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Ein jeder fängt einmal klein an und da sich immer wieder boomende Horrorfilme oftmals billig herstellen lassen, verdienen sich Regisseure und Schauspieler ihre ersten Sporen in diesem Genre. Oliver Stone verarbeitet in Die Hand, auch als Drehbuchautor (immerhin in diesem Metier schon mit dem Oscar für die beste Drehbuchadaption für Midnight Express in der Tasche) am Werke, als Vorlage den Film Die Bestie mit den fünf Fingern von Robert Florey (dem selbst Orlacs Hände von Robert Wiene als Vorbild diente) und den Roman The Lizard's Tail von Marc Brandell. Entsprechend klassisch mutet das Horrorthema dann auch an, läßt den Zuschauer aber auch sehr weit aus seinen Fängen.
Michael Caine gibt den Comiczeichner Jon Lansdale, alleiniger Schöpfer des kolportierten Conan-Clones Mandro. Lustig, daß ausgerechnet seine Tochter den Namen Lizzie trägt, denn zu Beginn findet sie getreu dem Romantitel einen Eidechsenschwanz und wundert sich, wie dieser ohne Körper denn noch so aktiv sein könne. Sie wohnen zusammen mit ihrer Mutter Anne auf einem Landsitz in Vermont. Anne ist gelangweilt, die Ehe steht auf dem Spiel. Sie will mit Lizzie zusammen nach New York ziehen, um dort für einige Zeit allein zu leben. Als der Streit zwischen Jon und Anne eskaliert, fahren sie gerade im Auto. Ein langsamer Truck vorn. Ein ungeduldiger Fahrer hinten. Ein undbedachtes Fahrmanöver, leichtsinniges Winken aus dem Fenster und zack, geht des Zeichners Hand flöten. Taucht auch nicht wieder auf. Erstmal.

Stone konzentriert sich nun hauptsächlich auf das Schicksals seiner Hauptfigur. Das eheliche Zusammenleben hält nun wegen des Unfalls noch am seidenen Faden. Lansdale kann nicht mehr arbeiten, schafft es aber zunächst nicht, sich in der neuen Situation zurecht zu finden. Das ist eigentlich auch ok, denn in einem Horrorfilm, als der Die Hand ja auftritt, darf sich Spannung gern langsam aufbauen, wenn sie denn irgendwann vernünftig aufgenommen wird. Oliver Stone scheint sich nun aber nicht zwischen dem psychologischen Aspekt und einem Bodycount-Finale entscheiden zu können. Es fehlt die klare Linie, behindert durch Michael Caine, der anfangs noch wie ein verträumter Künstler, ohne Einblick in seine Psyche aber im weiteren Verlauf wie ein Zombie wirkt.
Es gibt Tote. Da aber Lansdale nun nach Kalifornien umzieht, um dort zu unterrichten, ist es ziemlich unwahrscheinlich, daß ihm die mit immer unterschiedlich langem Armstumpf auftretende Gammelhand quer über den Kontinent gefolgt ist. Nicht nur in der etwas verworrenen psychologischen Herangehensweise, sondern auch in einer aufgesetzten Affäre zwischen Lansdale und einer seiner Studentinnen mufft noch ein volles Pfund des verstrichenen Jahrzehnts hindurch. Der Künstler läßt sich gehen, beschreitet in seiner einsamen Waldhütte vielleicht ansatzweise einen ähnlichen Weg wie Jack Nicholson im großartigen Shining.

Nichts gegen offene Enden, aber mit Die Hand versucht sich Oliver Stone in letzter Sekunde noch mit dem Holzhammer in die Ungewissheit zu retten, wo doch eigentlich alles wunderschön erklärt war. Zumindest, sofern man die Logik des Films nicht zu sehr hinterfragt, aber dafür ist es ja eine Filmrealität. Mit seinem letzten Kniff zerstört Stone jedweilige Orientierung und möchte wohl gern zur Phantasterei anregen, ob und wie und warum es denn nun gewesen sein könnte. Dafür hätte er dann aber ein grandioseres Werk voranstellen müssen.
Die Hand ist manchmal arg langsam erzählt, zehrt zu wenig von den sowohl psychisch als auch reißerisch reichhaltigen Ansätzen, die das gewählte Sujet naturgemäß mit sich bringt. Ob dies an Stones Inspiration lag, oder er sich insbesondere in der Führung der Schauspieler nicht ausreichend durchsetzen konnte, weiß wohl nur der Wind. Die einzige wirklich memorable Szene ist ausgerechnet von einem Effekt geprägt, dabei handelt es sich nämlich um den Unfall, bei dem die Hand abgetrennt wird. Der Rest ist trotz deutlicher Mängel nicht so schlecht, daß man Die Hand in die entlegeneren Teile unseres Universums verbannen müßte, aber doch deutlich zu schwach um auf breite Gegenliebe zu stoßen, oder gar den Erwartungen an die großen Namen gerecht zu werden.

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