Mike Flanagans besondere Gabe ist die Atmosphäre, die Ernsthaftigkeit und das Interesse für realistische Figuren, mit denen er auch altbekannte Genreplots und -motive immer wieder neu und spannend gestaltet: Der tragische Wiedergänger in ABSENTIA. Der verfluchte Spiegel in OCULUS. Das verzweifelte Katz-und-Maus-Spiel in HUSH.
Nun also der bereits dritte Film in 2016, BEFORE I WAKE, den der Regisseur als übernatürliches Drama eingeordnet haben möchte, was er im Kern natürlich auch ist – ein Drama über den Schmerz des Verlusts, wie es auch ABSENTIA war und auch der thematisch verwandte, wenn auch harmlosere BABADOOK. Was Flanagan nicht davon abhält, uns auch hier mit einigen eiskalten Schocks den Atem stocken zu lassen. Dafür bietet sich die Geschichte auch an: Der kleine Junge, dessen Träume Wunschvorstellungen ebenso wie Monster manifestieren, erinnert an das NIGHTMARE ON ELM STREET-Motiv und einige Szenen stehen den Jumpscares aus INSIDIOUS & Co. nicht nach, sind jedoch deutlich sparsamer dosiert und wirkungsvoller.
Ein paar Wermutstropfen gibt es (von Thomas Janes unglücklich gewählter Perücke mal abgesehen) dennoch: Zum einen ist der Film mit seinen leuchtenden CGI-Schmetterlingen bisweilen etwas kitschig geraten, zum anderen erinnert das ebenfalls computeranimierte und viel zu oft gezeigte Alptraummonster sehr an Jack Skellington aus A NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS. Doch am Ende ergibt auch das Monster einen ungewöhnlich stimmigen Sinn und der Film erhält einen runden und intelligenten Abschluss. Mit leuchtenden Schmetterlingen.