kurz angerissen*
Treffend, dass der Abspann vor pechschwarzem Hintergrund Kleidungsstücke und andere Requisiten in dreidimensionaler Manier wendet wie obskure Ausstellungsstücke; schließlich bündelt sich in ihnen hochkonzentriert der kleinbürgerliche Mief, der sich in Nikias Chryssos Kammerspielgroteske auf kleinstem Raum abspielt.
Doch wäre "Der Bunker" lediglich ein satirischer Abgesang auf deutsches Spießbürgertum und nähme infolgedessen dieselbe äußere Erscheinung an, um sozusagen unentdeckt unter Schafen zu verweilen, so höbe er sich nicht nennenswert von den Errungenschaften des deutschen Films der letzten zwei Jahrzehnte ab, der ja kaum etwas anderes kennt, als sich mit sich selbst zu beschäftigen. Nein, wenngleich von den Tapeten zur Wohnzimmereinrichtung samt Esstisch über die Gerichte, die auf ihm serviert werden, bis zu den unzählbaren Neurosen von Mutter und Vater oder deren Bekleidung alles gellend deutsch wirkt, strahlt die Inszenierung einen nahezu kosmischen Geltungsgrad aus. Übernatürliches greift dezent in die vielen kleinen Zirkulationen der Gewohnheit ein, aus denen der gar nicht mehr so kleine Klaus getrieben durch kindlichen Erforschungsdrang immer wieder auszubrechen versucht. Nicht umsonst lassen Rezensenten auf der Suche nach bildhaften Vergleichen Helge Schneider und David Lynch laufend aufeinanderprallen wie zwei Plastikautos in den Fäusten eines riesenhaften, fleischigen Berges von einem Kind.
Chryssos wird in der Inszenierung von Seltsamkeiten immer drastischer; Marotten verwandeln sich langsam in Psychosen, "Geschmäckle" in in eindeutige moralische Vergehen. Pit Bukowski liefert als hinzugezogener Student einen potenziellen Ausweg aus dem intrinsischen Labyrinth, wird dem Zuschauer trotz der distanzierten Haltung gegenüber dem Verhalten von Mutter und Vater allerdings laufend entrissen, wenn er sich doch auf die Spielregeln einlässt. Somit serviert Chryssos ein Darstellerquartett, das dem Wahnsinn in unterschiedlichster Ausführung anheim fällt und mit individuellen Mitteln durchweg überzeugt; ob man nun Oona von Maydell, David Scheller, Daniel Fripan oder eben Bukowski herausheben möchte, Argumente sind für jeden Darsteller in der bunt überladenen Waldhütte reichlich vorhanden.
Das ist weit mehr als die übliche deutsche Selbstbeschäftigungstherapie, deren Hauptmerkmal es ist, sich dem Rest der Welt zu verschließen; "Der Bunker" verspricht als surrende Kunstcollage ertragreichen Wahrnehmungsaustausch über landesweiten Wirkungsgrad hinaus – ganz ohne jede Anbiederung an internationale Trends.
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