Eine erstmal gute Idee, die in den Grundzügen dessen, in der Prämisse allein aber steckengeblieben und nicht in die eigentliche Entwicklung gelangt ist. Und eine Regie, die sich in der Inszenierung allein mit etwas Farbgebung und Bildgestaltung bemüht, aber kein Gespür für die Umstände hat und am Unterstützen oder Motivieren der Schauspieler überfordert ist. Im Grunde der Eindruck, den der Film von Brian Miller schon früh und dann auch leider durchgängig und so mit dem Fazit, trotz eben erst interessanter Aufmachung – einer Utopie mit Fehlern, mit Zusätzen von technischer und sozialwissenschaftlicher Extraploitation – macht:
In naher Zukunft. Geschäftsmann Julian Michaels [ Bruce Willis ] hat "Vice" gegründet, ein käufliches Vergnügen, in dem der normale Bürger seine geheimsten Fantasien mit künstlichen und täuschend echt scheinenden Lebensformen in Menschengestalt ungestraft ausleben kann. Als die Androide Kelly [ Ambyr Childers ] eines Tages Fetzen von Erinnerungen an früher traumatisch Erlebtes trotz der permanenten Überwachungs- und Löschfunktion behält, entflieht sie aus dem Ressort, was prompt die Entsendung einer Rückholmannschaft unter Führung von Chris [ Johnathon Schaech ] nach sich zieht. Da die Killertruppe während der Hatz durch die Stadt auch mit Kollateralschäden bei der Zivilbevölkerung nicht verlegen ist, zieht die ganze Aktion die Aufmerksamkeit des eh nicht gut auf technologischen Fortschritt allgemein und Michaels und sein Projekt, den Spielplatz für Sadisten speziell zu sprechenden Polizist Roy Tedeschi [ Thomas Jane ] auf sich. Währenddessen findet Kelly Unterschlupf
Gerade durch die Beteiligung von Willis erinnert das Werk natürlich und dies auch nicht umhin, sondern indirekt im Marketing verbuchend an dessen Surrogates, der nun auch schon ein paar Jahre her und selbst damals nicht wirklich präsent, aber sein gutes Stück Spiel mit den Ängsten der Zukunft im Gewand eines Actionthrillers ist. Die Zeiten von damals sind bei der Produktion hier nicht gegeben und wohl für Willis, wenn dieser so weitermacht auch bald endgültig vorbei. Der ehemalige oder je nach Ansicht auch noch jetzige Star, der sicherlich von früheren Erfolgen mehr zehrt als von dem, was jetzt noch an Attraktivität – schnelle Rechteverkäufe, aber allerorten miese Kritiken – vorhanden ist, hat sich hier wieder einmal mit dem Einfachsten, der bloßen Anwesenheit, und leider damit auch komplett begnügt. Mittlerweile geschult in derlei lukrative Beschäftigungen, die für wenige Drehzeit und noch weniger Arbeit das flinke und noch große Geld als Belohnung bringen, wirkt Willis hier einschläfernd bis erschreckend desinteressiert, was sich prompt auf das Umfeld, das so antreibend nun auch nicht ist, niederschlägt.
Der Vergleich zu Surrogates, in dem sein Spiel den Umständen entsprechend wechselhaft, mit unterschiedlichen Emotionen, mit Regungen, auch mit Bewegungen anwesend war, ist entsprechend niederschmetternd und bleibt auch angesichts anderer Voraussetzungen wie Budget, Mitspieler, dem Drehbuch selber leider doch bewusst. Vice ist eine ganze Nummer kleiner, was nicht per se schlimm, auch nicht der Grund des Nachteils, aber in der vertanenen Nutzung dieser Chancen dann doch bemerkbar ist. Denn trauen tut sich der Film trotz einer Produktion von geschätzten 15 Mio. USD nichts, weder in den Aussagen noch dem anderen Interieur, wird immer nur der sicherste Weg, der geradlinigen Anlage einer Science fiction Action, von vorne herein mit Selbstregulation und ohne tiefere Bedeutung gegangen. Ein Weg, der alsbald auch gängig, vorhersehbar und entsprechend langweilig ist.
Dabei hat die Idee des großen Spielfeldes für Erwachsene, des Ausleben von geheimen Vorstellungen und verbotenen Phantasien in einer Zwischenwelt durchaus ihren Reiz, was gerade in der Science fiction, oft auch bei Sheckley, oder in anderen Filmen wie dem früheren Westworld, dem Nachfolger von Futureworld, oder in jüngeren und dem Sujet und seiner gedanklichen Ausbreitung auch besser angepassten Form der Fernsehserie wie Dollhouse, Mr. Robot oder (Real) Humans zu lesen und zu sichten ist. Hier bleibt es in der Anpreisung stecken, in der Werbekampagne von Julian Michaels, die nichts erklärt, auch in der zweiten verbalen Wiederholung gleich darauf nicht. Man weiß nicht so recht, wie das Ganze nun funktioniert, bekommt zwei oder drei Beispiele gereicht, in dem es eben daneben und ausufernd in Sex und Gewalt, über die Maßen hinaus, wenn auch nicht in die Stränge eines Gamers und dessen jeweiligen Orgien hinein geht. Nackte Tatsachen und Actionszenen sind äußerst gemäßigt, sowohl in der Anzahl als auch der Qualität, wobei bei dem letzten etwas Druck durch kurze Schießereien oder gleichsam kurzen Verfolgungsjagden, preisgünstig zu Fuß durch Fabrikgelände oder nächtliche Straßen – übrigens gedreht in Mobile, Alabama, der Heimat und Wirkstätte von David A. Prior – gegeben sind.
Ist die Spielwiese von Wünschen und Begehren selber schon kaum gezeigt und nicht richtig analysiert, so folgt in der Diskussion darüber auch nichts. Der Eine befürwortet es, schon des Geldes wegen. Der Andere, der Cop, ist einfach in den Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts steckengeblieben, samt seiner Abneigung gegenüber allem, auch samt den Klischees und der Aufmachung sowieso und ehedem. Thomas Jane spielt den Polizisten, rettet hier aber nichts, ein wenig an Sympathien vielleicht für die gescheiterte oder doch viel zu routinierte, viel zu gediegene Produktion, die keine Motivationen zeigt und kaum Kreativität. Jane passt sich dem an, allerdings erweckt seine Figur und das Spiel fast eine neue Ebene, in der das ganze Geschehen im Blau- und Nebelschlusslicht und Linsenreflexion durch übertrieben viel künstliche Lichtquellen, die ganze Hatz durch die dunkle Anonymität einer (gelinde) futuristischen, kaum gezeigten Stadt nach dem blonden Mädel und die riesige Verschwörung von oben herab auch nur Teil eines falschen Lebens, eines Traumes, einer Phantasie von eben Roy Tedeschi sind.