Review

Everest (2015)

Als hauptberuflicher Höhenängstler, dem es schon leicht schummerig wird, wenn er auf der vierten Stufe einer Puppenhaustreppe steht, habe ich dementsprechend frostigen Spaß an Bergsteigerfilmen. Erst recht wenn es um den monströsen Mount Everest geht. Einer der Seven Summits, eine Bezeichnung für die jeweils höchsten Berge der sieben Kontinente.

Inzwischen habe ich viele Dokus und Filme gesehen, EVEREST (2015) war mit Abstand der schwächste Beitrag. Trotz illustrem Cast dürftig und zu emotionslos gespielt. Die Rolle von Jake Gyllenhaal hart an der Grenze zum Affigen, Jason Clarke als Hauptdarsteller wirkt kaum, von filmtragend will ich erst gar nicht sprechen, Michael Kelly als der echte Jon Krakauer, auf den ich später noch kurz kommen werde, bleibt blass, und so zieht es sich leider durch alle Rollen. Die Damen am Funkgerät wirken unecht und soapartig aufgesetzt.

Gerade bei der realen 1996er Tragödie gab es neben enormer Dramatik auch viele Kontroversen, beides kann dieser Film leider nur spärlich vermitteln. Ein Sturm, ein bisschen Schneegestöber, 2,3 packende Szenen, eine gefährliche Gletscherspaltenüberquerung und vieeeeel Gelaber und Gäähn. Massentourismus, Müll-Problematik oder die vielschichtigen Probleme die sich im Speziellen am Everest auftun bleiben weitestgehend im Dunklen. Hier und da mal kurz angerissen, schwach. Der Versuch sich dann wenigstens auf eine bessere Charakterzeichnung zu konzentrieren und Emotionalität ins Spiel zu bringen, scheitert. Die Beweggründe, die Differenzen die es zwischen den Teams und Protagonisten gab, bleiben auf der Strecke. Auch hier bleibt es bei kurzen Anrissen und danach wird erst mal gesungen und gesoffen, damit man am nächsten Tag auch fit ist für den läppischen Everest. Der Film ist weder eine sachlich-zurückhaltende, fundiert aufbereitete Schilderung der wahren Ereignisse (Jon Krakauer z.B., 1996 selbst dabei und Buchautor über die Ereignisse, sagt zum Film: It's total bull (totaler Unsinn)), noch ein packender, auf wahren Ereignissen beruhender SPIELfilm zum frostigen Nägelkauen.

Die ganze Wucht, diese unbändige, unmenschliche Naturmacht die dich zerreißt, dir viel mehr als alles abfordert, dieses 'dreckige' wunderschöne MountainMonster Everest, habe ich hier nicht gesehen. Eher so einen mittelhohen Hügel, mit hier und da mal ansatzweise Uaaah ist das hoch- Eindrücken, ein wenig Kunstschnee und 3,4 brauchbaren Szenen. Für einen gut zweistündigen Film bleibt es überraschend undramatisch und nur bedingt spektakulär in Szene gesetzt. Erst recht bei einem Budget von 55 Millionen $. (an anderer Stelle ist gar von 65 Millionen $ die Rede). Da floss das Geld wohl in die falsche Richtung, called Darstellerstars. Tja, nur spätestens wenn alle in einen feinen Kunstschneemantel gehüllt sind, erkennt man vor lauter Hektik eh nicht mehr wer wer ist. Die Sturmwolken sind natürlich schön. ...

Als Vergleich, auch wenn dieser natürlich sehr hinkt, ziehe ich mal die Doku-Serie 'Everest-Beyond the limit' heran. Bei dieser dreistaffeligen Doku hat man das Gefühl jeden mühsam erkämpften Zentimeter den Berg hinauf, jede Windböe, jedes Knacken im Eis, jede Schneeflocke live mitzufühlen. Jede Folge dieser Dokuserie eine Tortour, auch für den Zuschauer. Da ist man fix und fertig nach der Sichtung und sucht im Schrank nach einer vollen Sauerstoffflasche. Und genau dies fehlt dem Film.

Fazit: Ich habe mich 2 Stunden beinahe gelangweilt. Wer diesen Film aber spannend findet, dem empfehle ich bei der erwähnten Doku Finger- und Fußnägel abzubinden, denn sonst kaut man sie alle ab, Finger und Zehen wahrscheinlich gleich mit. Heizung aufdrehen und angucken! Für den Film bleiben:

4 von 10 langweilig-undramatischen CGI-Schneeflöckchen

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