Ein Alle-Jahre-wieder, diesmal mit gleichen und dann doch veränderten Voraussetzungen, die den vorliegenden Beitrag zum Chinesischen Neujahr, der im Grunde mit publikumsträchtigen Feierzeit ausnahmsweise als Unikat zum sonstigen Einheitsbrei gestalten. Ist es ansonsten üblich, sein Produkt für die ganze Familie mit entsprechenden Stars, viel Glamour, viel Humor bis hin zur Kindlichkeit und der insgesamt seichten Unterhaltung, die niemanden weh tut und auch sonst nichts bewirkt auszustatten, ist hiervon nur das äußere Erscheinungsbild dessen vorhanden. Schuld daran und auch irgendwo Schuld an der Misere, die den Film zu einem zwiegespaltenen Ergebnis kennzeichnet, ist die Idee von Drehbuchautor Edmond Wong, sich ausgerechnet an John Boyton Priestleys "An Inspector calls" zu reiben:
Kurz bevor der anstehenden Hochzeit ihrer Tochter Sherry [ Karena Ng ] mit dem reichen Geschäftsmann Johnny [ Hans Zhang ] und inmitten der Vorbereitungen dazu, bekommt das ehemals wohlhabende, nunmehr in der früheren Vergänglichkeit dümpelnde Ehepaar Mr. and Mrs. Kau [ Eric Tsang & Teresa Mo ] unliebsamen Besuch von Inspector Karl [ Louis Koo ], der sie abwechselnd und der Reihe nach nach ihrer Beziehung zu dem durch Selbstmord ausgeschiedenen Cindy Cheung [ Chrissie Chau ] befragt. Erst wird von allen Seiten überhaupt jeder Bezug dazu verneint, nach und nach aber die Lügen der feinen Gesellschaft und ihr Benehmen gegenüber dem Mädchen aus einfachen Hause aufgedeckt, was auf Kaus verlotterten und vor sich hin lebenden Sohn Tim [ Gordon Lam ] und dessen Freundin Yvonne Kwok [ Ada Liu ] mit einschließest.
Dabei kommt die Ausgangsidee sicherlich mehr als überraschend, sind doch weder die Jahreszeit noch das Umfeld der Platzierung in den Kinos noch die Produktionsstätte Emperor Pictures, bestehend aus eben Autor Wong und Produzent Raymond Wong, der Vater und Finanzier von Filius für eine Umsetzung vorgesehen und geeignet. So wird seit Anbeginn der Zeit, gerade in den letzten Jahren verstärkt auf die Bedienung der Zuschauer als Lieferant der kunterbunten Ablenkung gezielt, eine Formel, die 2009 bis 2012 mit der entsprechend betitelten All's Well Ends Well Reihe begonnen wurde und anschliessend mit den nur unwesentlich anders angelegten, gleichsam ausstaffierten Love Is ... Pyjamas (2012), Hotel Deluxe (2013) und Hello Babies (2014) ihre jeweilige Fortsetzung, pünktlich wie der Weihnachtsmann am Heiligabend quasi erhielt. Alles irgendwo die gleiche Geschichte, der gleiche Schmarrn aus Romantik und Humor und Verwicklungen und Verstrickungen, die am Ende zur Zufriedenheit aller, ausgenommen vielleicht die der Miesepeter und der Kritiker ausgeht.
Auch hier ist das Geschehen erstmal so angelegt, gibt es von Beginn an seine fremde und irgendwo doch vertraute, nur halt etwas anders aussehende, da reichlich affektierte und karikaturesk verzerrte Parallelwelt. Kein Hier und kein Jetzt, eher so ein wenig wie die Käseglocke einer in sich isolierten Gesellschaft, in der die Realität keinen Platz, dafür die Sauberkeit bis hin zur Sterilität, die Leblosigkeit trotz viel Hektik und das Auseinandermanövrieren von Problemchen statt richtiger Sorgen Einzug hält. Hier ist der Beginn entsprechend, schon die Eröffnungsszenerie, die gleich die Unechtheit und das Gestellte der Umgebung aus allen Poren schwitzt, sich aber sichtlich darin gefällt. Nur leider ist das Stück, der Hintergrund dafür, das Original von Priestley, auf dass sich bezogen und das auch zu einen Gutteil wiedergegeben wird, für diese Blasiertheit aus Gelb und Gold und Weiß viel zu ernst und trotz durchaus aktueller Themen auch wieder schon antik. Ein Widerspruch, der im tragischen Missverhältnis gleiche beide Kreationen, die des Theaterstückes von einst und die des Filmes von heute gegenseitig aufreibt und zerfrisst.
Da ist es egal, dass die geschaffene Einheit des Stückes, die von Ort, zeit und Personen hier schon schnell und dann fortlaufend durch Rückblenden zerbrochen wird; nicht die Form ist das Problem, auch wenn das hier geschaffene Milieu aus lauter Fassade und dann noch in steter Vergröberung und Vergrößerung und anderer Verfremdung – Alltagsgegenstände wie Stempel etc. sind in entscheidenden Momenten so groß wie die Menschen, ein Heim wird tatsächlich als Art Goldener Vogelkäfig gezeigt usw. – ergeht. Das ist ab und zu anstrengend anzusehen und auch etwas beängstigend in seiner plumpen Eindeutigkeit und intellektuellen Banalität, aber nicht so ärgerlich wie die sich ewig wiederholenden running gags – die nun spätestens beim zweiten Auftreten von Raymond Wong in Verkleidung und dem ewigen Suchen des Inspectors vom Tagebuch, dass er irgendwo unter dem Anzug trägt – bloß noch entnervend sind.
Möglicherweise eine verschrobenen Einfallskraft in Ausstattung, Dekoration, Maskenbildnerei und Frisur, dafür inhaltlich die lange Anklage, die Predigt gegen die Missstände und Klassenunterschiede und gegen die falsche Moral, die sich aus dem Ursprungstext ergibt, hier auch noch zu sehen und hören, nur halt in dieser sowieso schon luftleeren Phantasie-/Albtraumwelt falsch und link und allerhöchstens ehrenrührig ist. Firlefanz aus reinster Not, dass mit Chargen allerorten aufgefüllt, mit exaltierten Gehabe und Getue angesichts der geschilderten Umstände oftmals kontraintuitiv wirkt und leider selbst bei dem Opfer der Geschichte, und fast auch dem Ankläger reichlich unsympathisch wirkt. Fehlgeleitetes Bombastkino, das von der Wahrheit und der Echtheit oben drüber, unten drunter und von allem sowieso ganz weit weg ist.