Komödien, noch mehr Komödien, Romantische Komödien, ein paar Dramen, nichts, was viel Geld kostet, und zwischendurch immer mal ein vereinzelt daherkommender, wie versprengt wirkender Beitrag aus den Genres Action oder Horror. Dies sind die derzeitigen Bestandteile des Hongkong - Kinos, das früher in den Achtzigern und Neunzigern einen lockenden Ruf für alle Welt da draußen hatte und heute nicht mehr. Nicht bloß der Ausstoß an Produktionen ist zu gering, sondern auch die Verteilung an Inhalt und Form selber und der Rückzug auf zumeist lokal ansprechende Themen, die für den westlichen Markt, die Langnasen von außerhalb, im Grunde von zu wenig Belang und Interesse ist.
2014 hat zur Zeit des Chinesischen Neujahrs Matt Chows Golden Chickensss (2014) die einheimischen Kinokassen gestürmt, wurde nach dem Erfolg gar um eine um wenige Szenen veränderte Langfassung erneut in den Start um die Gunst der Stunde und das Penunzen der Öffentlichkeit geschickt. 2015 geht die Abwandlung davon in das Rennen, theoretisch und irgendwo auch praktisch das gleiche Spiel, dass diesmal nur den Gimmick der Geschichte mehr strapaziert und auch überstrapaziert und gleichzeitig das Bild der Geschlechter umdreht; nur um es dann wieder umzudrehen und dann noch einmal, nun in die komplette Schräglage zu verkehren:
Als der Cantonese Opera Lehrer Mr. Lo [ Anthony Wong ] durch Freunde vom Schicksal ihres gemeinsamen Bekannten Future Cheung Kan-loi [ Sandra Ng ] erfährt, macht er sich prompt auf die Suche nach dem ehemals als Oberstecher und Supergigolo geltenden Frauenschwarm, der nunmehr in die Untiefen Bangkoks abgetaucht ist. Lo findet den Gestrandeten als viertklassigen Animateur in einem Club, fern jeder körperlichen Form und auch psychisch durch eine unglückliche Affäre/Betrug mit einer ihn vermeintlich liebenden, aber nur ausnutzenden Frau [ Michelle Chen ] bar jeder Kraft und Selbstbewusstseins. Zurückgeschleift nach HK, wird Future in den Kreise der ebenso eher im Beruf und an dem weiblichen Geschlecht scheiternden Nebula [ BabyJohn Choi ], dem ehemaligen Broker Chan Sau-yan [ Wilfred Lau ] und dem früheren Bauarbeiter Hak [ Patrick Keung ] und als Quartett als allererstes in die Beglückung der vom Alter her stattlichen Aunt May [ Lisa Lu ], Bewohnerin des Pflegeheimes von King Sum [ Simon Yam ] entlassen. Weitere Aufträge führen sie in den Arbeitnehmerdienst vom Zuhälter Lincow [ Wyman Wong ], wobei Future von der heimlichen High School Liebe Ma Chi-kin [ Nicholas Tse ] engagiert wird und mit der potentiellen Möglichkeit des Auftrittes als Backgroundtänzer bei der angekündigten Spendengala der berühmten Leung Li Siu-sai [ Joey Yung ] auch ein ganz neuer Berufszweig winkt.
Der Stoff von den männlichen Prostituierten, die nun statt den Frauen ihre Körper und auch ihre Seele verkaufen, ist dabei noch gar nicht einmal neu und wurde erst kürzlich in dem wesentlich ausgewogenen und in allen narrativen Bereichen überlegenen The Gigolo, einem Überraschungshit aus dem Nichts, von einem Debütanten statt dem langjährigen werkenden Chow erzählt. Wo dort nur Einer, der Titelheld an den Start geht, sind es hier ebenso offensichtlich im Verweis einige Jungs und Männer mehr. Da gibt es die Alten, die es immer noch bringen müssen oder auch wollen oder doch den verdienten Ruhestand gefunden haben, um auf andere Art und Weise ihr Wissen und Können an den Mann, respektive hier die Frau zu bringen. Da gibt es die Jungen, die noch lernen müssen. Und es gibt Future Cheung, der schon alles erlebt hat, aber nun noch einmal von einem anderen Stand- und Startpunkt, nämlich dem ganz unten und angesichts veränderter Zeiten, Menschen, Umstände das Leben und den Beruf noch einmal erlebt.
