„Back to the good old days"
Wehmut und Demut sind für sich genommen sicher keine schlechten Eigenschaften, dienen sie aber als Hauptmotivation eine fanatisch verehrte Filmreihe fortzusetzen, oder wieder zu beleben, dann können sie sehr schnell in einen Morast aus Peinlichkeiten, Stagnation und bräsiger Redundanz führen. Von schöpferischer Freiheit und Aufbruchstimmung mal ganz abgesehen, schließlich drohen radikale Veränderungen das Original zu beschädigen oder gar ad absurdum zu führen.
So gesehen war die Idee, sich für Teil 5 der „Terminator"-Saga in Ton und Atmosphäre möglichst eng an die beiden gralsgleich vergötterten Beiträge James Camerons anzulehnen, von vornherein eine zweischneidige Angelegenheit. Zwar war der echte Fanboy von der wiederkäuenden Einfallslosigkeit des dritten Teils so enttäuscht worden wie er von dem jegliches Gespür für die Besonderheiten des Franchises vermissen lassenden CGI-Gedöns des dritten Sequels gelangweilt war. Andererseits drängt sich bei einer bewussten Hommage erst recht der Vergleich zum Original auf, so dass der Erfolg kaum wahrscheinlicher scheint.
Sicher keine einfache Situation für die Macher, zumal auch die Titelrolle eine mehr als ambivalente Angelegenheit darstellt. Zweifellos ist Arnold Schwarzenegger Aushängeschild und Identifikationsfigur der Reihe, was insbesondere bei seinem Fehlen im vierten Film deutlich wurde, der sich einfach nicht mehr wie Terminator anfühlte. Andererseits ist die große Zeit des einstiges Actionsuperstars längst vorbei, was angesichts einer langen Politkarriere und seinen fast 70 Jahren weder eine Schande noch verwunderlich ist.
Zumindest für dieses vermeintliche Paradoxon findet „Terminator: Genisys" eine zwar simple, aber dennoch erstaunlich gut funktionierende Lösung. Das menschliche Gewebe über dem metallischen Endoskellet des Kampfrobotors altert genauso wie bei der imitierten Spezies. Und da sich die Autoren eine neue Zeitlinie ausgedacht haben in der der T800 von 1984 bis 2017 durchgängig auf der Erde verweilt, darf Schwarzenegger nun ganz offiziell - weil zwangsläufig gealtert - als Opa-Terminator mit dem selbstironischen, allerdings etwas zu penetrant aufgesagten Mantra „Ich bin alt, aber nicht veraltet", durch den Film stapfen.
Altbekannt ist auch die Basishandlung. Wieder einmal gilt es Sarah Connor („Game of Thrones"-Queen Emilia Clarke), die Mutter des späteren Anführers gegen die Herrschaft der Maschinen, vor einem Mordanschlag via durch die Zeit gereister Killer aus der Zukunft zu beschützen. Und wieder einmal spielen der T800 (Schwarzenegger) und Widerstandskämpfer Kyle Reese (Jay Courtney) dabei einen entscheidende Rolle.
Überhaupt macht die nerdige erste Filmhälfte überraschend viel Spaß, sofern man sich als Fanboy auf die augenzwinkernde Zitier-Begeisterung einlassen kann. Ähnlich dem zweiten Teil der nicht minder berühmten Zeitreise-Trilogie „Back to the Future" werden ganze Szenen aus dem Original fast 1:1 nachgestellt. Durch die neue Zeitlinie treten dann aber zunehmend leichte Veränderungen auf, die dann immer weiter von der bekannten Ursprungshandlung weg führen.
Dabei verheddert sich der Plot allerdings zunehmend in allerlei Ungereimtheiten und Logiklöcher, was er mit Nolanscher Erklär-Wut mehr schlecht als recht zu kaschieren versucht. Am Ende hat man jedenfalls längst den Überblick über die verschiedenen Zeitebenen verloren, was wiederum immerhin mannigfaltige Möglichkeiten für weitere Sequels bietet.
Ob Schwarzeneggers T800 da noch mit von der Partie sein wird ist mindestens fraglich, wenn man sich aber natürlich auch diese Option offen gelassen hat. Die runderneuerten Kyle Reese und Sarah Connor sind dagegen schon aus Kontinuitätsgründen unverzichtbar. Wenigstens wirkt Jay Courtney nicht so fehlbesetzt wie in „Die hard 5" und Emilia Clarke hat durchaus die Qualität auch ohne Cyborg-Papi Arnold zu bestehen. Ohnehin hat die bereits in „T2" einsetzende Vermenschlichung der einstigen Killermaschine spätestens hier einen Grad erreicht, der besser nicht weiter ausgebaut werden sollte. Ähnlich wie im dritten Teil giebt es auch in „Terminator: Genisys" eine Reihe missglückter Kalauer und Fremdschäm-Momente, die dem Nimbus der Figur nicht unbedingt zuträglich sind. Womit wir beim Kern möglicher Kritiker-Angriffe wären.
Trotz aller Beteuerungen und durchaus erkennbarer Bemühungen gelingt es Regisseur Alan Taylor („Game of Thrones", „Thor - The dark kingdom") nicht, Düsternis, Bedrohlichkeit und Nihilismus der Cameron-Streifen zu kopieren. Alles wirkt eine Spur zu bieder, zu brav, zu massentauglich und familiengerecht. PG-13 und „ab 12"-Freigabe sind die logische Konsequenz und klar berechtigt.
Auch vom Sarkasmus und Zynismus der Actionszenen ist nicht mehr viel zu spüren. Diese wirken wie aus den zahllosen, aktuellen Comic-Verfilmungen importiert. Krachend, aber nicht energetisch. Aufwändig, aber nicht kreativ. Vehement, aber nicht verstörend. Ähnlich verhält es sich mit den Spezialeffekten. Alles wirkt modern, wertig, teuer - und austauschbar. Der fast 25 Jahre ältere „T2" dagegen hat seinerzeit neue Standards gesetzt und wirkt selbst heute noch frisch.
Was bleibt also vom zweiten Reboot-Versuch nach 2009? „Terminator: Genisys" macht gedanklich vieles richtig, ist aber in seiner Ausführung zu zaghaft und inkonsequent. Der nostalgische Hommage-Gedanke ist reizvoll, verliert sich aber zu sehr in visuellem Kopieren und vernachlässigt dabei Atmosphäre und Ton. Die Actioneinlagen sind zahlreich und laut, aber in Ausrichtung und Wirkung zu beliebig und leicht verdaulich. Das Weiterspinnen des Zeitreise-Gedankens ist interessant, aber zu unlogisch und wirr geraten. Schwarzenegger glänzt in einer clever durchdachten Neujustierung seiner berühmtesten Rolle, wird aber zu sehr auf den launigen Sprücheklopfer reduziert.
Kurz: weniger Wehmut und Demut, dafür eine größere Portion Wagemut hätten für die Terminator-Serie einen kraftvollen Neuanfang bedeuten können. Die gemessen am James Cameron-Duo enttäuschenden Sequels 3 und 4 werden von „Terminator: Genisys" nicht entscheidend übertroffen, geschweige den vergessen gemacht. Für den Terminator-Fanboy ist das Spektakel je nach Stimmung und Erwartungshaltung eine zwiespältige Angelegenheit. Im unübertroffenen Original war das lakonische „I´ll be back" als Drohung gemeint. Im fünften Teil werden einige den Spruch als eine solche auffassen. Oder eben auch nicht. Schließlich ist wenigstens ein Terminator-Mantra nach wie vor so unmissverständlich wie wahr: „Die Zukunft ist noch nicht geschrieben".