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Und da ist nun der legendäre zweite Teil der "A better Tomorrow" Reihe. Größer, Länger, Bombastischer, Brutaler, und vor allem Cooler.
Mit diesem Film hat John Woo erst richtig definiert wie ein Heroic Bloodshed aussehen muss, und das sieht man am übelst hohen Bodycount, sowie den wesentlich fetziger inszenierten Shootouts.
Dabei war diese Fortsetzung gar nicht mal geplant, denn John Woo ist kein großer Fan von Fortsetzungen. ABT2 drehte er nur auf Bitte seines Freundes Dean Shek, der sich 1987 in einer finanziellen Notlage befand und überredete eine Fortsetzung zu drehen.
Gerüchten zufolge sollen sogar die Triaden ihre Finger im Spiel gehabt haben und zwangen Woo diesen Film zu drehen.
Und auch Asia-Star Chow Yun-Fat ist nicht begeistert von Fortsetzungen da er es nicht besonders mag gezwungenermaßen eine Rolle zu wiederholen.
Trotz dieser Umstände merkt man dem Film an, dass die Beteiligten mit vollem Einsatz an das Projekt herangingen, und somit bescherte uns John Woo einen der besten Heroic Bloodsheds bis dato.

Der Film knüpft direkt an Teil 1 an, und zieht die Handlung logisch fort. So sitzt nun Ho wieder im Gefängnis nachdem er am Ende von Teil 1 verhaftet wurde, während Kit mittlerweile mit Jackie verheiratet ist und ein Kind erwartet. Nun wird noch eine neue Figur eingeführt, nämlich die des ehemaligen Gangsters Onkel Lung (Dean Shek). Dieser scheint immernoch Dreck am Stecken zu haben und betreibt illegale Geschäfte, tatsächlich ist es aber sein Assistent Ko Ying Pui der den illegalen Schmuggel in einer Schiffswerft betreibt. Nun will dieser auch Onkel Lung los werden, und versucht ihn zu töten.
Ho wird das Angebot gemacht bei der Polizei als Agent zu arbeiten, damit er sich in das Verbrecher-Milieu einschleusen kann, um dort undercover zu ermitteln...genauso wie sein Bruder Kit, der ebenfalls an diesem Fall als Undercover-Agent arbeitet.
Ho entschließt sich Lung in Sicherheit zu bringen, und schickt diesen nach New York, wo sich der Restaurantbesitzer und ehemaliger Killer Ken, Marks Zwillingsbruder (Chow Yun-Fat) um ihn kümmern soll.
Doch auch da lauern die Killer, und schließlich beschließen die 4 Ko und seiner Gang endgültig den Garaus zu machen.

Auch wenn die Story nicht mehr ganz so einfallsreich ist, ist sie dennoch größtenteils nachvollziehbar, knüpft nahtlos an Teil 1 an und führt somit das fort, was mir am Ende von Teil 1 noch nicht so richtig beendet schien.
Und das obwohl der Film gar nicht geplant war.
Kritikpunkte bezüglich des Drehbuchs, gibt es dennoch.
Das größte Problem ist nämlich der Part mit dem geisteskranken Lung.
Er macht viel durch, wird erfolglos Opfer von Mordanschlägen, und muss sehen wie sein alter Freund und ein kleines Mädchen sterben.
Das ist zwar schlimm und furchtbar, aber für die meisten Zuschauer wohl trotzdem nicht ganz verständlich weshalb man deswegen plötzlich zu einem geisteskranken mutiert, als ob er bereits so geboren wurde.
Nach dem Blutbad in der Kirche findet sich Ho nun in einer Zwangsjacke eingewickelt in einer Irren-Zelle wieder, und wird nun offiziell als Geisteskrank abgestempelt.
Und gleich in der nächsten Szene wird gezeigt, wie viel amerikanische Krankenpfleger von geistig Verwirrten halten, und zwingen dem Patienten das Essen in den Mund und verdreschen ihn im Notfall auch ordentlich.
Und wie es der Zufall so will läuft Ken gerade im Irrenhaus vorbei, guckt in die richtige Zelle und findet dort den hilflosen Lung.
Woher weiß er, dass Lung sich dort befindet, bzw was hatte denn Ken sonst in dem Irrenhaus verloren?
Wird sich wohl um eine Schlüsselszene handeln, die der Scheere zum Opfer fiel; war der Film doch ursprünglich 130min lang und wurde aber von Woo und Hark (nachher noch von 5 anderen Editoren) auf 110min runter gekürzt.

