John Woo, der König der Hong Kong-Action oder schon fast des Genres Action überhaupt, hat wohl mit „A Better Tomorrow“ oder „City Wolf“ schon fast einen Kultfilm abgeliefert, der das Genre „Heroic Bloodshed“ erst richtig erfunden hat. Der Erfolg und die Berühmtheit des Films dürfte groß sein und so ließ eine Fortsetzung nicht auf sich warten (auch wenn die Gründe für die Fortsetzung wohl nicht rein kommerziell waren – zumindest nicht direkt).
Es folgte also „A Better Tomorrow 2“ und John Woo blieb seinem Stil treu: viel stilisierte Gewalt, Shootouts mit viel Blut, viel Blei, Zeitlupe und ab und zu Handlung.
Im ersten Teil von „A Better Tomorrow“ wurde Ho inhaftiert. Nun wird ihm angeboten, dass er für die Polizei verdeckt ermittelt und dafür begnadigt wird. Nämlich bei seinem alten Mentor und Ex-Gangsterboss Lung, der sich augenscheinlich zur Ruhe gesetzt hat. Die Polizei glaubt dennoch, dass Lung immer noch aktiv ist. Doch Ho weigert sich zu erst, denn Lung ist sein Freund. Als jedoch sein jüngerer Bruder Kit auf den Fall angesetzt wird, kann Ho nicht mehr tatenlos zusehen und willigt ein verdeckt zu ermitteln. Zusammen mit Kit entdeckt er, dass Lung unschuldig ist und von einer anderen Gangsterbande erpresst wird. Diese hängen Lung einen Mord an und er muss nach Amerika fliehen. Während dessen versuchen Ho und Kit die Gangsterbande zu zerschlagen...
Im Prinzip folgt die Story demselben Schema wie Teil 1: man wird hintergangen, man muss fliehen/wird aus dem Verkehr gezogen, man erkennt den Verrat, man sammelt seine Kräfte, man nimmt Rache.
Einen tieferen Sinn muss man hier nicht groß suchen – klar, ist ja auch ein John Woo und da stehen nun mal spektakuläre Schießereien, möglichst mit Chow Yun Fat im Vordergrund.
OK, natürlich geht es unterschwänglich um Freundschaft und Treue. Allerdings wurde hier der Teil der Frage, wer den richtigen und wer den falschen Weg gegangen ist noch mehr verminderst als in „A Better Tomorrow“. Nein, man soll für die beiden genannten Prinzipien alles bereit sein zu tun. Und unsere „Helden“ haben auch keine Scheu davor. Selbst wenn sie dafür über Leichen gehen. Dabei wird nicht mal annährend an einen anderen Weg als Gewalt gedachte – aber he! Das hier ist ein John Woo!
Doch sobald die ersten Kugeln fliegen, ist das einem egal. Denn Woo bleibt seinem Stil treu und lässt seine Protagonisten ganze Gegnerhorden spektakulär niederballern.
Trotzdem schafft er es keine beeindruckende, aber immerhin solide Story als Grundgerüst für den Film aufzustellen. Dabei kommt sogar der ganze Anfang ohne große Schießereien aus. Hier werden mehr die Beweggründe, für die Zusammenkunft der 4 Helden (Ho, Kit, Lung und schließlich Ken, der Zwillingsbruder des im ersten Teil verstorbenen Mark) kurz erklärt, sowie kurz der familiäre Stand von Kit dargestellt. Letzteres ist für den dramaturgischen Verlauf der Story sogar wichtig, da !!!SPOILER!!!SPOILER!!! Kit im Verlauf des Films ins Gras beißen muss. !!!SPOILER ENDE!!!
Woo verschwendet dafür keine unnötige Zeit und bringt alles klar auf den Punkt, um sofort mit der eigentlich Story fortzufahren. Und die wenigen Minuten reichen in der Tat mehr als nur aus und bedürfen nicht vieler Worte.
Wenn dann erst einmal klar gemacht wurde, wer Böse und wer gut ist, was allerdings auch erst gegen Ende richtig aufgeht, wenn es aber auch einigermaßen vorhersehbar ist, wird Lung auch schon nach Amerika verfrachtet. Dort verfällt er nach einer blutigen Schießerei, bei der einer seiner Freunde und ein junges Mädchen, dass ihn an seine ebenfalls ermordete Tochter erinnert, erschossen werden, dem Wahnsinn. Und das bringt dann vorläufig auch erstmal zu einem starken Knick in der Spannungskurve, denn diese Situation ist zäh dargestellt und nicht sonderlich aufregend inszeniert. Schon der Anfang wirft Fragen auf. Denn nachdem Lung mit den beiden Leichen verzweifelt zurückgelassen wurde, folgt ein merkwürdiger Schnitt, wo Lung schon im Irrenhaus sitzt. Das ist mehr als plump inszeniert und man hat das Gefühl, dass irgendetwas fehlt.
Im Grunde scheint es aber auch nur eine Bedingung für das Treffen zwischen Lung und Marks Zwillingsbruder Ken, der ebenfalls in Amerika lebt, zu sein.
Ken wird schon vorher in einem Gespräch erwähnt und kurz darauf auch in Aktion gezeigt, wie er sich mit der Mafia anlegt.
