Review

"Die Strassen Harlems" der im Original "Paid in Full"(angelehnt an Eric
B. & Rakims Hip Hop Klassiker) heißt, ist eine auf wahre
Begebenheiten beruhende Milieustudie, verpackt in ein dramatisches
Einzelschicksal. Erzählt wird die Geschichte von Ace, einen etwas
schüchternen und stillen Jungen der in den 80er Jahren in einer
Reinigung in Harlem jobbt und wie viele andere davon träumt, eines
Tages dem tristen Ghetto-Alltag zu entfliehen. Die Möglichkeit bietet
sich ihm auch bald an, als er eher zufällig die Bekanntschaft mit Lulu
macht. Einen südamerikanischen Drogenhändler der ihm den Deal seines
Lebens anbietet und ihn von nun an, mit erstklassigen Koks zu
Großhandelspreisen beliefert. Klar, das Ace mit dem lupenreinen Stoff
und
der "Geiz ist Geil" Attitüde innerhalb kürzester Zeit, zum Obermacker
Harlems aufsteigt. Doch das Rampenlicht ist nicht sein Ding, eher still
und im Hintergrund agieren das ist seine Art. So ist er auch heilfroh,
als endlich der charismatische Gangster und sein bester
Kumpel Mitch(Mekhi Phifer), endlich aus dem Knast kommt und ihm kräftig
beim pushen hilft. Zusammen mit dem etwas undurchsichtigen und vor
allem
unberechenbaren Rico(gespielt von US-Gangstarapper Cam'ron), werden die
drei so etwas wie die "Goodfellas" Harlems und streichen bald maßig
Kohle ein. Aber wer "Scarface"(der hier auch mit ein paar Szenen aus
dem Film gehuldigt wird) kennt, weiß das mit dem Erfolg auch die Neider
kommen...





Mehr möchte ich eigentlich nicht verraten, aber auch wenn
das Ende jetzt vielleicht vorraussehbar wirkt hat der Film durchaus
seine Stärken. Produziert wurde der Streifen von Jay-Z's Sublabel
Roc-A-Fella Films. Das erklärt wohl auch die Schauspieleinlagen von
Camron sowie den Cameo Auftritt von Jay-Z's rechter Hand und
Roc-A-Fella's zweiten C.E.O, Damon Dash. Der auch der ausführende
Produzent des Films war und großen Wert auf Authentizität (er und
Camron
sind selber in Harlem aufgewachsen) legte. Die Geschichte des größten
Koksdealers in Harlem der Achtziger wird hier durch Ace dargestellt. In
der Realität wurde diese Figur durch drei Schicksale realer Personen
zusammengeworfen, wie Regisseur Charles Stone III im Regiekommentar
preisgibt. Nachdem sich Roc-A-Fella
Films mit dem billigen Machwerk "State Property" nicht gerade mit Ruhm
bekleckert hat, hatte ich durchaus meine Zweifel was die Qualität des
Streifens angeht. Der X-te Gangsterflick, mit miesem Drehbuch, mieser
Regie und ein paar kläglichen Schauspielversuchen von einigen US-Hip
Hop Größen. Mit dieser Erwartungshaltung bin ich an den Film
herangegangen und wurde dann doch zu meinen Verwundern überrascht, denn
wenn auch "Paid in Full" im Großen und Ganzen nichts neues erzählt, ist
er doch recht kurzweilig und spannend inszeniert. Eine authentische
Härte, sowie die doch durch die Bank weg guten Schauspielleistungen
aller Protagonisten zeichnen den Streifen aus. Selbst Camron weiß in
seiner Rolle zu überzeugen(wobei er eigentlich nur einen Stereo-Typen
Gangster spielt, der an seine durchgeknallten Hip Hop Videos mit ihm
und seiner seine "Diplomats"-Crew erinnert). Die Charaktere sind
allesamt gut gezeichnet und wirken nicht so schablonenhaft und
eindimensional nur aufs klischeehafte Gangstageprohle reduziert. Dieser
Umstand ist auch wichtig, da der Film fast nur von seinen Darstellern
lebt. Die Kamera zeigt oft Gesichter in Nahaufnahme. Es werden vor
allem die Personen, mit ihren Konflikten und Beweggründen
durchleuchtet. Actioneinlagen sind hier eher selten anzutreffen. Anders
als aufgrund des posigen Covers vielleicht erwartet. Und wenn, wirken
sie nicht selbstzweckhaft und fügen sich gut in die Geschichte ein.
Trotzdem ist der Film roh genug um über die volle Laufzeit zu
unterhalten und keine Längen aukommen zu lassen. Regisseur Charles
Stone III, bedient sich hier und da,
bei ein paar anderen Gangsterklassikern. Wie dem bereits erwähnten
"Scarface" oder "Goodfellas"(die Rolle von Camron's Rico, erinnert
schon etwas an die cholerischen Ausbrüche Joe Pesci's als Tommy De
Vito). Zudem peppt er seine Geschichte mit schönen Schnitten,
zeitversetzten Erzählsträngen, sowie einer recht edlen Kameroptik auf.
Schön fotografierte Bilder mit einem Schuss Melancholie.





Den Genre-Primus "Menace II Society" wird "Paid In Full" wohl nicht
den Rang ablaufen können, denn dafür ist der Film im Gesamtkontext
vielleicht etwas zu unspektakulär. Etwas mehr Action hätte hier
tatsächlich nicht geschadet. Zudem ist die Geschichte nicht besonders
innovativ. Da, aber der Streifen autobiografische Züge aufweist und vor
allem erstklassig inszeniert ist hat er im Black-Cinema-Genre durchaus
das Zeug zum Klassiker. Alles in allem ein sehr gelungenes
Ghetto-Drama mit
einem tollen Soundtrack(eine Doppel CD, bei der auf der ersten CD, 80er
Jahre Klassiker von Genesis, Rakim etc. drauf sind, auf der zweiten
eine Compilation von Roc-A-Fella Artists u.a. Camron, Beanie Sigel,
Freeway).





Fazit: Für Leute die mit Sozialdramen ala Boyz N' The Hood und Menace
II Society etwas anfangen können ein absolutes must see! Ein Geheimtipp
und der Beste Film in dieser Kategorie seit vielen Jahren...

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