Dean Shek's Darstellung des geisteskranken Lung kann unter Umständen tierisch auf die Nerven gehen, das liegt jedoch nicht an dessen mangelndem Talent, sondern eher daran dass es eben nicht gerade angenehm ist einen Geisteskranken zu beobachten. Denn vorher gibt Dean Shek einen wunderbaren Gentleman ab, der auch emotional getroffen wird, und dementsprechend aussieht. Der Sprung von "geisteskrank" auf "normal" geschieht dabei auch etwas trashig und nicht ganz nachvollziehbar. Er sieht den verwundeten Ken, und nun wird ihm klar dass sein Leben auf dem Spiel steht, weshalb er plötzlich wieder eine Waffe anfassen und präzise schießen kann. Und am Ende steht Dean Shek bzw Lung wieder als selbstbewusster Gangster dar, der am Ende schnell vergessen lässt, welchen Charakterwandel er durch gemacht hat.

Ti Lung und Leslie Cheung sind genauso gut wie im Vorgänger, Cheung kann sogar einige Symphatiepunkte gewinnen, da er seinen Bruder nicht mehr hasst, sondern nun mit ihm zusammenarbeitet.
Eine der spannendsten Szenen entpuppt sich zugleich als heroic bloodshed typisch wie sie eben nur von John Woo stammen könnte: Gezwungenermaßen auf einen Freund schießen!
Kit ist von Ko Ying's Männern umzingelt, und dieser verlangt von Ho, dass er Kit erschießt, um dessen Loyalität zu testen.
Da jedes andere Handeln den Tod beider Figuren bedeuten würde, bleibt Ho nichts anderes übrig, als seinen Bruder anzuschießen, möglichst so, damit dieser gerade noch überlebt...

Das sind Szenen, die Heroic Bloodshed's von "herkömlichen" Actionfilmen unterscheiden und somit diesem Film eine besondere Teife geben. Eine solche Szene wurde noch intensiver und dramatischer in "Bullet in the head" rübergebracht.

Zum Schluss ist da noch Ken, gespielt von Chow Yun-Fat, der die Zwillingsbruder-Figur zum in Teil 1 verstorbenen Mark bildet. Es wirkt zwar sehr an den Haaren herbeigezogen, einfach eine Zwillingsfigur in den Plot zu erfinden, von der in Teil 1 nie die Rede war, nur damit Chow Yun Fat seine Rolle im Film bekommt, noch dazu eine, die vom Charakter her nahezu identisch mit der von Mark Lee ist.
Doch andererseits ist Chow Yun-Fats Mitwirken in diesem Film einfach unentbehrlich, er ist das Aushängeschild für diesen Film, da er wieder das stylishe Mantel-über-Smoking-plus-Sonnenbrille-Outfit trägt.
Mark's Tod in Teil 1 fand ich zwar passend und gelungen, da sowas einen Film einfach vor dem kitschigen "Ende-Gut-Alles-Gut"-Ende rettet, doch ohne Yun-Fat würde in dem Film eben etwas fehlen, und so schien das Einführen der Zwillingsfigur die sinnvollste Lösung.
Ken lebt in New York und betreibt ein Restaurant, hat aber genauso Gangster-und Waffenerfahrung wie sein Zwillingsbruder, dessen Tod ihn nie sonderlich zu treffen scheint.
Mit dem Auftritt von Ken fängt der Film erst richtig an interessant zu werden, da Yun-Fat's Figur gleich in eine schwierige Situation gebracht wird; nämlich mit einem Kerl, der den Reis nicht essen will.
Später darf man ihn dann in einer Actionszene bewundern, die es in sich hat.
Mit einer großkalibrigen Shotgun schießt sich Ken in einem engen Corridor den Weg frei, und dabei splittern die Türen in Woo typischer Manier, was solche Actionszenen erst so richtig attraktiv aussehen lässt. Die Krönung ist das rückwärts runter rutschen einer Treppe und dabei nach oben zu schießen. Das alles hat so viel Style und Coolness, wirkt aber nicht aufgesetzt und selbstzweckhaft.
Am Ende darf Ken auch das Outfit seines Bruders tragen, und stürmt schwer bewaffnet zusammen mit Onkel Lung und Ho die Villa von Ko.