Für meinen Geschmack ist die Geschichte mit dem Zwillingsbruder in Amerika etwas plump und dient letztendlich nur dazu, Chow Yun Fat wieder Pistolen in den Pfoten zu drücken und reihenweise Gangster umnietenzulassen. Woo hat Mark damit quasi wieder von den Toten auferstehen gelassen, was allerdings zu einem schönen Coolness-Faktor beiträgt, denn für die Action-Szenen ist Chow Yun Fat sicherlich eine Bereicherung.
Nun, Ken findet denn halt den verrückte Lung, befreit ihn aus der Anstalt und kümmert sich um ihn. Als Ken zu Hause jedoch von der Mafia unter Beschuss genommen wird, müssen die beiden fliehen. Und irgendwie führt eine spätere Schießerei zur Heilung von Lung, was sich wohl meinem Verständnisbereich entzieht, aber er muss ja schließlich später schön mitballern.
Tja und kaum ist die Mafia besiegt geht’s zurück nach Hong Kong, um den Bösewichten alles heimzuzahlen. Und das artet in eine Bleiorgie deluxe aus, mit einigen interessanten Stunts und ist mit Sicherheit der Höhepunkt des Films. Da werden die Triaden massenweise mit Mengenrabatt für Munition (Nachladen existiert im Heroic Bloodshed nicht oder man vergisst es zwischendurch nur mal und trotzdem sind immer genug Kugeln im Magazin) und mit viel liebe zum Detail (deutlich gezeigte Ein- und Kopfschüsse) niedergemäht und das in so einer überzogenen Art und Weise, dass ich die FSK quasi heute noch mit den Zähne knirschen höre, als ihr Gremium zum ersten mal den Film bewundern durfte. Aber es macht durchaus Spaß - wenn man nichts gegen John Woo und seinen Stil hat versteht sich. Schließlich wird hier trotz des eher Comichaften Stils mit Menschenmaterial nicht gerade freundlich umgegangen und den tieferen Sinn muss man auch mit dem Teleskop von Greenwich suchen. Und man muss sich auch durch die Längen des Films kämpfen, wird dafür dann aber reichlich mit Blei entlohnt.
Immerhin, kleiner Realistik-Bonus: unsere Helden sind nicht unverwundbar. Denn auch sie kriegen den ein oder anderen Schuss ab. Ansonsten sind sie in der Lage wirklich im Alleingang 10 Männer auf einmal umzunieten, sei es mit Pistole, Uzi oder Katana, sogar Granaten kommen ins Spiel. Das sie sich nicht gegenseitig abballern ist geradezu ein Wunder.
Das Gegenstück zu Chow Yun Fat darf natürlich auch nicht fehlen und deshalb gibt es wie in Hard Boiled einen Superkiller auf der Seite des Bösen, der zwar gewissenlos ist, aber anscheinend trotzdem einen Sinn für Ehre hat (siehe in dem finalen Duell mit Ken, in dem er diesem eine Waffe gibt, damit sie sich ihrem letzten Duell stellen können).
Und es kann sogar Humor aufkommen – ob gewollt oder ungewollt. Wenn zum Beispiel Ken eine Granate in ein Haus wirft, sich dann vor der gewaltigen Explosion in Deckung bringt und das geschehene trocken mit „Die Dinger bringen ja wirklich was!“ kommentiert.
Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob es gewollt war, als ich in der „Dieser verdammte Reis stinkt“-Szene in Kens Restaurant schmunzelte.
Auf die Tränendrüse darf auch gedrückt werden, wenn zum Beispiel Lung seine Tochter verliert oder sein Freund der Priester und das Mädchen erschossen werden.
Dialoge sind dabei nicht gerad die stärke des Films, wirken stellenweise sogar unfreiwillig komisch. Das ist aber verschmerzbar, da es nur hier und da mal auftritt und nicht durchgängig ist.
Tja, Darstellerisch ist der Film halt auf Standard-Hong Kong Niveau, d.h. man sollte keine beeindruckende Show erwarten. Wozu auch? Peng, peng, bumm, macht es doch genug, wer braucht da Charachtertiefe?
Chow Yun Fat spielt wieder mal den coolen Knarren-König mit Sonnenbrille, Lung gibt einen netten älteren Gangsterboss, Kit schafft es wieder mal immer ins Fettnäpfchen zu treten und Ho bleibt so schön souverän wie im ersten Teil.
Auffällig ist, dass man wieder die üblichen Verdächtigen Schauspieler aus Hong Kong besetzt hat.
Bei der Musik bleibt man bei den alt bewährten Melodien aus dem ersten Teil, was meiner Meinung nach keine schlechte Idee war.
Die Kamera fängt die Ballerorgien schön ein. Man verliert nur selten die Übersicht, wer wen gerade abgeknallt hat (ist im Grunde selbstverständlich auch unbedeutend, tot ist tot) und man kann die Max Payne-Moves in im ganzen Genießen. Soll heißen, dass das Ziel ist erreicht.
Wie so schön im Booklet zu dem Film gesagt wurde: Heroic Bloodsheds sind einen extreme Mischung aus Kitsch und extremer Gewalt. Das wurd mit ABT 2 wieder mal schön bewiesen.
Im Grunde also ein Film zum auf die Couch knuddeln, um die Action zu genießen. Wer John Woo und seinen Stil nicht mag, der wird diesen Film hassen – der Rest wird ihn mögen.
(7,5/10)