Die Handlung, schon von Beginn an episodenhaft, dann kurz zusammengeschnürt und dann wieder in Episoden gezerrt, trägt dabei keine 80min an Ideen und hat ausgerechnet an der Prämisse hinter der Kamera mit den Geschehnissen vor ihr am meisten zu kämpfen und zu tun. Denn Future Cheung, der Mann, wird von einer Frau, Sandra Ng, gleichzeitig auch die Produzentin gespielt. Ein Einfall, der im Nachhinein mehrere Fragen des Warum, der Begründung für diesen Clou aufwirft; sind die wenigen positiven Faktoren, die man dort hinein interpretieren kann, all den Aufwand und das Ergebnis – eines überhaupt nicht funktionierenden Filmes nämlich – eigentlich nicht wert.
Dass Ng aus ihrer sonstigen Rolle der eher etwas lärmenden Ulknudel schlüpfen kann, die sich seit Jahr und Tag nicht zu schade für alle Albernheiten und Dummheiten ist, ist längst mit Ausflügen auch in ernste Belange bekannt. Selbst die maskulin scheinende Sister 13 in Raymond Yips Triadenwerk Portland Street Blues (1998) wurde von ihr glaubhaft verkörpert; das Vorhaben gelang dort allerdings, weil sich der Mensch den Umständen anpasste und nicht vorgab, etwas zu sein, und hier nur Kostüm und Schminke und der hohle Humbug an der Tagesordnung sind. Die Figur des Future wird nie zum Leben erweckt, da nichts daran echt ist, was das ganze Brimborium um auch Gefühl und Leid und Verlust, aber auch Hoffnung und Spaß und Kameradschaft ad absurdum und in das Leere führt.
Was bleibt sind anfangs ein paar wenige Gags, die zum Schmunzeln einladen, zum richtig und befreit Loslachen aber nicht sind. Was bleibt sind ein Großaufgebot an Stars, die für Klein- und Kleinstrollen anwesend und auch wie für ein Benefiz, also mehr oder minder gar nicht, nur halt für den Showeffekt integriert sind. Zählen und Sattsehen darf man sich an u.a. Anthony Wong und Louis Koo, Simon Yam und Nicholas Tse, Vicki Zhao Wei, Eason Chan, Carman Lee, Chrissie Chau, Fiona Sit, Lo Hoi-pang und noch so viele Mehr, die für Unsereins allerdings nicht bedeutsam und vom Aussehen her wohl ebenso wie auch die Auftritt der Regiekollegen Derek Kwok und Wilson Yip gar nicht erkennbar sind.
Was noch bleibt ist das lähmende Gefühl, dass diese neue Kino aus HK, der Sonderverwaltungszone, dieses Eiland vor dem Mutterriesen China, diese letzte Bastion, bis auf die ganz wenigen 'Ausrutscher', die doch ab und an mal passieren, so relativ egal und banal und irgendwie steril, wie ein großes, leeres, aufgeblasenes und affektiertes Nichts geworden ist. Außenaufnahmen sind rar, man sieht im Grunde nichts mehr von der Stadt selber, immer nur den Puff und den Club und sonstige Behausungen – keine 'richtige' Wohnungen – von innen mehr. Feiern wollen sie irgendwie alle, das fällt auch in den anderen Werken auf, aber selbst da entwickelt sich kein richtiger Rausch mehr, sondern ist auch das seltsam leer und leblos und wie müde Gemeinschaftspflicht. Bunt ist die Inszenierung noch, aber schnell oder eher beizeiten auch wie komplett schon sättigend und übersättigt selber, was absolut kein gutes Zeichen ist.