteinander verwoben und in eine gewisse Parallelität gebracht hat, d. h. sein Film teilt sich nicht in die einzelnen Episoden auf sondern kommt quasi wie aus einem Guss daher. Das macht die Sache insgesamt wirklich etwas spannender. Durch ein opulent zu bezeichnendes Maß an Drehorten, Sets, Bauten und Kostümen haben die Macher von „Das Märchen der Märchen“ zudem dafür gesorgt, dass die Optik über weite Strecken der doch nicht gerade kurzen Laufzeit vom Inhalt abzulenken vermag. Doch, halt, ganz so abgelenkt ist man nun doch nicht, denn schnell wird klar, dass eine gewisse Zähheit über der gesamten Inszenierung liegt. Gepflegte Langeweile macht sich des Öfteren breit, obwohl man partout auch dem Ausgang der drei Erzählungen entgegenfiebert. Dass dabei die einzelnen Märchen nicht unbedingt zur Befriedigung aller Zuschauer so enden wie bei denen der Gebrüder Grimm und auch mit so manchem skurrilen (Fantasy-)Detail überraschen, liegt offenbar an ihrer neapolitanischen Herkunft. So erinnert Matteo Garrones „Das Märchen der Märchen“ vom Stil aber auch von der durchaus spürbaren Sperrigkeit her an so manchen Tarsem-Singh-Film, beweist aber auch den Willen, sich von den üblichen Popcorn-Plattitüden aus Hollywood abzugrenzen. Bildformat: 2,35:1. Mit Salma Hayek, Vincent Cassel, Toby Jones, Bebe Cave u. a.
© Selbstverlag Frank Trebbin