Review

Nachdem Kenji Misumi die ersten drei Filme der „Okami“-Reihe inszeniert hatte, nahm für den vierten Teil, „Okami – Die tätowierte Killerin“, Buichi Sato auf dem Regiestuhl Platz. Davon ist allerdings nicht viel zu merken, denn die Filme wirken weiterhin wie aus einem Guss.
Die Auftaktszene gehört ausnahmsweise mal nicht dem Protagonisten Itto Ogami (Tomisaburo Wakayama), sondern seiner Antagonistin, der tätowierten Killerin Oyuki (Michie Azuma), die Samurai im Gefecht erledigt und ihnen danach die Haarzöpfe abschneidet, um die Toten zu entehren. Zur Ablenkung (und für einen gewissen Exploitationfaktor) entblößt sie dabei den Oberkörper: Auf dem Rücken ist eine mythische Hexe abgebildet, auf der Brust deren Kind, was die Samurai ablenkt und den Sieg der Killerin ermöglicht. Damit versetzt sie nicht nur viele der Herrschenden in Angst, sondern bringt diese auch dazu, ein Kopfgeld auf sie auszusetzen: Die 500 Ryo, die Ogami für jeden Auftrag nimmt.
Also sucht der Ex-Henker des Shogun, der stets seinen Sohn Daigoro (Akihiro Tomikawa) im Kinderwagen dabei hat, nach seinem neuen Opfer und findet erste Spuren, als er den Tätowierer aufsucht, der ihren Körper verzierte. Derweil kreuzt sich der Weg des einsamen Wolfes mit dem eines Feindes aus der Vergangenheit…

Wie schon der direkte Vorgänger erzählt „Okami 4“ eigentlich zwei Geschichten. Da ist zum einen die Jagd nach der tätowierten Killerin – mal wieder eine Figur, in welcher der Protagonist gespiegelt wird. Denn Ogami lernt nicht nur mehr über Oyukis Aufenthaltsort, sondern gleichzeitig auch mehr über ihre Hintergrundgeschichte. Und die weist einige Parallelen zu seiner auf. Es bleibt also auch eine moralische Frage: Bleibt Ogami seinen Prinzipien treu und erfüllt den Auftrag oder unterstützt (ähnlich wie bei der Zwangsprostituierten im dritten Teil) eine Seelenverwandte? Leider macht „Okami 4“ etwas wenig aus diesem potentiellen Dilemma, das der Film zwar anreißt, den Protagonisten aber letztendlich wenig tangiert. Gleichzeitig wirft der vierte Teil um den einsamen Wolf dabei auch einen durchaus kritischen Blick auf das traditionelle japanische Gesellschaftssystem und die Stellung der Frau darin.
Interessanter ist allerdings der zweite Handlungsstrang, der Okami und Daigoro kurzzeitig trennt. Dabei trifft der Sohnemann auf Gunbei Yagyu (Yoichi Hayashi) – einen wichtigen Vertreter genau des Yagyu-Clans, der hinter Ogami her ist. Dabei geht „Okami 4“ mehr auf Daigoro ein, der vom Papa den Blick des Kriegers geerbt hat, enthüllt aber vor allem noch mehr zu der Intrige, die Ogami seinen Poster als Henker und die Ehefrau kosteten. Mit Bezug auf eine Ehrverletzung wird nachgezeichnet, wie ein eventuell unverdient verlorenes Duell zu einer solchen Saga von Mord und Totschlag führen konnte; es wird nicht nur Ogami, sondern auch seinen Widersachern mehr Profil verliehen. Es schälen sich außerdem klarer die Übeltäter heraus, wenngleich die Yagyu-Assassinen auch in diesem Film eher als Metzelmasse hinhalten müssen.

Andrerseits kann der Held so dann auch besser seine Schnetzelkompetenz beweisen und das wieder etwas schneidiger inszeniert und besser verteilt als im dritten Teil. Highlight der gewohnt blutigen Schwertkampfaction sind sicherlich ein versuchter Mordanschlag auf den Protagonisten, bei dem die Gegner selbst mit abgehackten Gliedmaßen noch anzugreifen versuchen, sowie der Showdown in einem Höhlenlabyrinth. Darin dezimiert Ogami die Angreifer, indem er immer wieder einzelne von ihnen aus dem Hinterhalt attackiert, als sei er der Vorläufer des Helden der „Rambo“-Saga (vor allem in „Rambo 2“ und „Rambo: Last Blood“ gibt es ja derartige Szenen). Daigoros Kinderwagen hält nur die bekannten Gimmicks, vor allem das Maschinengewehr, bereit, da gibt es keine neuen Überraschungen.
Auch sonst gibt es in „Okami 4“ mehr vom Gewohnten: Tomisaburo Wakayama gibt den (Anti-)Helden gewohnt unnahbar und charismatisch, mit Michie Azuma und Yoichi Hayashi sind zwei überzeugende Darsteller dabei, deren Charaktere als Spiegelfiguren zum einsamen Meuchelmörder fungieren. Die Inszenierung stellt Momente härtester Brutalität und poetischer Ruhe nebeneinander, während die japanische Ständegesellschaft als brutales Pflaster dargestellt wird, auf dem diverse Bevölkerungsgruppen nichts zu lachen hatten. Und doch fehlt der Drive, der die ersten beiden Filme ausgezeichnet hatte, denn „Okami 4“ kriegt seine beiden Handlungsstränge nur so halbwegs gut übereinander.

Insofern ist der vierte Teil wieder etwas stärker als der dritte, bietet er doch bessere und besser verteilte Action. Erzählerisch hakt aber hier das eine oder andere, obwohl es interessant ist mehr über Ogami und die Hintergründe der Intrige gegen ihn zu erfahren. Leider fehlt ein neues Element (wie etwa die starke Betonung der Italowestern-Parallelen im direkten Vorgänger), sodass „Okami 4“ nur (durchaus gelungenes) Mehr-vom-Gleichen bietet.

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