Buffalo, New York State, um 1900: die selbstbewusste, angehende Geisterstory-Autorin Edith Cushing (Mia Wasikowska) lernt den smarten Briten Thomas Sharpe (Tom Hiddleston) kennen, als er ihren Vater als Investor für sein Bergbauprojekt im Norden Englands gewinnen will. Ediths Vater lässt ihn ordentlich abblitzen, dafür ist Edith ganz verzückt von seinem Charme…weniger von seiner schönen, aber deutlich abweisenden und psychotische wirkenden Schwester Lucille (Jessica Chastain). Es kommt wie es kommen muss: Ediths Vater wird ermordet, sie folgt ihrem Zukünftigen (da sie keine Familie mehr in den USA hat) nach England zum Schloss der Sharps. Das Haus ist ein bombastisches, lebendes Monstrum, faszinierend wie hässlich. Schon bald häufen sich irritierende Vorkommnisse und Edith glaubt Geister zu sehen…
Einige Filme wirken wie aus ihrer Zeit gehoben: entrückt, geradezu ohne tatsächlichen Bezug zu der Zeit, in der sie spielen oder zu spielen scheinen, so z.B. bei „It Follows“, der zwar heute spielt, aber der dennoch seltsam entrückt in den 80ern zu spielen scheint, denn so fehlen z. B. nahezu gänzlich moderne Gadgets wie PC, Tablets oder Smartphones. „Crimson Peak“ wirkt umgekehrt: wie ein Film, der auch viel früher hätte gedreht werden können (z. B. in den 40ern) – bis auf gewisse blutige und freizügige Szenen … eigentlich wäre das eine tolle Chance, einen modernen und gleichzeitig klassischen Horrorfilm zu drehen. Aber Guillermo del Toros (ich liebe von ihm „Cronos“, „Devils Backbone“ und „Pans Labyrinth“) Film wirkt eher wie eine schräge Hommage. Er ist in manchen Dingen modern, aber in manchen auch erschreckend altbacken. So die Person von Edith Cushing (!): am Anfang eine selbstbewusste, selbstständige junge Frau, die, sobald sie in England angekommen ist, zu einem lahmen Pudel wird, der kraftlos und devot um sein Herrchen herumscharwenzelt. Sicher, sie ist verliebt, aber die alarmierenden Ereignisse sind so offensichtlich, dass nur jemand komplett verstrahltes sie nicht sehen könnte. Und dass etwas mit Lucille, ihrer Schwägerin, nicht stimmt, ist nach drei Sekunden klar.
Ediths Skepsis wächst erst etwas, als sie einen blutigen Geist im Schloss sieht, der ihr offensichtlich etwas klarmachen will. Allerdings taucht der Geist so vorhersehbar auf wie ein Amen in der Kirche und ist letztendlich nicht integraler Teil der Story, sondern lediglich ein unbefriedigendes Mittel zum Zweck. „Crimson Peaks“ Geschichte hätte auch ohne jeden Geist funktioniert – leider auch in ihrer völligen Vorhersehbarkeit und Spannungsfreiheit. Etwas, was bei einem Gruselfilm nicht optimal ist.
Kommen wir mal zu positiven Dingen, ich will kein Bashing machen: die Ausstattung ist superb und überwältigend, ebenso die Farbdramaturgie, die del Toro bewusst an Altmeister Mario Bava angelehnt hat. Das Haus ist so beeindruckend wie verstörend und wirklich Teil der Story. Kurzum: hier stimmt dann alles. Auch die beiden weiblichen Hauptdarstellerinnen machen ihre Sache toll, v.a. Jessica Chastain ist nicht nur bildschön, sondern auch bedrohlich und eiskalt. Lediglich Tom Hiddleston bleibt etwas blass, was aber auch nicht so stört.
Aber dann hinkt „Crimson Peak“ an der formelhaften Geschichte, den nicht existenten Überraschungen und Spannungsarmut. Schade! Als Hommage an Klassiker wie „Rebecca“, „Die Wendeltreppe“ oder „Schloss des Schreckens“ kann er nur ganz oberflächlich bestehen, allerdings wird auch zügig deutlich, wie viel dann doch fehlt… da nützen auch keine blutigen Effekte.
4/10