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Junge, unerfahrene Filmemacher orientieren sich häufig an berühmten Vorbildern, was im vorliegenden Fall mit Kubrick, Lynch und Polanski keine schlechte Voraussetzung ist. Allerdings verliert sich die Geschichte des Schweizers Michael Krummenacher zusehends und am Ende bleibt wenig Greifbares.

Sibylle (Anne Ratte-Polle) und ihr Mann Jan leiten ein Architekturbüro und wollen endlich mal mit ihren beiden Söhnen beim Urlaub am Gardasee entspannen. Während eines Morgenspaziergangs begegnet Sibylle einer jungen Frau, die ihr in einigen Belangen ähnlich sieht, - kurz darauf stürzt sich diese die Klippen hinunter. Seit diesem Ereignis scheint sich die Wahrnehmung der Frau zu verändern, sie forscht über die Verstorbene nach und verliert immer mehr die Realität aus den Augen…

Die Ausgangslage bietet Stoff für facettenreiche Entwicklungen und macht Laune auf ein kleines Ratespiel. Denn das Suizidopfer ist fast exakt gekleidet wie Sibylle, etwa im gleichen Alter und von ähnlicher Statur. Was aber hat es mit der Doppelgängerin auf sich und was sind das für Veränderungen, von der die Sterbende noch flüstert?
Da die Erzählperspektive ausschließlich aus Sicht der Titelgebenden besteht, wird es zunehmend schwerer, zwischen Fantasie und Realität zu unterscheiden. Vielleicht gibt es den merkwürdigen neuen Nachbarn gar nicht, eventuell entspringt ein dubioser Concierge ihrer Einbildung und möglicherweise beschäftigt sich ihr älterer Sohn gar nicht mit Gewaltpornos und Bodybuilding.

Munter zitiert Krummenacher aus „Shining“, „Der Mieter“ und „Das Fenster zum Hof“, orientiert sich an „Lost Highway“, aber auch an „Vertigo“, was besonders im Mittelteil ein wenig willkürlich, beinahe fahrig anmutet. Zudem kommen die Dialoge oftmals reichlich hölzern rüber, während diverse Farbfilter zuweilen ein wenig überstrapaziert werden, als befände man sich inmitten eines Giallos.

Es ist das kraftvolle Spiel von Ratte-Pollem, die in einer Mischung aus Verletzlichkeit und Aggressivität eine starke Darbietung liefert und das Interesse einigermaßen aufrecht erhalten kann. Denn obgleich einige surreale Momentaufnahmen zu punkten wissen, will sich nur selten Spannung einstellen, auch nicht gegen Ende, als sich der Kreis zu schließen scheint.

Dabei suggerieren nicht nur Score und Sounduntermalung den Zustand einer anschwellenden Psychose, auch Kamera und Schnitt arbeiten ordentlich und sorgen für eine phasenweise recht beklemmende Stimmung.
Doch auf Dauer fällt es schwer, eine Bindung zur Hauptfigur aufzubauen und die Wahrnehmung jener zu teilen, zumal eben nie deutlich wird, wie weit die Wahnvorstellungen fortgeschritten sind und ob nicht eventuell komplette Figuren einer verwirrten Wahrnehmung entspringen.

Handwerklich ohne größere Makel, erzählerisch jedoch zu unausgegoren und zu unterkühlt vorgetragen, um in Sachen Spannung und Emotionalität an die Substanz zu gehen.
4,5 von 10

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