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"Suicide Club" - der Titel ist Programm. Soviel soll vorweg mal versprochen sein.

Der Film beginnt mit einer seiner ausdruckstärksten Szene: 50 Schulmädchen betreten eine U-Bahn-Station, lachen, kichern, albern rum, reichen sich alle die Hände, zählen bis drei und springen vor den einfahrenden Zug.
Diese Anfangssequenz ist sehr blutig und, obwohl das spritzende Blut computeranimiert ist, was oft sehr künstlich aussieht, sehr gelungen geraten.

In Punkto Gewalt und Splatter geht der Film in einigen, wenn gleich nicht vielen, Szenen sehr weit. Ein Gemetzel darf man aber hier zwar nicht erwarten, aber die dargestellte Gewalt ist durchwegs sehr hart.

„Suicide Club“ lebt aber vor allem von seiner verstörenden und sehr düsteren Atmosphäre.
Die oben erwähnte U-Bahn-Szene ist der Auftakt zu einer großen Selbstmord-Welle, die sich durch ganz Tokio zieht. Schüler springen vom Schulhaus, Hausfrauen begehen kollektiven Suizid und Krankenschwestern stürzen sich während der Nachtschicht aus dem Fenster. Und das alles ohne ersichtlichen Grund. Keiner der Selbstmörder scheint an Niedergeschlagenheit, Depressionen oder Problemen irgendeiner Art zu leiden. Alle Selbstmorde werden spontan, wie aus heiterem Himmel, begangen und keiner scheint davor gefeit zu sein.
Die Polizei vermutet dennoch, dass irgendjemand oder –etwas hinter den mysteriösen Todesfällen steckt und ist auf der Suche nach Zusammenhängen oder einem System, tappt aber genauso im Dunkeln wie der Zuschauer.

Und das bleibt den ganzen Film lang so.
Dem Zuschauer werden viele Indizien präsentiert: beispielsweise fehlt etlichen Toten ein Hautstreifen, der mit einem Hobel entfernt worden ist. Der Polizei werden diese unzähligen Hautfetzen zusammengenäht und zu einer klopapierähnlichen Rolle aufgerollt von Unbekannten zugespielt. Welcher Sinn dahinter steckt oder, ob diese Hautfetzen überhaupt eine wichtige Rolle spielen, bleibt ungeklärt oder der Interpretation des Zuschauers überlassen.

Und so sieht ungefähr die ganze zweite Hälfte des Films aus. Ständig treten unbekannte Charaktere auf, die man als Zuseher nicht einzuordnen weiß: ein Mädchen, „the Bat“ genannt, das die Hintergründe der Selbstmorde zu erahnen scheint, eine Teenie-Pop-Band, die die ganze Zeit im Fernsehen den Weltfrieden herbeiträllern wollen und an eine bessere Welt apellieren, und obendrein der ominöse Suicide Club, der Initiator und Ursprung der Selbstmordwelle, welcher aus lauter Kindern zu bestehen scheint.

Am Schluss schaut man als Zuschauer ganz schön blöd aus der Wäsche, da einem der Durchblick schon seit ner Stunde abhanden gekommen ist und das Ende keine Auflösung oder Erhellung beschert und einen verwirrt vor der Glotze zurücklässt.

Nach einem roten Faden muss man hier schon mit nem Mikroskop suchen, was dem Spannungsbogen von „Suicide Club“ alles andere als gut tut.
Aber die unglaublich konfuse Erzählweise der Bilderflut ist auch der einzige, wenn auch gravierende Minuspunkt dieses Films, in dem so viele Ideen und Einfälle wie in 10 Hollywood-Produktionen verarbeitet werden.

„Suicide Club“ ist ein Streifen zum Nachdenken, über dessen Aussage man mit seinem Kumpel ewiglang philosophieren und nachgrübeln kann ohne auf eine konkrete Lösung zu kommen, da er zahlreiche Interpretationsmöglichkeiten bietet.
Ist die Kernaussage nun: „In einer Welt ohne Herz und Nächstenliebe ist es nicht wert zu leben?“ oder „Sei mit dir so wie du bist, mit all deinen Fehlern und Schwächen, zufrieden und scheiß auf den Druck, den dir die Gesellschaft auferlegen will“ ???

Tja, da scheiden sich die Geister. Aber egal. „Suicide Club“ ist ein sehr schöner und blutiger, sehr düsterer und pessimistischer, sehr verwirrender, wahnsinniger und meiner Meinung nach auch sehr tiefsinniger Film, der für ein Publikum bestimmt ist, das gerne um vier Ecken denkt und dem Mainstream abgeschworen hat.
Für Freund des asiatischen Kinos absolutes Pflichtprogramm.

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