Und genau das ist die Szene, die den Film trägt. Das was ABT2 ausmacht, und das woraus der Ruf resultiert liegt an diesem furiosen Finale, welches absoluten Kultstatus hat.
Kit wurde getötet. Ho ist sehr getroffen. Ken und Lung fühlen mit ihm. Sie zollen Kit an seiner Beerdigung auf chinesische Tradition ihren Respekt, und machen sich dann zum ultimativen Rachefeldzug auf.
Zu Dritt (eigentlich 4 wenn man den im Abseits stehenden Onkel "X" mitzählt) machen sie sich schwer bewaffnet auf zur Villa, tragen ihre Smokings, haben überzeugende Emotionen im Gesicht, dazu spielt die berühmte ABT-Theme und stürmen nun die Villa.
Hier wird nun ein verdammt hoher Bodycount bemerkbar.
Ken schießt wild mit dem Maschinengewehr auf einen Haufen von Ko's Leuten, wirft eine Granate in den Eingangsbereich, zeiht seine zwei Handguns, posiert in einem Bild, welches Chow Yun-Fat berühmt machte, und spaziert in die Villa ein, während Ho und Lung schon längst drin sind und sich einen furios choreographierten Gunfight mit zig Leuten im Bild liefern.
Der Gunfight geht weiter, und zeigt wie die Helden mehrmals getroffen werden, dennoch zurückschlagen/schießen und weitere Gegner in heftigen Sterbeszenen wegpusten.
Irgendwann werden Pistolen langweilig, und da greift Ho eben zu einer Katana und und haut wie wild umsich, während Lung mehrfach angeschossen die nächsten Granaten richtung Feind wirft, derweil belagert Ken den Falschgeld Raum mit Sprengstoff, rennt davon, unterschätzt aber den Wirkungsradius der Explosion, und wird von der hinter sich stehenden Tür weggefegt.
Schließlich kommt es noch zum Duell mit dem misteriösen Killer, der bereits Kit auf dem Gewissen hat, und da zeigt sich auch hier ein spektakuläres One-on-One der beiden, wie sie einfach nicht sterben wollen, obwohl sie einige Kugeln abbekommen haben.
Ken scheint zu verlieren und sieht schon fast seinem Tod entgegen, doch der Killer ist ein Mann mit Stolz und händigt dem unbewaffneten Ken eine Waffe rüber, und da kann Ken das Duell in einem schnellen Schusswechsel doch noch für sich entscheiden.

Und am Ende sitzen die drei jeweils in einem Sofa, umgeben von einer Unmenge an Leichen, und geben dem Publikum das Gefühl, als wollten die drei uns sagen:
"So, wir sind fertig, die Pause haben wir uns verdient!!"

Und wenn man sich durch den Film noch so langweilen musste, die beiden großen Actionszenen haben es in sich, und rechtfertigen den Ruf des Films, der ihn wie Teil 1 zum großen Kult des Hong Kong Kinos werden lässt.
Tatsächlich ist die Szene in der eine Gruppe von Leuten schwer bewaffnet eine überfüllte Villa stürmt ziemlich beliebt geworden, und wurde unter anderem in zwei Animes mehr oder weniger reinkopiert.
In City Hunter - .357 Magnum stürmen Ryo und Umibozu eine fast gleich aussehende Villa, in der ebenfalls ein furioser Gunfight herrscht, und Cowboy Bebop wurde sowieso offiziell von John Woo Filmen inspiriert, zeigt Shootouts in einer Kirche, mit Tauben und letztlich auch einen Ansturm auf ein Hochhaus, welches eben dem Finale aus ABT2 entnommen wurde.

ABT2 ist also ein Film mit solider Story, welches einige kleine Fehler im Drehbuch erkennen lässt, und das Feature mit dem Geisteskranken hätte auch geschickter gelöst werden können. Doch die Schauspieler sind alle wieder überzeugend, finden sich in Szenen, die sowohl interessant anzusehen (Friss den Reis) als auch emotional ergreifend sind (Ho schießt auf Kit; Ho sieht seinen toten Bruder) und schließlich ist da noch die coole Actionszene im Hotel und das legendäre und absolut kultige Finale in der Villa. Dazu spielt immer wieder die geniale ABT-Theme, und macht somit das Filmerlebnis einmalig.
Auch wenn John Woo diesen Film nicht wollte, es war dennoch ein weiterer und vor allem wichtiger Aufschub für dessen Karriere, schade nur das man solche Arbeiten von Woo nicht mehr zu sehen bekommt...

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